Kritik der naturrechtlichen Interpretation der politischen Philosophie Hobbes'
In: Thomas Hobbes, Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates, p. 145-158
Es mag möglich sein, so der Verfasser, die natürlichen Gesetze anzuerkennen und die Verpflichtung zu bedingungslosem Gehorsam gegenüber dem Staat zu leugnen. Aber indem man diese eine Verpflichtung in der bedingungslosen Form, wie sie Hobbes auszumachen versucht, leugnet, leugnet man nicht, dass natürliche Gesetze in der einen oder anderen Weise verpflichten und dass diese Weise auch festgestellt werden kann. Würden diese Gesetze nicht auch unabhängig davon, dass sie gottgeboten sind, verpflichten, so wären sie keine natürlichen Gesetze. Gott, der Schöpfer und Konstrukteur der Natur, könnte nicht plausibel Ungehorsam gegen diese Gesetze verlangen oder per Gebot die sich aus ihnen ergebende Verpflichtung unwirksam machen. Im prophetischen Reich, so gesteht Hobbes zu, könnte Gott per Dekret den natürlichen Gesetzen den Status von geoffenbarten Gesetzen zuweisen. Wenn wir als Gläubige von ihm annehmen, dass er in dieser Weise verfährt, dann ist ein natürliches Gesetz für uns ein Gesetz im strengen Sinn. Das ist möglich, aber nicht notwendig und zwingend. Hobbes' Psychologie ist unentbehrlich, so die These, da er in ihr den Sinn des Begriffs 'Gut' erläutert, indem er argumentiert, dass der Interessensanteil eines jeden einzelnen an der Institution der Regierung eine übergeordnete Größe ist. Was bei Hobbes vollständig entbehrlich ist, sind die verpflichtenden Maximen und die Gebote Gottes. Durch die Taylor-These werden Hobbes' Ansichten grob verfälscht, weil in ihr das Unentbehrliche entbehrlich und das Entbehrliche zum Kern der Theorie gemacht wird. (ICF2)