Rudolf Boch legt mit seinem Lehrbuch einen ersten monographischen Überblick zum Verhältnis von Staat und Wirtschaft im 19. Jahrhundert vor. Er zeigt, wie dieses Verhältnis in Deutschland nicht zuletzt dadurch bestimmt wurde, dass ältere Sozialformen, Mentalitäten und Staatstraditionen die liberalen Reformen nach 1806 sowie in den 1860er Jahren teilweise überdauerten. So hat vor allem der preußische Staat in den Wirtschaftsprozess einzugreifen versucht. Dabei waren die Ergebnisse oder Absichten dieser Eingriffe keineswegs immer nur industrialisierungsfreundlich. Staatliche Eingriffe in die Produktion und gesellschaftliche Distribution nahmen bis 1914 einen solchen Umfang an, dass man bereits Züge des Interventions- und Wohlfahrtsstaates späterer Jahre erkennen kann. Rudolf Boch (geb. 1952) ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Technischen Universität Chemnitz.
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Die Arbeitsergebnisse eines im Jahre 1980 begonnenen Forschungsprojektes zur Geschichte der Arbeiterschaft im Bergischen Raum vom Beginn des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts werden vorgelegt. Neben einem Archivbericht zur Quellenlage, einer Auswahlbiographie und einem "Historischen Lesebuch zur Geschichte der Arbeiterschaft im Bergischen Land" entstand ein Forschungsstandbericht zu ausgewählten Themenbereichen der Bergischen Arbeitergeschichte, den der Autor hier wiedergibt. Bisher geleistete wissenschatliche Arbeiten zur Organisationsgeschichte und "sozialen Kultur" der Arbeiterschaft in einzelnen Regionen des Bergischen Landes werden kritisch gewürdigt. (KE)
Die Ausdehnung und Rationalisierung der Handarbeit im Kapitalisierungsprozeß führte teils zur Ermöglichung und Erhaltung teils zur Dequalifizierung von Handwerksberufen, wie dies am Solinger Kleineisengewerbe nachgezeichnet wird. So läßt sich ab Mitte der 1850er Jahre eine Entwertung der Arbeitsbedingungen der Schmiedemeister und -gesellen durch dampfgetriebene Hämmer verzeichnen. Die Einführung der Dampfschleiferei führte bei den Schleifern zu Ausdehnung des kleingewerblich-handwerklich organisierten Sektors, dessen Eigentümlichkeit durch gut funtionierende Fachvereine bestimmt wurde. Die Schleifer fühlten sich als Arbeiter, es trat im Gegensatz zum Schmiedegewerbe nicht das Kapital zwischen Meister und Geselle. Sie waren zu 90 Prozent in Lokalgewerkschaften organisiert und kämpften für Arbeitsqualität und Sonderinteressen. (IS)
Der Begriff der Proto-Industrialisierung steht für eine Gesamtkonzeption zur Analyse des Übergangs von der traditionellen Agrargesellschaft zum Industriekapitalismus. Das Schwergewicht liegt dabei nicht mehr auf der Industriellen Revolution, sondern auf der langen historischen Vorbereitungsphase, in die auch die ländliche Hausindustrie fällt. In Abgrenzung zu den unilinearen Modernisierungs- und Industrialisierungstheorien wird die Proto-Industrie als Resultat der Wechselwirkung zweier säkularer Entwicklungen begriffen: Der Entfaltung des Handels- und Verlagskapitals durch den Aufbau des Heimgewerbes als evolutionärer Entwicklung kontrastiert die Auflösung der bäuerlich-feudalen Gesellschaften in Mittel- und Westeuropa als Devolutionsprozeß. Die proto-industriellen Produzenten in den im 17. und 18. Jahrhundert entstandenen ländlichen Gewerberegionen begannen sich durch den Aufbau von überlokalen Marktbeziehungen aus dem agrarischen Kontext, der feudalen Abhängigkeit und den zyklischen Unterproduktionskrisen zu lösen. Treibende Kraft dieser Veränderung des Stadt-Land-Verhältnisses war das expandierende Handelskapital, das in der ländlichen Unterschichtfamilie eine Basis fand. Zwischen der sich ausweitenden Hausindustrie und dem mit ihr einhergehenden massiven Bevölkerungswachstum besteht eine Wechselwirkung. Die auf die Sicherung der familiären Existenz gerichtete Logik der bäuerlichen Familienwirtschaft führte zu einer konstanten Überreproduktion der Familien, da Kinderarbeit in die Deckung der familiären Reproduktionskosten einbezogen wurde. Das demographische Verhalten dieser Bevölkerung entsprach auch der effektiven Nachfrage nach Arbeitskraft in dieser frühen Phase des Kapitalismus. Nur über dieses Bevölkerungswachstum war eine erweiterte Reproduktion des Handels- und Verlagskapitals gewährleistet. Die Familienwirtschaft fungiert hierbei als Instanz der sozialen Vermittlung der abstrakten Marktbeziehung mit sozialem und generativem Verhalten der Individuen in der Periode der Proto-Industrialisierung. (HH)
Der vorliegende Band, herausgegeben von Frank-Lothar Kroll, vereinigt Abhandlungen des Chemnitzer Historikers Rudolf Boch zur deutschen Industrialisierung: Aufsätze zu den handwerklichen Ursprüngen der Arbeiterbewegung, aber auch ein Resümee zur Transformation dieser Bewegung nach 1890. Die folgenden Schwerpunkte sind das rheinische Wirtschaftsbürgertum, der Durchbruch des Wachstumdenkens, die Symbiose von Heimgewerbe und Fabrik als spezifischer Industrialisierungsweg sowie die Rolle des Staates vom Vormärz über die Kriegswirtschaft im 2. Weltkrieg bis hin zum Uranbergbau nach 1946. Rudolf Boch, Frank-Lothar Kroll, Technische Universität Chemnitz
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Europa als Gegenstand der Wirtschafts- und Sozialgeschichte lässt sich nicht ohne einen genauen Blick auf regionale Ressourcen und globale Entwicklungen denken. Die verschiedenen Beiträge des Bands widmen sich diesem Programm auf dem Weg einer Analyse verschiedener (regionaler und nationaler) Industrialisierungspfade, Arbeitsmärkte und Arbeiterbewegungen. Sie bieten exemplarische Untersuchungen zu bisher mitunter vernachlässigten Branchen und Unternehmen in ihren regionalen, nationalen, europäischen und globalen Verflechtungen. Dabei werden stadt- und regionalgeschichtliche Perspektiven, vor allem aber auch Fragen der Industriekultur systematisch einbezogen, um etwa Chemnitz und Sachsen als wichtige Kerne einer regionalen, deutschen und globalen Industriegeschichte herauszuschälen und wieder zu entdecken. Die Beiträge greifen Themen, Fragen und Forschungsperspektiven von Rudolf Boch als europäisch und global denkenden Wirtschafts- und Sozialhistoriker auf, dem der Band zum 65. Geburtstag gewidmet ist. / »Regional Resources and Europe« -- It is impossible to view Europe as an object of economic and social history without first considering the effects of regional resources and global developments. The contributions in this volume adhere to these guidelines by analysing different (regional and national) paths of industrialisation, employment markets and labour movements. They offer exemplary studies on hitherto neglected industries and enterprises with regional, national, European and global interdependencies. In the process, they include research on regional and urban perspectives history as well as the matter of industrial culture in order to emphasize and rediscover Chemnitz and Saxony as centres of regional, German and global industrial culture. The articles cover Rudolf Boch's themes, questions and research perspectives and show to what extent he has been an economic and social historian with a regional, European and global outlook. This dedicated volume marks the occasion of his 65th birthday.
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