Ergebnisorientierte Klassifikation Alkoholabhängiger zu Beginn einer stationären Behandlung
In: Sucht: Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis, Band 62, Heft 2, S. 65-72
ISSN: 1664-2856
Zusammenfassung. Fragestellung: Gestattet die Kombination von Patienten-Merkmalen eine ergebnisorientierte Klassifikation Alkoholabhängiger? Methode: Naturalistische Feldstudie, in der retrospektiv mittels binärer logistischer Regression Unterschiede in Patienten-Merkmalen zwischen zur Ein-Jahres-Katamnese durchgehend abstinenten (N = 431) vs. rückfällig gewordenen Alkoholabhängigen (N = 382) analysiert wurden. Anhand der identifizierten Prognose-Merkmale wurden vier Klassen gebildet. Getrennt für die vier Klassen wurden mittels geschichteter Chi Quadrat Tests weitere Merkmale auf ihre prognostische Valenz geprüft. Ergebnisse: Mit den beiden stärksten Prognosemerkmalen Therapieerfahrung und Depressivität konnten vier Klassen gebildet werden, die sich in ihren Rückfallquoten (30 bis 65 %) signifikant unterschieden. Die Behandlungsdauer korrelierte nur bei den therapieerfahrenen nicht-depressiven Patienten (N = 239) mit späterer Abstinenz. Nur therapieerfahrene, depressive Patienten (N = 50) hatten bei Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung höhere Rückfallquoten. Alter, Geschlecht, Schulbildung, Arbeitslosigkeit, Familienstand, Partnersituation und suchtspezifische Komorbiditäten waren für die gesamte Stichprobe und für die vier Klassen prognostisch nicht relevant. Schlussfolgerungen: Die Validität von Prädiktoren ist abhängig von der prozentualen Verteilung der Patientenmerkmale einer Stichprobe, der Therapie, der Stichprobengröße und der Erfolgsquote. Eine ergebnisorientierte Klassifikation gestattet die Ableitung verbesserter therapeutischer Strategien für hoch rückfallgefährdete Patienten. Verbesserte Therapiepläne werden die ergebnisorientierte Klassifikation im Rahmen des lernenden Kliniksystems verändern, so dass nicht von einer Zeitstabilität und Allgemeingültigkeit der klinikspezifischen Prädiktoren ausgegangen werden kann.