Erfahrung im Augenblick ihres Sturzes: zur Möglichkeit von Erfahrung unter Bedingungen (nach-)metaphysischen Denkens
In: Erfahrung als Argument: zur Renaissance eines ideengeschichtlichen Grundbegriffs, S. 153-168
Die vorliegende Auseinandersetzung mit dem Begriff der Erfahrung hat ihren argumentativen Ausgangspunkt im Unbehagen am Erfahrungsbegriff, der sich im Anschluss an den Positivismus des 19. Jahrhunderts herausgebildet hat und sich bis in die empirisch verfahrenden Wissenschaften der Gegenwart erhält. Gegenüber diesem formuliert der Autor einen doppelten Einwand: Erstens ist dieser Erfahrungsbegriff in epistemologischer Hinsicht unsicher und zweitens bezieht er sich auf die gegebene soziale Wirklichkeit allein affirmativ. Daher wird in einem ersten Schritt ein Rückgang zu bestimmten Überlegungen Kants und Hegels vorgeschlagen, deren Denken sich zugleich gegen dogmatische Begründungsversuche, aber auch gegen eine bloß empirisch verstandene Erfahrung wendet. Durch eine nietzscheanische Brille betrachtet erweisen sich, so wird im nächsten Schritt argumentiert, nicht nur Kant und Hegel, sondern auch die Idee moderner Wissenschaft als Teil einer das abendländische Denken insgesamt durchziehenden Bewegung der Metaphysik. Möglichkeiten zu deren Überschreitung wird im Anschluss an Nietzsche und in den Werken Heideggers und Derridas nachgegangen. Abschließend wird als Ergebnis der kritischen Prüfung des Begriffs der Erfahrung nur ein Negatives im Sinne der kantischen "Kritik der reinen Vernunft" festgehalten: Möglich scheint nicht der Aufweis einer positiven Konzeptualisierungsstrategie des Begriffs der Erfahrung zu sein, sondern lediglich "das stille Verdienst, Irrtümer zu vermeiden" (KrV). (ICA2)