This article examines how the middle class has fared in twenty-six European countries between 2004 and 2014 based on European Survey on Income and Living Conditions (EU-SILC) data. We define individuals living in households with a median equivalized disposable household income between 75% and 125% to be middle class. We find that the middle class has decreased in eighteen out of twenty-six countries, which is accompanied by an increase of income polarization. Income redistribution is most influential for explaining differences in the size of the middle class across European countries.
In ihrem jüngsten Werk "Der Allesfresser" (auf Englisch erschienen als "Cannibal Capitalism") wirft die renommierte marxistische US-Philosophin Nancy Fraser einen strukurellen und historischen Blick auf den Kapitalismus. Fraser definiert den Kapitalismus als ein Gesellschaftssystem, das für sein Funktionieren mehrere "verborgene Stätten" ausbeuten muss: durch rassistische und imperialistische Enteignung, in der Sphäre unbezahlter sozialer Reproduktion, in seinem Verhältnis zur Natur, durch das der Kapitalismus den menschgemachten Klimawandel verursacht, sowie durch die Aneigung politischer Macht und Governance. Abhilfe schaffen kann nur ein Antikapitalismus, der politische Kämpfe in all diesen Sphären verbindet und einen neuen Sozialismus des 21. Jahrhunderts hervorbringt.
Seit dem Ende der Erbschaft- und Schenkungsteuer 2008 gibt es in Österreich kaum Daten über die Verteilung und das Volumen von Erbschaften. Freiwillige Haushaltserhebungen erfassen vergangene Erbschaften, aber es mangelt an aktuellen Werten sowie an Prognosen über die zukünftige Erbschaftsentwicklung. Auf Basis der Vermögenserhebung HFCS und des Mikrosimulationsmodells INTAXMOD wird in diesem Beitrag das jährlich vererbte Vermögen sowie das potenzielle Steueraufkommen bis 2050 geschätzt. Die Ergebnisse zeigen (a) eine Verdoppelung des jährlichen Erbvolumens zwischen 2025 und 2050 von rund 21 auf 41 Mrd. Euro, (b) eine starke Konzentration im obersten Perzentil der Erbschaftsverteilung und (c) potenzielle Steueraufkommen von über 1 Mrd. Euro pro Jahr bei Tarifen mit Freibeträgen von 1 Mio. Euro.
Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 hat die Weltwirtschaft erschüttert und in vielen Ländern zu sozialen Verwerfungen geführt. Doch detaillierte empirische Befunde über die Entwicklung von Einkommensungleichheit oder Armutsbetroffenheit in Österreich gibt es erst seit Kurzem, da die Verfügbarkeit von Echtzeitdaten zur sozialen Lage in Österreich stark begrenzt ist. Die schon vor der Gesundheitskrise bestehenden und dokumentierten Ungleichheiten dienten oft als einzige Anhaltspunkte, um die Auswirkungen der Krise sowie der sozial- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen bewerten und einordnen zu können. Darüber hinaus waren vereinzelte Stichprobenerhebungen wie das "Austrian Corona Panel Project" der Universität Wien und "So geht's uns heute" von Statistik Austria wichtige Informationsquellen über Veränderungen der sozialen Lage während der Pandemie. Mit den im April 2023 publizierten Daten aus dem EU-SILC 2022 sind nun fundierte retrospektive Analysen möglich, da diese Erhebung auch die Grundlage für offizielle Statistiken zu Armut und Einkommensungleichheit in Österreich bildet. Die neuen Daten ermöglichen einen Rückblick auf die Entwicklung sozialer Ungleichheiten sowie eine evidenzbasierte Bewertung der Krisenpolitik.
Der österreichische Arbeitsmarkt schaut derzeit auf den ersten Blick für Arbeitende erfreulich aus: Viele offene Stellen kommen auf immer weniger Arbeitssuchende und bei den letzten Kollektivvertragsrunden sind trotz hoher Inflation Reallohngewinne erzielt worden. In der wirtschaftspolitischen Debatte geben sich derweil die Begriffe "Arbeitskräftemangel", "Vollbeschäftigung" und "Fachkräftemangel" die Klinke in die Hand. In der Summe bringt diese Situation den Arbeitenden mehr Vorteile, als gesamtwirtschaftliche Nachteile entstehen. Demografischer Wandel und gesamtwirtschaftliche Entwicklung begünstigen das wohl auch in den nächsten Jahren. Eine progressive Arbeitsmarktpolitik kann die Situation auch nutzen, um Verbesserungen vor allem für Gruppen zu erreichen, die es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht haben und ausgegrenzt werden. Auch eine Transformation der Arbeitsverhältnisse hin zu einer gut bezahlten 30-Stunden-Vollzeit für alle, die sie wollen, scheint möglich, genau so wie ein Strukturwandel hin zu ökologisch nachhaltigem Energieverbrauch und Verkehr, sozialen Diensten in einer Care-Ökonomie und einer Industrie mit den neuesten Technologien. Dieser Beitrag konstatiert ein Potenzial zur weiteren Machtverschiebung hin zu Arbeitnehmer:innen in der Zukunft und macht konkrete Vorschläge in der Arbeitsmarkt- und Arbeitspolitik, um gesunde und gut bezahlte Arbeit für alle voranzutreiben.
Die Mainstream-Ökonomie schien in den vergangenen Jahren mehrfach "angezählt". Weder sah sie die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 kommen, noch konnte sie in den aktuellen Vielfachkrisen adäquate wirtschafts- und gesellschaftspolitische Lösungen anbieten.Die Feministische Ökonomie hingegen zeichnet sich besonders dadurch aus, die unterschiedlichen Lebensrealitäten aller Menschen zu analysieren und Vorschläge für eine stärker wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik zu unterbreiten. Dennoch hatte sie in der Vergangenheit weder an Universitäten noch in der Politikberatung durchschlagenden Erfolg. In diesem Editorial wollen wir nach einer kurzen Definition von Feministischer Ökonomie erläutern, warum die Wirtschaftswissenschaft nach wie vor eine frauenfeindlicheDisziplin ist, wohin sich die Feministische Ökonomie in Österreich entwickelt und wie eine feministische Perspektive auf Wirtschaftspolitik gelingen kann.
In: Political geography: an interdisciplinary journal for all students of political studies with an interest in the geographical and spatial aspects, Band 90, S. 102461
The recent wave of populism sweeping Europe and the Americas generated considerable interest among political scientists, economists, sociologists and to some extent, geographers. The vast majority of these studies focuses on individual voter decisions or national comparisons over time but neglects the within-country spatial variation of the populist vote. This paper addresses this shortcoming and applies spatial econometric techniques to explore possible explanations for spatial variation in the increase of the populist right vote between the 2013 and 2017 national elections in Austria for 2118 municipalities. Spatial variation in voting shares can result from (1) compositional effects, regional differences in the composition of voters with different characteristics, (2) broad spatial, historically evolved institutional differences, such as membership to one of the nine states, (3) unequal integration of different types of regions into the global economy, such as peripheral regions, central urban regions, old industrial regions or tourist areas, (4) spatial vote spillovers due to localized social networks, and (5) unobserved spatial processes. We find that the populist right vote gains in Austrian municipalities are affected by all processes, but that the type of regions becomes insignificant once we correct for unobservable spatial structures in the regression framework. The increase in the share of foreigners, the share of foreigners, income and inequality levels, educational differences, selected state membership, as well as spatial spillovers of populist right voting are all important to explain spatial variation in the rise of the populist right vote.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit neuer atypischer Beschäftigung in Österreich. Insbesondere geht es uns darum festzustellen, ob und in welchem Ausmaß neue Beschäftigungsformen in Befragungen erfasst werden. Wir argumentieren, dass neben neuen Beschäftigungschancen auch alte und neue Risiken auftreten, insbesondere Risiken im Bereich der sozialen Absicherung. Vor diesem Hintergrund werten wir den österreichischen Mikrozensus aus, anhand von unterschiedlichen Dimensionen zu neuen Arbeitsformen. Weiters beschäftigen wir uns mit den ungleichen Folgen der Corona-Pandemie auf neue atypisch Beschäftigte. Die wichtigsten Erkenntnisse sind: Neue atypische Beschäftigung lässt sich mit herkömmlichen Arbeitskräfteerhebungen nicht quantifizieren. Die COVID-19-Krise verdeutlicht Lücken der sozialen Absicherung von neuen atypisch Beschäftigten, insbesondere der neuen Selbstständigen. Auch zeigt sich während der Krise die unzureichende Vertretung ihrer Interessen.
Feministische Ökonomie analysiert die unterschiedlichen Lebensrealitäten aller Menschen und unterbreitet Vorschläge für eine wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik. Damit bietet sie auch in den aktuellen Vielfachkrisen brauchbare gesellschaftspolitische Lösungen, die in der Mainstream-Ökonomie häufig zu kurz kommen. Dennoch hat sie weder an Universitäten noch in der Politikberatung durchschlagenden Erfolg. In diesem Artikel erläutern wir nach einer kurzen Definition von Feministischer Ökonomie, warum die Volkswirtschaftslehre nach wie vor eine frauenfeindliche Disziplin ist, wie sich die Feministische Ökonomie in Österreich entwickelt hat und wie eine feministische Perspektive auf Wirtschaftspolitik gelingen kann.
Vermögen ist in Österreich sehr ungleich verteilt. Seit der HFCS-Vermögenserhebung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und von Wissenschaftler:innen durchgeführten Hochschätzungen lässt sich besser beziffern, wie groß die Vermögenskonzentration tatsächlich ist. Österreich steht innerhalb der Eurozone mit an der Spitze der Vermögensungleichheit. Die große Mehrheit der in Österreich lebenden Bevölkerung empfindet die bestehende Vermögensverteilung als ungerecht. Vermögensteuern sind ein Weg, die Schieflage zu reduzieren. Das reichste 1 % verfügt über rund 40 % des gesamten Nettovermögens, während die ärmere Hälfte gerade einmal 2,8 % des Nettovermögens besitzt. Die hohe Vermögenskonzentration hat negative wirtschaftliche, demokratiepolitische und ökologische Konsequenzen. Der Überreichtum kann durch Vermögenssteuern reduziert werden.