In: Swiss political science review: SPSR = Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft : SZPW = Revue suisse de science politique : RSSP, Band 21, Heft 2, S. 367-370
In einer historisch-empirischen Untersuchung von Volksabstimmungen und Parlamentsabstimmungen in der Schweiz wird die Frage analysiert, inwieweit die Interessen der italienisch- und der französischsprachigen Minderheiten wegen der ausgebauten direkten Demokratie unmittelbar verletzt worden sind. Dem wurde gegenübergestellt, wie stark sie als Staatsbürger gemeinsam mit der deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheit von der direkten Demokratie profitier haben, wenn per Volksabstimmung eine Entscheidung der Parlamentsmehrheit korrigiert worden ist. Der zentrale Befund ist, dass die Sprachminderheiten ihre Interessen zwar gelegentlich durch die direkte Demokratie verletzt sehen. Die direkte Demokratie hat sie aber auch deutlich häufiger vor Entscheidungen des Parlaments geschützt, die sie mehrheitlich abgelehnt haben. (GB)
Die Entscheidung, ob eine ausländische Person Schweizer Bürgerin oder Bürger werden soll, fällt nicht in allen Gemeinden derselbe Personenkreis. Zum Teil sind die örtlichen Exekutiven oder Parlamente zuständig. Vor allem in kleineren Gemeinden der deutschen Schweiz sind hingegen Volksentscheide üblich. Die Stimmberechtigten befinden in einer Versammlung oder an der Urne letztinstanzlich, ob Gesuchstellende das Bürgerrecht erhalten sollen. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, ob direktdemokratische Entscheidungsmodi im Vergleich zu repräsentativdemokratischen die Einbürgerungshäufigkeit in schweizerischen Einwohnergemeinden vermindern. Im Vordergrund steht dabei die Prüfung der in der politologischen Literatur kontrovers diskutierten Hypothese, wonach die direkte Demokratie den Schutz von Minderheiten - in diesem Fall der Gruppe der potenziell einbürgerungswilligen AusländerInnen - reduziert (Ausgrenzungshypothese). Die statistischen Vergleiche von Gemeinden in insgesamt fünf Kantonen zeigen, dass die standardisierte Ziffer der ordentlichen Einbürgerungen nicht oder nur geringfügig davon abhängt, ob das Volk oder das Parlament über Einbürgerungsgesuche entscheidet. Der ermittelte Zusammenhang verweist zwar überwiegend in die erwartete Richtung der Ausgrenzungshypothese, doch ist die Tendenz nur schwach. Nach den üblichen Kriterien statistischer Signifikanz muss die Hypothese verworfen werden. (ICA2)
In: Schweizerische Ärztezeitung: SÄZ ; offizielles Organ der FMH und der FMH Services = Bulletin des médecins suisses : BMS = Bollettino dei medici svizzeri
In: Swiss political science review: SPSR = Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft = Revue suisse de science politique, Band 10, Heft 4, S. 59-92
In a half-direct democracy like Switzerland, the political majority risks a deadlock, unless it is ready to accommodate with well-organized oppositions. This is caused by the veto points of the referendum as well as popular initiative. According to Neidhart (1970), co-opting the opposition into the executive branch of government may be a promising strategy to accommodate & run such a blockade. This case study investigates if the cooptation of the Catholic-Conservative minority by the Radical Democrats in 1891 showed the expected impact. The process of rapprochement & unblocking is analyzed throughout quantitative & qualitative data on 62 referenda & popular initiatives, & on 100 votes of the National Council. Further, the key issue of bringing the railways under state control is analyzed. We provide evidence that the effect of the cooptation has been small. The process of rapprochement initiated clearly before 1891 both in parliament as in the direct democratic arena. 4 Tables, 3 Graphs, 52 References. Adapted from the source document.
In: Swiss political science review: SPSR = Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft : SZPW = Revue suisse de science politique : RSSP, Band 10, Heft 4, S. 59-92
ZusammenfassungKommt die Regierungsmehrheit in einer halbdirekten Demokratie gut organisierten Minderheiten nicht entgegen, riskiert sie, dass der Gesetzgebungsprozess mittels Volksrechten blockiert wird. Nach Neidhart (1970) ist die Aufnahme politischer Gegner in die Regierung eine mögliche Strategie zur Annäherung und Deblockierung. Die vorliegende Fallstudie untersucht, ob die Kooptation der schweizerischen katholisch‐konservativen Opposition in die vormalige Einparteienregierung des Freisinns 1891 die erwartete Wirkung gezeigt hat. Der behauptete Annäherungs‐ und Deblockierungsprozess zwischen 1874 und 1914 wird anhand quantitativer und qualitativer Daten zu 62 Volksabstimmungen und anhand von 100 Namensabstimmungen aus dem Nationalrat untersucht. Zusätzlich wird das damalige Schlüsseldossier der Eisenbahnverstaatlichung einer Analyse unterzogen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Aufnahme der Opposition in die Regierung nur einen schwachen unmittelbaren Effekt auf die Annäherung und die Deblockierung hatte. Die beiden einst verfeindeten Lager haben sich bereits vor 1891 angenähert, sei es im Parlament oder an der Urne.
With the project "Conflict Lines in the Federal State" we investigated the controversial but little explored question of the extent to which political structures dampen conflicts, or whether concordance only contributes to a balance once the conflicts in society have already peaked. The case study Switzerland was used to investigate: - the evolution and development of the lines of conflict; - the clashes of interests as they emerged at the level of the political elite as well as possible connections between the behaviour of political parties in the voting struggle and the voting behaviour of the population; - the forerunning or following up of political integration in relation to institutional change towards concordance; - the political practice of the Swiss governing parties over time and how strongly this practice corresponds to the model of concordance. The central thesis of concordance theory was that political stability can be achieved in socio-structurally heterogeneous societies if, firstly, the political elites behave cooperatively and, secondly, they are able to convince their respective social basis of the compromises achieved. The four cleavages identified by Lipset and Rokkan in 1967 and the "new" lines of conflict identified by various researchers who have further developed the Cleavage concept are regarded as structural opposites that have led to ongoing conflicts of interest and ultimately to the formation of different parties in Western Europe. For Switzerland, seven normative lines of conflict have emerged over a longer period of time, namely the opposites church-state, federalism-centralism, the conflict between the various language groups, the conflict dimensions urban-rural, labour-capital, "materialism-post-materialism" and "modernisation-tradition".