Das Tierschutzrecht in Japan. Ein Vergleich mit dem deutschen Recht und dem Modellgesetz des World Animal Net
Der Beitrag beschäftigt sich mit einem Vergleich des japanischen Tierwohlgesetzes mit dem deutschen Tierschutzgesetz und dem Model Animal Welfare Act des World Animal Net, welcher nach seinen Verfasserinnen die "aktuelle Erfolgsmodelle" (Best Practice) im internationalen Tierschutz zusammenfasst. Auf diese Weise beleuchtet der Beitrag die Charakteristika des japanischen Tierschutzrechts.Der Tierschutz ist heute als globales Anliegen anerkannt. Seine Legitimation wird argumentativ auf unterschiedliche theoretische Ansätze gestützt. Die Tierschutzbestrebungen bilden dabei soziale Bewegungen. Der Fokus hat sich dabei über die Zeit von der Haustierhaltung über die Tierzucht bis hin zu Tierversuchen verlagert und die Debatte sich hat in der jeweiligen Region gewandelt. Dementsprechend hat sich die Tierschutzgesetzgebung durch die Aufnahme und Regulierung zahlreicher Probleme in jeweiligen Ländern in den letzten Dekaden beträchtlich entwickelt. Das japanische Tierwohlgesetz stellt hierbei keine Ausnahme dar. Es hat mehrere Novellierungen vor allem in den letzten zwanzig Jahren erfahren, wobei internationale Diskurse über die Tierschutzgesetzgebung jeweils adoptiert wurden.Die fundamentale Aufgabe des Tierschutzrechts besteht darin, die Leitlinien für die Umsetzung der gesellschaftspolitischen Entscheidungen zum Umgang mit Tieren festzulegen und auf diese Weise das Verhalten der Menschen zu steuern. In diesem Zusammenhang kann man die Weltgeschichte der Tierschutzgesetzgebung als Wende vom Schutz der Art hin zum Schutz des Einzelwesens, vom Anthropozentrismus hin zu einem ethischen Ansatz sowie von der bloßen Anti-Tierquälerei hin zum Wohlbefinden des Tieres fassen. Das moderne Tierschutzrecht basiert einerseits auf dem moralischen Postulat, die Interessen jedes einzelnen Tieres mit den Nutzungsinteressen der Menschen in Einklang zu bringen; es zielt andererseits nicht nur auf die Verhinderung von gewaltsamen Übergriffen gegenüber Tieren, sondern auch auf die aktive Gewährleistung ihres Wohlergehens. Diese Leitidee wird im deutschen Tierschutzgesetz, das schon älter ist und als Vorbild in anderen Ländern anerkannt wird, ausdrücklich benannt.Auch das japanische Tierwohlgesetz folgt grundsätzlich denselben Entwicklungslinien, was mit der Adoption des sog. "Fünf-Freiheiten-Prinzip" als internationaler Standard für die Sicherung des Wohlbefindens von Tieren zu belegen ist. Nicht selten findet sich jedoch die Meinung sowohl im Aus- als auch Inland, dass das japanische Tierschutzrecht im internationalen Vergleich noch immer rückständig sei. Hinsichtlich der Tierschutzgesetzgebung in westlichen Ländern, die mit verschiedenen Problemen schnell umgehen musste, wird dagegen auf nahezu unauflösbare Wertungswidersprüche zwischen deren Zielsetzung und den enthaltenen, konkreten Regelungen hingewiesen. In dieser Diskussionslage hat die internationale Netzwerkorganisation World Animal Net vor kurzem den Model Animal Welfare Act veröffentlicht, das auf rechtsvergleichenden Studien aufbaut und die "aktuellen Erfolgsmodelle" (Best Practice) zusammenstellt. Davon ausgehend unternimmt es dieser Beitrag, den Stand des japanischen Tierschutzrechts im internationalen Vergleich zu bestimmen.Im Zentrum steht die Frage, ob der Gehalt der von den jeweiligen Gesetzen vorgesehenen Prinzipien auf einzelnen Problemfeldern ausreichend zum Tragen kommt. Für diese Analyse werden die Strafvorschriften betreffend Tiermisshandlungen intensiv untersucht, die historisch den Ausgangspunkt des Tierschutzrechts darstellen und die Grenzen einer angemessenen und gerechtfertigten Tiernutzung markieren. Die Untersuchung gelangt zu dem Ergebnis, dass sich das japanische Tierschutzrecht vom Anthropozentrismus noch nicht vollständig gelöst hat. Es wird aber auch deutlich, dass anthropozentrische Aspekte in der Nutzen-Schaden-Abwägung, welche ein ethischer Tierschutzansatz voraussetzt, unvermeidbar enthalten ist.(Die Redaktion) ; This contribution compares the Japanese Animal Welfare Act with the German Animal Protection Law and international "best practice" on animal welfare legislation as presented by the World Animal Net in its recently published Model Animal Welfare Act. The contribution thus aims at highlighting the characteristics of Japanese animal welfare legislation.Animal welfare today is recognized globally as a legitimate cause. Various theoretical approaches have been proposed in order to justify animal welfare legislation. The striving for better treatment of animals has given rise to social movements. The focus of the debate has shifted over the years from pet keeping through farm animals to animal use in scientific experiments, and discussions in each region have undergone significant change. Animal welfare legislation in many jurisdictions thus has witnessed important amendments including the regulation of newly emerged issues. The Japanese Animal Welfare Act is no exception in this regard. The latter has been amended repeatedly, in particular over the last twenty years, adopting international discourses on animal welfare legislation.The basis task of animal welfare legislation is to determine the guidelines implementing policy decisions on the treatment of animals and to thus control human behavior. In this regard, the global history of animal welfare legislation can be conceived as a development from the protection of the species towards protecting the individual living creature, from anthropocentrism towards an ethical approach, and from mere anti-cruelty laws towards comprehensively aiming at animal welfare. The Japanese Animal Welfare Act is based on the moral claim to balance the interests of the individual animal with legitimate human interest to use animals, and to not only prevent violent abuses of animals, but positively ensure their wellbeing. This guiding principle is expressed in the German Animal Protection Law, which dates further back and is recognized as a model in other countries.The Japanese Animal Welfare Act in principle follows international trends, as becomes apparent from the adoption of the so-called "five freedoms" as the global standard for animal welfare. Nevertheless, Japanese animal welfare legislation often is criticized, both in Japan and by outside observers, as lagging behind international developments. By contrast, as far as Western animal welfare legislation is concerned, which had to react quickly to various new problems, critics are pointing to virtually unavoidable contradictions between its goals on the one hand side and specific regulations on the other. Against this backdrop, the international network World Animal Net recently put forward the Model Animal Welfare Act, which is based on comparative studies and aims at summarizing international best practice. Using this as a starting point, this contribution analyzes the status quo of Japanese animal welfare legislation from a comparative perspective.The analysis focuses on the question to what extent the principles established by the three animal welfare laws are adequately realized in various fields. The contribution examines in detail criminal law provisions on the abuse of animals, which historically were the starting point of animal welfare legislation and even today mark the limits of an adequate and justified use of animals. The author reaches the conclusion that Japanese animal welfare legislation, indeed, still remains engrained in anthropocentrism. However, it demonstrates at the same time that an ethical animal welfare approach, due to the necessary cost-benefit analysis, inevitably features certain anthropocentric aspects, as well.(The Editors)