Die unmittelbare Wirkung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zwischen Rechtsanwendung und Rechtsetzung
In: Europarecht, Band 58, Heft 3, S. 270-295
In der Rs. Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld (Effet direct) hat der EuGH entschieden, dass dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen unmittelbare Wirkung zukommt. Nationale Gerichte, die mit einem dazu in Konflikt stehenden Sanktionsregime befasst sind, haben die nationale Sanktionsregelung insoweit nicht anzuwenden, als sie im Widerspruch zum Erfordernis der Verhältnismäßigkeit steht, ohne dass dies eine gänzliche Nichtanwendung zur Folge hätte. Die gegenständliche Abhandlung soll den Hintergrund und die Folgen dieser Entscheidung beleuchten. Im Zentrum steht dabei die These, dass die Bejahung der unmittelbaren Wirkung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zwar überzeugt, die selektive Nichtanwendung von nationalem Recht jedoch eine problematische Verwischung der Grenze zwischen Normsetzung und Rechtsanwendung zur Folge hat.