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Der Forschungsbericht des Netzwerks "Connecting Research on Extremism in North Rhine-Westphalia", kurz CoRE-NRW, ist eine Handreichung, welche die aktuelle Landschaft der Radikalisierungs- und Extremismusforschung systematisch präsentiert. Die dargestellte Forschungslandschaft bezieht sich dabei nicht allein auf spezielle wissenschaftliche Vorhaben und Einrichtungen in den Forschungsfeldern Islamismus und Rechtsextremismus, sondern bezieht auch die Auseinandersetzung mit angrenzenden und querschnittlich verlaufenden Aspekten, wie u.a. Antisemitismus, Rassismus und Verschwörungserzählungen, mit ein. Der Forschungsbericht beinhaltet wissenschaftliche Projekte und Forschungseinrichtungen, die im Berichtszeitraum von August 2021 bis Juli 2022 einschlägige Forschung betrieben haben. Der Bericht ist in drei Cluster gegliedert: 1) Islamismus, 2) Rechtsextremismus und Rassismus sowie 3) Phänomenübergreifende Forschung und andere Formen des Extremismus. Innerhalb dieser Cluster wird die in NRW angesiedelte Forschung besonders hervorgehoben. Die Forschungslandschaft in NRW wird zudem auf der Webseite www.core-nrw.de präsentiert. Darüber hinaus werden im Forschungsbericht auch ausgewählte Vorhaben und Einrichtungen außerhalb NRWs vorgestellt. Dies umfasst sowohl in anderen Bundesländern angesiedelte, bzw. bundesweite Verbundforschung ohne direkten NRW-Bezug als auch Projekte auf europäischer Ebene. Die Kurzprofile zu den Forschungsunternehmungen leisten einen informativen Überblick, inklusive der Forschungsfragen, Methodik sowie erster Ergebnisse und aktueller Publikationen. Insgesamt werden 66 Vorhaben und Einrichtungen vorgestellt. Davon befinden sich 29 in NRW oder forschen mit Beteiligung einer in NRW ansässigen Einrichtung. Darunter sind acht Forschungsprojekte, die vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW im Rahmen von CoRE-NRW gefördert werden bzw. im Berichtszeit wurden. Die CoRE-NRW-Projekte decken alle drei Themencluster ab und betrachten unterschiedliche Teilaspekte. Im Cluster "Islamismus" sind drei Projekte im Berichtszeitraum aktiv gewesen, die sich mit der Präventionslandschaft und -diskursen (BICC, TU Dortmund), sowie mit den Alltagspraktiken salafistischer Gruppen (Universität zu Köln) auseinandersetzen. Im Cluster "Rechtsextremismus und Rassismus" legen CoRE-NRW-Projekte den Fokus auf verschiedene, in der Forschung bisher vernachlässigte Themen wie z.B. die Perspektive von Betroffenen rassistischer Gewalt (TH Köln), Formen der Hasskriminalität (Ruhr-Universität Bochum), Konzepte und Debatten der Neuen Rechten (DISS) und vigilantische Gruppen in NRW (Hochschule Düsseldorf). Im Cluster Drei befasst sich das CoRE-NRW-Projekt EMRA mit einer vergleichenden Modellierung von Radikalisierungsprozessen (Hochschule des Bundes, Universität Münster). Der Forschungsbericht ist keine erschöpfende Darstellung der Forschungslandschaft, weder in NRW noch bundesweit oder in Europa. Es gibt viele Wissenschaftler:innen, die jenseits von Drittmittelprojekten und Institutionen mit explizitem Fokus auf Radikalisierung oder Extremismus zu Themen, die für das Forschungsfeld relevant sind, arbeiten, jedoch im vorliegenden Bericht nicht erfasst werden oder aus bestimmten Gründen nicht im Forschungsbericht auftauchen möchten. Grundsätzlich steht CoRE-NRW und die Publikationsreihe des Netzwerks, zu der auch dieser Forschungsbericht gehört, allen Forscher:innen, die engverwandte Forschungsansätze oder -beiträge präsentieren wollen, offen.
Der Globale Militarisierungsindex (GMI) des BICC bildet alljährlich das relative Gewicht und die Bedeutung des Militärapparats von Staaten im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes ab. Der Index wird durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Der GMI 2021 ist eine Jubiläumsausgabe. Der erste Teil des Berichtes reflektiert, wie gewohnt, auf Grundlage der neuesten Daten aktuelle Entwicklungen und Trends. Er umfasst 153 Staaten und basiert auf den aktuell vorliegenden Zahlen, in der Regel sind das die Daten des Jahres 2020. Die zehn Länder, die im GMI 2021 den höchsten Militarisierungsgrad aufweisen, sind Israel, Oman, Aserbaidschan, Kuwait, Armenien, Saudi-Arabien, Brunei, Bahrain, Singapur und Russland. Diese Staaten stellen dem Militär im Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Bereichen besonders viele Ressourcen zur Verfügung. Neben vornehmlich Staaten aus Konfliktregionen des Nahen und Mittleren Ostens, sind auch hier drei europäische Länder präsent, die jeweils in Gewaltkonflikte involviert sind. Drei weitere - die beiden EU-Mitglieder Griechenland und Zypern sowie die Ukraine - sind unter den Top 20 zu finden. Im regionalen Fokus Europa wird ein Gesamttrend des GMI 2021 besonders deutlich: Trotz des Absinkens des weltweiten BIP in Folge der Covid 19-Pandemie wenden Staaten in absoluten Zahlen und im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung mehr Ressourcen für das Militär auf. Ein weiterer regionaler Fokus liegt diesmal auf Subsahara Afrika. Insbesondere in Westafrika verschlechterte sich die Sicherheitslage in den vergangenen Jahren dramatisch. Daher ist eine Betrachtung der Militarisierungsdynamiken auf dem Kontinent besonders interessant. So rangieren unter seinen Top 10 neben relativ stabilen Ländern wie Botswana, Namibia, Mauretanien, Angola, Gabun und Guinea-Bissau auch Staaten mit aktuellen Gewaltkonflikten wie Tschad, Südsudan und Mali. Der zweite Teil des GMI 2021 betrachtet die globale und regionale Entwicklung von Militarisierung über die vergangenen 20 Jahre. Die Gesamtbetrachtung der globalen Militarisierung zwischen 2000 und 2020 ergibt, dass diese, bis auf ein Zwischenhoch im Jahr 2005, bis 2018 zunächst kontinuierlich sinkt. Unser ressourcenbezogenes Konzept von Militarisierung erklärt dies so: Es ist das Anwachsen sowohl der Weltbevölkerung als auch der globalen finanziellen Mittel, die im GMI den Anteil des militärischen Sektors von 2000 bis 2018 geringer werden lässt. Dies bedeutet jedoch keine "echte Demilitarisierung", wie die absolute Steigerung der Militärausgaben im Bezugszeitraum belegt (SIPRI 2020). Seit 2019 hat sich dieser Trend wieder umgekehrt. In den letzten zwei Jahren ist weltweit eine steigende Militarisierung zu beobachten, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass die dem Militär zugewiesenen Ressourcen nicht nur absolut, sondern auch relativ steigen.
Der Globale Militarisierungsindex (GMI) des BICC bildet alljährlich das relative Gewicht und die Bedeutung des Militärapparats von Staaten im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes ab. Der Index wird durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Der erste Teil des Berichtes reflektiert auf Grundlage der neuesten Daten aktuelle Entwicklungen und Trends. Er umfasst 154 Staaten und basiert auf den aktuellsten vorliegenden Zahlen (in der Regel die des Jahres 2021). Die zehn Länder, die im GMI 2022 den höchsten Militarisierungsgrad aufweisen, sind Israel, Kuwait, Armenien, Singapur, Oman, Bahrein, Griechenland, Russland, Brunei und Saudi-Arabien. Diese Staaten stellen ihrem Militär im Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Bereichen besonders viele Ressourcen zur Verfügung. Was den generellen Militarisierungstrend angeht, bietet der GMI 2022 ein scheinbar widersprüchliches Bild. So setzt sich der generelle Aufwärtstrend der Vorjahre zunächst nicht weiter fort. Dies hängt vor allem mit den gesunkenen relativen Militärausgaben zusammen, die, gemessen am BIP (Bruttoinlandsprodukt), durchschnittlich von 2,3 auf 2,2 Prozent zurückgingen. Verantwortlich hierfür ist vor allem die wirtschaftliche Erholung nach der Covid-19-Pandemie. Gleichzeitig wuchs die Anzahl an schweren Waffen trotz positiver Bevölkerungsentwicklung relativ und absolut an und erreicht in diesem Jahr mit 396.914 einen so hohen Wert, wie er zuletzt 2012 gemessen wurde. Der zweite Teil des GMI ist zwei regionalen Schwerpunkten gewidmet. Zum einen untersuchen wir die geplante Erweiterung der NATO um die Staaten Schweden und Finnland. Anhand der drei GMI-Parameter Personal, finanzielle Ressourcen und schwere Waffen vergleichen wir die NATO mit Russland und der Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (OVKS). Zudem greifen wir das 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr auf und entwerfen zwei unterschiedliche Szenarien für die Militarisierung Deutschlands für die kommenden fünf Jahre. In diesem Jahr spitzte sich der Konflikt zwischen China, Taiwan und den sogenannten AUKUS-Staaten (Australia, UK und US) im Chinesischen Meer und im Pazifischen Ozean weiter zu. Der zweite regionale Schwerpunkt liegt daher auf Ostasien und Ozeanien. Dabei stellen wir das militärische Potenzial der AUKUS-Staaten dem Chinas gegenüber. Für Nordkorea und Taiwan – zwei zentrale Länder in dem Regionalkonflikt – nahmen wir eine Schätzung ihres Militarisierungsgrades vor. Da sie auf abweichenden oder älteren Datenquellen beruht, floss sie jedoch weder in den GMI-Datensatz noch in das offizielle Ranking ein. Auch in diesem Jahr hat sich der GMI methodologisch weiterentwickelt: Wir ergänzten den Schwere Waffen-Index durch die Aufnahme von unbemannten Kampfdrohnen (UCAVs) und Loitering Munitions (sog. Kamikazedrohnen) sowie Satelliten.
Seit 2000 wird am 25. November der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen begangen. Er sollte ein Zeichen setzen, "Rechte und Freiheiten im Falle von Gewalt gegen Frauen zu schützen und zu fördern." Die Autorinnen des BICC-Kommentars sehen die Welt von diesem Ziel immer noch weit entfernt. Denn wenn es um empirische Analyse der Zusammenhänge von Gender-Balance, Militarisierung und Gewalt gegen Frauen geht, gibt es ein Riesenproblem: Es fehlen die Daten!
Es ist in Deutschland bildungspolitischer Konsens, dass eine demokratische Gesellschaft politische Bildung braucht. Daher wird von den Ländern der Politikunterricht ebenso verbindlich geregelt, wie in den Erwachsenen-/Weiterbildungsgesetzen der Sach- oder Fachbereich Politische Bildung für kommunale Träger verpflichtend ist. Eines der Ziele politischer Bildung ist es, zur Festigung einer pluralen und offenen Gesellschaft beizutragen. Den Grund dafür liefert die Geschichte Deutschlands, ein weiterer liegt in den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Sie zeigen ein Erstarken des manifesten Rechtsextremismus sowie dessen Vor- und Umfeld, des Rechtspopulismus. Dementsprechend liegt die Auseinandersetzung damit verstärkt im Zentrum politischer Bildung. Es bleibt jedoch zu klären, welche Wirksamkeit die unterschiedlichen Aktivitäten und Formate politischer Bildung für die Stärkung der demokratischen Gesellschaft haben. Gut begründete Antworten darauf zu geben, ist der Anspruch dieses Kurzgutachtens. Es richtet seinen Blick auf die politische Erwachsenenbildung. Im Unterschied zum Politikunterricht an den allgemeinbildenden Schulen ist dieser Bereich wenig systematisch erforscht und seine Bedeutung für die Entwicklung und Unterstützung politischer Reflexions- und Handlungsfähigkeit in der Breite der Gesellschaft, gerade wenn es um die Frage der Wirksamkeit geht, zu wenig berücksichtigt. Die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Reichweite und welche Wirksamkeit die Vorträge, Kurse und Seminare entfalten, die Erwachsenen zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und -populismus angeboten werden, ist bisher noch nicht ausreichend untersucht worden. Die intensive Befassung mit dieser Frage ist jedoch mit Blick auf die stark ausgebauten Angebote politischer Bildung im Rahmen der Primärprävention gegen Extremismus und zur Demokratieförderung von zentraler Bedeutung. In einem ersten Schritt ziehen die Autorin und der Autor bereits vorliegende Studien zur Wirkung allgemeiner politischer Erwachsenenbildung zu Rate und werten diese aus. Dabei werden Grenzen, aber auch Möglichkeiten eines Wirkungsnachweises von Bildungsangeboten deutlich. Vor allem wird übereinstimmend der Sinn einer an einem unmittelbaren und messbaren Output orientierten Evaluation sowie rein quantitativ orientierten Analysen verneint. Von diesem Zwischenfazit ausgehend, werden die Besonderheiten politischen Lernens Erwachsener dargestellt. Hier gibt es sowohl spezifische Methoden der Bildungsarbeit als auch lerntheoretische Voraussetzungen. Diese müssen beachtet werden, soll der Ertrag der Veranstaltungen angemessen eingeordnet werden. Es bedarf daher spezifischer Instrumente der Wirkungsfeststellung, um zu einem gut begründeten Ergebnis zu kommen, gerade bei einem so konfliktbeladenen Thema wie Rechtsextremismus. Nach dieser grundlegenden Verortung bisheriger Kenntnisse über die Wirksamkeit politischer Erwachsenenbildung und der Beschreibung der äußeren und inneren Bedingungen ihrer Arbeit, widmet sich das Gutachten der Empirie dieses Feldes. Pädagogische Mitarbeiter:innen relevanter Trägergruppen der politischen Erwachsenenbildung sowie an den Veranstaltungen Teilnehmende wurden mit dem Ziel interviewt, basisnahe Erkenntnisse über die Wirksamkeit von politischen Erwachsenenbildungsveranstaltungen in der Auseinandersetzung mit dem Rechtextremismus aufzunehmen. Dabei werden einige Indikatoren genannt, die Wert und Wichtigkeit politischer Erwachsenenbildung bei diesem Thema belegen. Es konnte eine weitgehende Übereinstimmung mit den vorher aus der Theorie gewonnenen Ergebnissen festgestellt werden. Darüber hinaus konnte die Bedeutung von situations- und personengebundenen Komponenten bei der Beschreibung von Wirksamkeit identifiziert werden, die an professionelles pädagogisches Handeln der jeweils Bildungsverantwortlichen geknüpft sind. Daraus abgeleitet werden am Ende des Gutachtens einige Handlungsempfehlungen für die zielgerichtete Weiterarbeit aufgezeigt. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass es valide und solide Faktoren gibt, die die Wirksamkeit politischer Erwachsenenbildung bestätigen. Das gibt Anlass, politische Erwachsenenbildung insgesamt, aber auch insbesondere bei ihrer Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und -populismus zu stärken und die Bildungsakteur:innen in ihrer Arbeit ideell sowie durch verlässliche langfristige finanzielle Ressourcen zu unterstützen.
Extremist:innen greifen zunehmend auf dunkle sozialen Medien zurück. Der Begriff der dunklen sozialen Medien umfasst verschiedene Typen alternativer Sozialer Medien (soziale Kontermedien wie Gab, kontextgebundene alternative Soziale Medien wie VKontakte, Fringe Communities wie 4Chan), ebenso wie verschiedene Typen dunkler Kanäle (ursprünglich private Kanäle wie Telegram und Separée-Kanäle wie geschloßene Facebook-Gruppen). Das vorliegende Gutachten beleuchtet die Gelegenheitsstrukturen für Extremismus und Extremismusprävention, die sich durch die Verlagerung hin zu dunklen Sozialen Medien ergeben. Hierfür werden in einem theoretischen Rahmenmodel Einflussfaktoren auf drei Ebenen verknüpft: (1) Regulierung (etwa durch das NetzDG) auf der gesellschaftlichen Makro-Ebene. (2) Verschiedene Genres und Typen (dunkler) sozialer Medien auf der Meso-Ebene einzelner Angebote. (3) Einstellungen, Normen und technische Affordanzen als Motivatoren menschlichen Verhaltens im Sinne der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen und Fishbein, 1977) auf der Mikro-Ebene. Basierend auf diesem Rahmenmodel werden die Gelegenheitsstrukturen für Extremismus und Extremismusprävention mit Hilfe zweier Studien untersucht: (1) Einer detaillierten Plattformanalyse dunkler und etablierter Sozialer Medien (N = 19 Plattformen). (2) Eine Literaturanalyse (> 'scoping review') des Forschungsstandes zu (dunklen) Sozialen Medien im Kontext von Extremismus und Extremismusprävention (N = 142 Texte). Die Ergebnisse der Platformanalyse ermöglichen nuancierte Einblicke in die Gelegenheitsstrukturen, die sich durch unterschiedliche Typen und Genres (dunkler) Sozialer Medien ergeben. Das Scoping Review bietet einen Überblick über die Entwicklung des Forschungsfeldes und die typischen Untersuchungsmethoden, die eingesetzt werden. Auf der Grundlage der erhobenen Daten werden Forschungsdesiderata und Implikationen für die Extremismusprävention diskutiert.
Präventionsbeauftragte leisten einen wichtigen Beitrag, um extremistische Radikalisierungsverläufe unter Inhaftierten zu verhindern. Jedoch gibt es bislang nur fünf Präventionsbeauftragte in NRW, die im geschlossenen Jugendvollzug arbeiten. Dieses Stellenkontingent reicht nicht aus, um den bestehenden Bedarf zu decken. Es sollte in jeder JVA des Landes eine:n Präventionsbeauftragte:n geben. Rechtsextreme und verschwörungsideologische Denkmuster nehmen unter Inhaftierten zu. Um dieser Problemlage gerecht zu werden, sollte die Einstellung zusätzlicher Präventionsbeauftragter mit einer expliziten Erweiterung ihres Mandats auf alle Formen von Extremismus einhergehen. Muslimische Religionsbetreuer:innen können in den JVAen in NRW nur per Honorarvertrag für maximal zehn Stunden pro Woche eingestellt werden. Insbesondere fehlt die Option einer Festanstellung in Vollzeit, was eine deutliche Schlechterstellung im Vergleich zur christlichen Seelsorge im Strafvollzug bedeutet. Das Justizministerium NRW sollte Schritte in Richtung einer Gleichstellung unternehmen und Möglichkeiten einer Festanstellung ausloten. Zivilgesellschaftliche Träger spielen eine wichtige Rolle bei der Präventionsarbeit. Fast alle finanzieren sich in NRW über zeitlich begrenzte Projektförderungen, weshalb sie die große Nachfrage aus den Haftanstalten nicht nachhaltig bedienen können. Das Land NRW sollte die Finanzierung jener zivilgesellschaftlichen Projekte übernehmen, die sich in den letzten Jahren bewährt haben, und ihre Überführung in Regelstrukturen veranlassen. Bestehende Präventionskonzepte im Justizwesen NRWs gehen kaum auf die Bewährungshilfe ein. Das Justizministerium NRW sollte die präventiven Kompetenzen der Bewährungshilfe durch ein größeres Angebot von Weiterbildungen, einen Praxisleitfaden mit klaren Regelungen zum Datenschutz sowie die Bestellung professioneller Ansprechpartner:innen in den Gerichtsbezirken stärken.
Das BICC Working Paper untersucht Herausforderungen und Bedarfe der Radikalisierungsprävention in Justizvollzugsanstalten (JVAen) Nordrhein-Westfalens. Die Ergebnisse basieren auf Interviews, die das Projektteam am BICC 2021 mit Akteur:innen der Präventionsarbeit innerhalb und außerhalb des Justizwesens von NRW führte. Das BICC Working Paper unterscheidet zwischen drei Arbeitsbereichen der Prävention: Erstens, direkte und indirekte Maßnahmen, die Radikalisierungsprozesse in JVAen gar nicht erst entstehen lassen oder in einem sehr frühen Stadium unterbinden wollen (u. a. religiöse Seelsorge für Inhaftierte, Angebote der politischen Bildung). Zweitens, der Umgang mit bereits radikalisierten Gefangenen in Haft, insbesondere die Arbeit der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Ausstiegsprogramme in JVAen. Drittens, die Bedeutung von Prävention in der Arbeit der Bewährungshilfe, also nach der Haftentlassung. Im Vergleich zu den anderen Bereichen haben Programme der Radikalisierungsprävention im Justizwesen diesen Aspekt bisher vernachlässigt. Schließlich ist eine wichtige Erkenntnis, dass sich die Problemwahrnehmung in den JVAen in letzter Zeit diversifiziert hat. Standen ursprünglich islamistische Bewegungen im Zentrum der Aufmerksamkeit, arbeiten Präventionsakteur:innen zunehmend auch rechtsextremen Hinwendungstendenzen entgegen.
Gründung und Erwerb ausländischer Rüstungsunternehmen für Klein- und Leichtwaffen (small arms and light weapons; SALW) sollte für deutsche Staatsbürger:innen gesetzlich untersagt werden. Gleiches gilt für die Ausfuhr von Komponenten und Herstellungstechnologie für SALW an Drittstaaten. Ausfuhrgenehmigungen für Klein- und Leichtwaffen an Drittländer oder nichtstaatliche Akteur:innen sollten gesetzlich verboten, Abweichungen offiziell begründet werden. Ausfuhrgenehmigungen für Klein- und Leichtwaffen sollten ohne Ausnahme nur dann erteilt werden, wenn der Empfänger Vor-Ort-Kontrollen akzeptiert. Verstöße gegen die Endverbleibserklärung sollten zu einem Verbot aller Rüstungsexporte an unzuverlässige Empfänger führen. Rückverfolgungsanträge können deutschen Behörden dazu dienen, die Ursachen zu untersuchen, wie in der Bundesrepublik hergestellte SALW in illegale Kanäle geraten konnten. Bei künftigen Ausfuhrentscheidungen sollten sie deshalb bei der Risikobewertung mit beachtet werden. Vor-Ort-Kontrollen sollten auch genutzt werden, um zu überprüfen, ob die Empfangsseite die Verpflichtung, alte Waffenbestände nach Neulieferungen zu vernichten, auch wirklich einhält. Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den staatlichen Institutionen erschwert einen ganzheitlichen Ansatz im Bereich Kleinwaffenkontrolle. Ein SALW-Ressortkreis könnte hier Abhilfe schaffen.
Im Zuge des Medienwandels und der stetigen Ausdifferenzierung verfügbarer Online-Angebote verlagert sich nicht nur das alltägliche Leben zunehmend ins Digitale, sondern auch die Aktivitäten extremistischer Akteure. In Folge technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen (z.B. hinsichtlich zunehmender Gewaltbereitschaft im Rahmen von Covid-19-Demonstrationen) rücken Befürchtungen, das Internet könne eine Radikalisierung fördern, in den Fokus wissenschaftlicher und öffentlicher Debatten. Die Durchdringung des Alltags durch das Internet ist daher auch zentral bei der Analyse, Diskussion und Prävention von Radikalisierungsdynamiken. Die genaue Rolle des Internets in Radikalisierungsprozessen hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Anhand einer systematischen Literaturanalyse von 216 Publikationen zu Radikalisierung im Internet wird ein Überblick über das Forschungsfeld generiert. Die Systematisierung der Literatur erfolgt auf drei Betrachtungsebenen, nämlich (1) der Unterscheidung von Wirkmechanismen auf Mikro-, Meso- und Makroebene, (2) der Modellierung von Radikalisierungsdynamiken entlang des Kommunikationsprozesses (Kommunikator:innen, Inhalt, Medium, Rezipient:innen) sowie (3) der differenzierten Betrachtung unterschiedlicher digitaler Räume im Kontext ihrer Nutzungspotenziale (Affordanzen) für extremistische Akteure. Darauf aufbauend werden Forschungslücken und Potenziale für künftige Studien sowie Handlungsempfehlungen für Akteure aus Praxis und Politik abgeleitet. Die Analyse verdeutlicht: Das Internet kann Radikalisierungsdynamiken beschleunigen, indem es die Effektivität und Effizienz potenziell radikalisierender Kommunikationsprozesse erhöht, beispielsweise durch den Zugang zu größeren, globalen Zielgruppen oder Reichweitensteigerung. Extremistische Akteure nutzen das volle Angebotspotenzial und multimediale Inhalte (z.B. Videos, Podcasts, Memes) werden mit teils hohem Aufwand zielgruppenorientiert produziert. Die Angebotsstrukturen des Internets und (alternativer) sozialer Medien ermöglichen auch eine Selbstradikalisierung unabhängig von Offline-Kontakten. Auf unmoderierten Plattformen werden extremistische Inhalte, Hassrede und Hetze verbreitet, Anschlagsplanung ermöglicht und Fringe Communities, die thematisch zum Teil hochgradig spezifisch erscheinen (z.B. Incels, Manosphere) und trotzdem ideologische Überschneidungen zu bekannten extremistischen Bewegungen haben, können gedeihen. Die großen sozialen Medienplattformen sind weiterhin zentral für extremistische Akteure zur Reichweitengenerierung, Rekrutierung sowie Mobilisierung. Online-Radikalisierung ist niemals von Offline-Geschehen entkoppelt und eine Trennung von digital versus 'realweltlich' ist wenig zielführend, weil Internetnutzung ein zunehmend selbstverständlicher Bestandteil des Alltags ist. Welche Charakteristika digitaler Kommunikationsangebote Radikalisierung fördern und in welchem Umfang, kann auf Basis des aktuellen Forschungsstandes nicht ausreichend beantwortet werden. Das liegt 1) allgemein an der Komplexität der Erforschung von Radikalisierungsdynamiken, 2) der noch dünnen Befundlage zu Online-Radikalisierung, 3) der hohen Schwierigkeit und Kosten, die Kommunikationsdiffusion über digitale Räume hinweg zu erforschen, 4) der Verantwortungsverweigerung von Plattformunternehmen und 5) der Dynamik technischer Veränderung und digitaler Infrastrukturen. Um Online-Radikalisierung besser zu verstehen, müssen die Forschungslücken adressiert werden. Erweiterungsbedarf besteht unter anderem bei der Entwicklung und empirischen Überprüfung von Indikatoren für Online-Radikalisierungsdynamiken, aber auch bei Untersuchungen zu Gruppenprozessen sowie Betrachtungen im Längsschnitt. Wissenschaft, Prävention, Politik und Sicherheitsbehörden müssen im kontinuierlichen Austausch stehen, wenn in Gewalt kulminierende Radikalisierungsdynamiken sowie Extremismus konsequent begegnet werden soll.
Im Fokus dieses Forschungspapiers stehen Fragen zur bestehenden Angebots- und Bedarfsstruktur hinsichtlich der schulischen Extremismusprävention im Kontext islamistischer Radikalisierung in NRW mit Querbezügen zum Rechtsradikalismus. Die Bezüge zum Rechtsradikalismus erfolgen unabhängig von einzelnen Religionsbezügen. Die Fragestellungen konzentrieren sich auf Signifikanzen im schulischen Kontext, in ausgewählten Kommunen, auf verschiedenen ordnungspolitischen sowie auf wissenschaftlicher Ebene. Sie greifen dabei die Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung schulischer Präventionsarbeit gegen islamistisch bedingte Radikalisierung, bereits laufende Modelle und Entwicklungen sowie Defizite auf, die in der Schulpolitik, den Schulen selbst und in strukturellen Hindernissen in der Präventionsarbeit zu finden sind. Basierend auf einer Literaturauswertung in Kombination mit selektiven qualitativen (Interviews) und quantitativen (Stichprobe) Ergebnissen leitet das Papier Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger:innen ab und begründet diese. Signifikante Ergebnisse sind einerseits die Zunahme von Verschwörungstheorien und Verschwörungsmythen bei Schüler:innen, die durch rechtsextreme Narrative auffallen, und andererseits der sich abzeichnende Rückgang des islamistisch bedingten Extremismus. Ein weiteres Ergebnis bezieht sich auf die Haltung und Einstellungen von Lehrkräften sowie ihr Kommunikationsverhalten gegenüber den Schüler:innen und deren Elternhäusern. Dabei spielt der Phänomenbereich der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit eine große Rolle. Zusammenfassend lässt sich aus den erhobenen Daten in Bezug auf Präventionsmaßnahmen in den Schulen in NRW feststellen, dass die Präventionsangebote als disparat beschrieben werden. Sowohl die fehlende Informationskultur für Schulen als auch die partikularistisch ausgerichteten Präventionsmaßnahmen, insbesondere mit Schwerpunkt Islamismus, werden kritisch bewertet. Ein größeres Defizit wird auch hinsichtlich der allgemeinen Gewaltprävention formuliert. Im Zusammenhang mit der schulischen Präventionsarbeit werden auch die fehlenden pädagogisch-fachlichen Anteile in der Lehramtsausbildung prüfend in den Blick genommen. Die Ergebnisse verweisen auf Lücken im ersten und zweiten Ausbildungsabschnitt des Lehramtsstudiums, die sich im Beruf fortsetzen. Bisher fehlen obligatorische rassismus- und diskriminierungskritische Inhalte als selbstverständliche Anteile in der Aus- und Weiterbildung. In diesem Kontext ist jedoch die Bereitschaft der Befragten für die Wahrnehmung von entsprechenden Fortbildungen hoch ausgeprägt. Als Gesamtergebnis geben einige der Befragten folgende Problemwahrnehmung zu Protokoll: Ein maßgeblicher Hinderungsgrund für die nachhaltige Gestaltung von Prävention besteht in ihrer legislaturabhängigen politischprogrammatischen Einhegung. Dazu gehört auch das Ringen um die Stimmen der Wähler:innen. Stattdessen müssten politische Entscheidungsträger:innen - und das wird von den hier befragten Akteur:innen und Expert:innen mehrfach zu Protokoll gegeben - den engen und beratenden Kontakt mit Expert:innen suchen und verstetigen. Nur so kann eine langfristige und nachhaltige Umsetzung von schulischer Präventionsarbeit gelingen.
Das jährliche Treffen des CoRE-NRW-Netzwerks fand am 22. Juni 2022 zum ersten Mal nach 2019 wieder in Präsenz in Düsseldorf statt. Das Programm bot eine breite Themenvielfalt zu verschiedenen extremistischen Ausprägungsformen und Herausforderungen der Prävention. 53 Teilnehmende aus Forschung, Praxis und Behörden diskutierten kritisch und lebhaft die präsentierten Ergebnisse und Fachinputs aus der Präventionspraxis. Der seit März 2022 amtierende Präsident des Landesverfassungsschutzes NRW Jürgen Kayser war zu Gast beim Netzwerktreffen und rahmte die Veranstaltung mit dem aktuellen Lagebericht zu extremistischen Milieus und Aktivitäten in NRW. Eine besondere Rolle spielten dabei die Gefährdung von Hochschulen durch fremde Nachrichtendienste, generelle Tendenzen im Extremismus und spezifische Entwicklungen verschiedener Milieus - insbesondere der sogenannten Mischszenen und der Reichsbürger sowie Maßnahmen und Schwerpunkte des Verfassungsschutzes (Prävention im Internet und Schulen). Zudem konnten die Teilnehmenden sowohl thematisieren, was sie am Netzwerk schätzen als auch Wünsche für die künftige Gestaltung an die Koordinierungsstelle äußern. Diese Dokumentation stellt die Präsentationsfolien zur Verfügung, soweit sie von den Referent:innen zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurden.
Am 28. Oktober 2021 fand das jährliche Netzwerktreffen von CoRE-NRW (Connecting Research on Extremism in North Rhine-Westphalia) - aufgrund der Covid-19-Pandemie abermals in digitaler Form - statt. Das vierstündige Treffen brachte rund 70 Teilnehmende aus Forschung, Präventionspraxis, Sicherheitsbehörden und Ministerien aus NRW und anderen Bundesländern zusammen. Die CoRE-NRW Netzwerktreffen sind das zentrale Forum zur inter- und transdisziplinären Diskussion über aktuelle Herausforderungen und neueste Forschungserkenntnisse in NRW. Zuerst zeichnete Uwe Schmidt, Leiter der Gruppe 61 des Verfassungsschutzes NRW, das gegenwärtige Lagebild extremistischer Gruppen und Aktivitäten. Als die drei wesentlichen Aspekte der derzeitigen Situation erläuterte er die Punkte Entgrenzung, Radikalisierung und Virtualisierung. Herr Schmidt gab einen Überblick über Verschwörungsmythen und die Querdenkerszene sowie eine möglicherweise daraus erwachsende Gefahr einer Radikalisierung. Ausgewählte Beispiele zu den wesentlichen Veränderungen und Tendenzen im Rechtsextremismus, Islamismus und Linksextremismus, gefolgt von einer Prognose zur Entwicklung des Extremismus insgesamt in Nordrhein-Westfalen (aktueller Verfassungsschutzbericht NRW), beendeten seinen Vortrag. Anschließend diskutierte das Netzwerk über die Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Plattformen der Sozialen Medien für Extremist:innen und Implikationen für die Online-Prävention von Radikalisierung. Die Hauptautorin des CoRE-NRW-Kurzgutachtens Nr. 4, Dr.'in Lena Frischlich, stellte die Ergebnisse ihrer Studie zu den unterschiedlichen Formen und Gelegenheitsstrukturen alternativer und dunkler Sozialer Medien für extremistische Akteur:innen dar. Aus der Präventionspraxis berichtete Andreas Prokop vom Verein "Drudel 11 e.V." von den Herausforderungen der Arbeit im Bereich der Online-Prävention. Am Ende der Veranstaltung diskutierten die Teilnehmenden Ausblicke und Erwartungen für eine Fortführung des Austausches im folgenden Jahr.