Social agency in alpine communal forests : local actors' interactions with communal forests and participation in communal forestry in the French and Swiss Alps ; Lokales Handeln in Gemeindewäldern der Französischen und Schweizer Alpen
In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/2472
Given the vast amount of policy discourse claiming that participation of local communities is a condition for sustainable forest management, this research aims at understanding how local actors actually perceive - and interact with - their communally owned forests. Without predetermining whether there will be participation at local levels or predefining what participation should be like at this level, we have selected six communes in the French and Swiss Alps. The selection criteria were that they have a substantial part of their territory covered with communally owned mountain forests and that they tend to have multiple forest-related uses. Besides country and region based institutional variation of the region selected (between the French Haute-Savoie and the Swiss cantons of Valais and Vaud), we chose communes with varying socio-economic and land-use contexts, as well as according to demographic trends and the relative importance of the primary (farming and forestry), secondary or tertiary sectors (mostly tourism). Based on sixty-five semi-structured interviews, we first analyze local actors' perceptions of the communal forests so as to crystallize different forest values and forest related conflicts. We estimate the relative importance of these values and conflicts, comparing results between the communes, and between categories of actors, based on their occupation, their age and their gender. Describing twenty collective agency processes, we develop a typology based on who takes part, why and how. Then we compare these processes in their capacity to either reproduce or change social structures and their relative dependency or autonomy from state authorities. After exploring the background of the concept of "participation" in democratic theory and in natural resources and forest policy making, we focus on micro-level social interactions and collective agency in communal forests. While taking a Grounded Theory approach for generating propositions based on a systematic qualitative interview analysis, we use insights from Anthony Giddens' structuration theory, as well as from Michel Crozier's strategic analytical methodology. We complement these with additional social theory concepts needed to address the cultural and ecological aspects of local social interactions with forests. Interpreting our results, we find that local social interactions and collective agency processes in relation with communal forests are correlated with various local actors' values and with many of their expressed multiple land-use conflicts, but that they generally do not address forestry related conflicts. We notice important variations in perceived conflicts, values, and in the involvement of the actors according to their occupation, gender, age, and relationship with authorities. These findings provide insights about the power relations structuring local interaction systems. The grounded analysis of these variations leads us to distinguish an important cultural, economic, and political conflict line between urban and rural representations of the communal forest (livelihood versus quality of life), as well as between urban and rural strategies in local forest-related agency (local autonomy versus state control). Our research finds a strong relationship between the historical consolidation of state-led forestry institutions and concomitant erosion of common property institutions, and the impact of modernization on the place-making capacity of local actors interacting with their forest. The result of this research is a set of propositions regarding local agency in communal forests and local actors' engagement in forestry, in the Swiss and French alpine region. These findings provide a better understanding of the local dimensions of participation in forestry. ; Lokales Handeln in Gemeindewäldern der Französischen und Schweizer Alpen Ausgehend der großen Anzahl von Literatur, die behauptet, dass die Partizipation von lokalen Gemeinschaften eine Bedingung für nachhaltiges Waldmanagement darstellt, versucht diese Studie zu verstehen, wie lokale Akteure ihren Gemeindewald tatsächlich wahrnehmen und dafür tätig werden. Ohne Partizipation auf lokaler Ebene vorauszusetzen und ohne vorwegzunehmen wie eine solche Partizipation aussehen sollte, haben wir sechs Gemeinden der Schweizer und der Französischen Alpen ausgewählt. Auswahlkriterien waren dabei, dass ein erheblicher Teil des Gemeindeterritoriums aus gemeindeeigenem Bergwald besteht und dass dieser Wald auf vielfache Art und Weise genutzt wird. Die Gemeinden liegen in unterschiedlichen Ländern und Regionen (Haute-Savoie in Frankreich sowie die Kantone Waadt und Wallis in der Schweiz) und zeichnen sich durch unterschiedliche sozio-ökonomische, demographischen und Landnutzungscharakteristiken aus. Die theoretische Basis unserer Forschung baut auf sozialen Handlungstheorien auf. Partizipation wird als kollektives Handeln verstanden, wobei zwei oder mehr soziale Akteure zusammen im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel handeln. In der theoretischen Auseinandersetzung mit der Problemstellung fragen wir zunächst nach dem Hintergrund des Konzepts der "Partizipation" in der Demokratietheorie und konzentrierten uns dann auf den Gebrauch dieses Konzepts in der Formulierung von politischen Inhalten, die sich auf das nachhaltige Resourcenmanagement und die Waldwirtschaft beziehen. Bei unserer Betrachtung der Bedeutung, die Partizipation für lokale Akteure in Bezug auf ihren Gemeindewald hat, konzentrieren wir uns auf Theorien, die Partizipation als ein soziales Interaktionsphänomen betrachten - insbesondere beziehen wir uns auf Anthony Giddens Strukturationstheorie, auf Michel Croziers strategisch-analytische Methodologie sowie auf Lewis Cosers soziale Konflikttheorie. Um eine induktive Analyse durchführen zu können, benutzen wir die so genannte "grounded theory" von Barney Glaser und Anselm Strauss. Mit Hilfe dieses theoretischen und methodologischen Rahmens wird eine systematische Analyse von 65 qualitativen Interviews durchgeführt, mit dem Ziel, induktiv Thesen zu generieren (anstatt Hypothesen zu testen). Die offene qualitative Interviewmethode erlaubt es uns, zu verstehen, was die lokalen Akteure über ihren Gemeindebergwald und seine Verwaltung zu sagen haben, aber auch, weshalb sie entsprechende Überlegungen tätigen. Zunächst wurden die Wahrnehmungen und Wertungen analysiert, die die lokalen Akteure bezogen auf ihren Kommunalwald haben. Unterschiedliche waldbezogene Konflikte und Waldwertschätzungen werden dargestellt und bezüglich ihrer Bedeutung für die verschiedenen lokalen Akteure eingeschätzt. Schließlich wurden 21 kollektive Handlungsprozesse in den sechs Gemeinden analysiert und in einer Typologie systematisiert, die auf den Zielen und den gemeinsamen Strategien, auf den Machtverhältnissen zwischen den Agenten und den Behörden sowie auf der Tendenz, soziale Strukturen zu verändern oder zu reproduzieren, aufbaut. Dabei zeigt sich, dass die Akteure, die hauptberuflich im Wald tätig sind, mehr Konflikte äußern als diejenigen, die im tertiären und sekundären Sektor arbeiten. Frauen, Jugendliche und Menschen, die im tertiären und sekundären Sektor beschäftigt sind, äußern demgegenüber mehr Wertschätzungen des Waldes. Erbschaftsbezogene Werte ("patrimonial values") - die neben dem Eigentumswert, für die Interviewten, mit lokaler Holzarchitektur und - handwerk, mit über Generationen vermittelten lokalem Wissen, und mit kollektiver und persönlicher Identität zu tun haben, erscheinen besonders prägend für die lokale Bevölkerung zu sein. Diese Werte motivieren auch einen großen Teil der waldbezogenen Interaktionen. Die verstehende ("grounded") Analyse dieser Unterschiede deutet auf eine wichtige kulturelle, ökonomische und politische Konfliktlinie zwischen städtischen und ländlichen Wahrnehmungen der Gemeindewälder sowie zwischen städtischen und ländlichen Präferenzen und Strategien. Ländliche Interessen sind auf Lebenserhaltung, während städtische Interessen auf soziale Integration konzentriert sind. Die Ersteren suchen insbesondere, ihre Autonomie über die lokalen Waldressourcen zu bewahren. Die städtischen Akteure hingegen sehen den Wald als einen öffentlichen Raum, dessen Management sie fraglos an Forstexperten delegieren, solange sie freien Zugang zum Wald haben und der Wald relativ unverändert weiter besteht. Wir beobachten auch einen wichtigen Konflikt zwischen den Waldarbeitern und den Bauern, insbesondere bezüglich der Waldflächen, die über Weiden wachsen und bezüglich der Nutzung von Forst- und Landschaftsstraßen. Unter anderem schließen wir aus den empirischen Erhebungen, dass Partizipation im Management von Gemeindewald mit der internationalen Forstpolitik kaum im Einklang steht. In den Gemeinden, wo der Wald ein wichtiger Teil des Territoriums einnimmt und noch eine ökonomische Bedeutung hat, finden wir lokale waldbezogene Institutionen, deren Ziel es ist, eine gewisse Kontrolle über die Ressourcen der Gemeinde zu haben. Es scheint, dass die Gemeinden, in denen die meisten Waldwertschätzungen gefunden wurden, auch oft die sind, die recht viele Konflikte aufweisen und dass dies auch die Gemeinden mit den meisten kollektiven waldbezogenen Interaktionen sind. Es zeigt sich, dass Wertschätzung des Waldes und Konflikte Interaktionen fördern und dass solche Interaktionen auch wertbildend sind. Wir schließen unsere Arbeit mit Vorschlägen, die zum Ziel haben, das Engagement der lokalen Akteure für die Gemeindewälder und für die Waldwirtschaft zu stärken.