Marcel Mauss schrieb 1923 in seinem Essay Die Gabe, er habe in den Motiven des Gabentauschs »einen der Felsen gefunden, auf denen unsere Gesellschaften ruhen«. Bis heute wirft diese These Fragen auf: Wie stiftet die Gabe Solidarität, Anerkennung und Vertrauen in vormodernen Gesellschaften? Gelingt ihr das auch in modernen Gesellschaften? Aufbauend auf einer pointierten Rezeptionsgeschichte von Mauss' Essay und im Dialog mit Denkern aus Philosophie, Politik- und Wirtschaftswissenschaften kommt dieses Buch zu dem Ergebnis, dass die Gabe neben Markt und Staat eine zentrale Funktion in unserer Gesellschaft hat. Darüber hinaus wird gezeigt, welche politischen Konsequenzen daraus resultieren und wie Gabeninteraktionen zur Sicherung des sozialen Gefüges genutzt werden können.
Frontmatter -- Inhalt -- Vorwort -- 1 Einleitung -- Teil I: Das Prinzip der Gabe bei Marcel Mauss -- Einleitung -- 2 Marcel Mauss: Leben und Wirken in Politik und Wissenschaft -- 3 Untersuchung des Gabentausches in archaischen Gesellschaften -- 4 Die Vorstellung eines guten Zusammenlebens in Die Gabe -- Teil II: Interpretationen und Potentiale der Gabe - von Marcel Mauss bis zur Gegenwart -- 5 Strukturalistisch-symbolische Interpretation der Gabe -- 6 Die Interpretation der M.A.U.S.S.-Bewegung -- 7 Die Gabe als politische Kategorie -- 8 Gabe und Anerkennung -- 9 Homo Donator und die Politik der Gabe -- 10 Struktur und Potentiale der Gabe -- Teil III: Von »archaischen« zu »modernen« Gesellschaften - die Gabe zwischen Markt und Staat -- 11 Die Ablösung der Gabengesellschaft -- 12 Die Entwicklung des Marktes nach Karl Polanyi -- 13 Richard M. Titmuss -- Gaben und die Grenzen des Marktes -- 14 Institutionalisierung der Gabe? -- 15 Gaben im Wohlfahrtsstaat -- Teil IV: Abschließende Betrachtungen -- 16 Die Gabe und das gute Zusammenleben -- 17 Die Gabe im Spannungsfeld zwischen Markt und Staat -- Literatur
Marcel Mauss schrieb 1924, er habe in den Motiven des "archaischen" Gabentauschs vormoderner Gesellschaften "einen der Felsen gefunden, auf denen unsere Gesellschaften ruhen" (Mauss, 1990, S. 19). Gabenpraktiken bestehen auch in modernen Gesellschaften fort, ohne dass das sozialtheoretische Denken der Gegenwart ihnen ausreichend Beachtung schenkt. Deshalb wird in diesem Beitrag die ethnologische Gabentheorie mit Fragen des guten Zusammenlebens, der ökonomischen Regulierung und der Ausgestaltung wohlfahrtsstaatlicher Programme verknüpft. Es wird untersucht, wann Gabensysteme gegenüber Marktsystemen die bessere Wahl darstellen können und wo innerhalb wohlfahrtsstaatlicher Regimes mehr Raum für Interaktionen im Sinne der Gabe gelassen werden sollte. Gabenpraktiken etablieren Kommunikationsformen, schaffen Verhandlungsräume, stiften vertrauensbildende Interaktionen und soziale Beziehungen. Entsprechend ist es auch in modernen Gesellschaften essentiell, diese Praktiken zu erhalten und sie gegenüber den dominanten Ordnungsprinzipien Markt und Staat zu stärken.
Marcel Mauss schrieb 1923 in seinem Essay Die Gabe, er habe in den Motiven des Gabentauschs »einen der Felsen gefunden, auf denen unsere Gesellschaften ruhen«. Bis heute wirft diese These Fragen auf: Wie stiftet die Gabe Solidarität, Anerkennung und Vertrauen in vormodernen Gesellschaften? Gelingt ihr das auch in modernen Gesellschaften? Aufbauend auf einer pointierten Rezeptionsgeschichte von Mauss' Essay und im Dialog mit Denkern aus Philosophie, Politik- und Wirtschaftswissenschaften kommt dieses Buch zu dem Ergebnis, dass die Gabe neben Markt und Staat eine zentrale Funktion in unserer Gesellschaft hat. Darüber hinaus wird gezeigt, welche politischen Konsequenzen daraus resultieren und wie Gabeninteraktionen zur Sicherung des sozialen Gefüges genutzt werden können.
Marcel Mauss schrieb 1923 in seinem Essay 'Die Gabe', er habe in den Motiven des Gabentauschs "einen der Felsen gefunden, auf denen unsere Gesellschaften ruhen". Bis heute wirft diese These Fragen auf: Wie stiftet die Gabe Solidarität, Anerkennung und Vertrauen in vormodernen Gesellschaften? Gelingt ihr das auch in modernen Gesellschaften? Aufbauend auf einer pointierten Rezeptionsgeschichte von Mauss' Essay und im Dialog mit Denkern aus Philosophie, Politik- und Wirtschaftswissenschaften kommt dieses Buch zu dem Ergebnis, dass die Gabe neben Markt und Staat eine zentrale Funktion in unserer Gesellschaft hat. Darüber hinaus wird gezeigt, welche politischen Konsequenzen daraus resultieren und wie Gabeninteraktionen zur Sicherung des sozialen Gefüges genutzt werden können.
Rezension von:Frank Adloff (2018): Politik der Gabe. Für ein anderes Zusammenleben, Hamburg: Edition Nautilus. 320 S., ISBN 978-3-96054-091-5, EUR 19,90.
Das Instrument des Emissionshandelssystems (EHS) wird von Umweltökonom:innen an prominenter Stelle zur Bewältigung der ökologischen Krisen sowohl im wissenschaftlichen Diskurs als auch in der Politikberatung empfohlen. Wir arbeiten drei implizite normative Prämissen des Lehrbuchmodells eines EHS im Kontext von Klimapolitik heraus und problematisieren diese mittels einer breiteren inter- und intradisziplinären Basis. Die Empfehlung reflektiert insbesondere Setzungen bezüglich der metatheoretischen Fragen nach dem Umgang mit Pfadabhängigkeiten, der ethischen Legitimation verschiedener Emissionsquellen sowie den Zielen von Klimapolitik. Werden die Prämissen anders gewählt, muss der EHS in ein umfassenderes Instrumentenbündel eingebunden, differenziert ausgestaltet oder ganz verworfen werden. In einem zweiten Schritt verorten wir die unmittelbare Umsetzung des EHS demokratietheoretisch als aggregativ-liberal, was mit der Prämisse einhergeht, dass alle durch die Dekarbonisierung ausgelösten oder verstärkten gesellschaftlichen Konflikte durch den Marktmechanismus aufgelöst werden können. In Abgrenzung dazu diskutieren wir Ansätze der deliberativen und der radikaldemokratischen Demokratietheorie, welche alternative Perspektiven auf die Möglichkeiten und rationalen Mechanismen der kollektiven Konfliktlösung einnehmen. Basierend auf der jeweiligen Konzeptualisierung des Politischen zeichnen wir nach, wie Klimapolitik gedacht werden kann; konkret welche Rolle ein EHS im politischen Prozess einnehmen kann oder sollte. Die Gegenüberstellung der Paradigmen erlaubt außerdem Rückschlüsse darauf, welche Aspekte des Politischen bei der unmittelbaren Umsetzung eines EHS aus dem Blickfeld geraten und welche Gefahren aus dieser Vernachlässigung erwachsen. Dieses Papier macht die normativen Prämissen einer zentralen umweltökonomischen Empfehlung für Klimapolitik transparent und eröffnet Möglichkeitsräume zur Rekonzeptualisierung. Darüber hinaus zeigt es das Politische des Ökonomischen sowie die Relevanz informierter Perspektivenvielfalt in Theoriebildung und Politikberatung auf.
The aim of this paper is to contribute to an innovative agenda in the field of Environmental Economics. The paper focusses on a conceptual and political perspective on the interactions between nature and economy. Section 1 states that Environmental Economics has to consider three fields: nature, justice and the role of time. To operationalize this claim, we introduce fundamental concepts such as entropy, joint production, ignorance, evolution, absolute scarcity, responsibility and homo politicus and explain them in Section 2. These concepts are applied in Section 3 using a historical example, namely the soda-chlorine industry, extending over a period of about three centuries. The lessons taken from this economic, environmental and political evolution are outlined in Section 4. In Section 5, we apply the concept of responsibility to address political aspects dealt with when examining the interplay between nature and economy. In our outlook in Section 6, we argue that these concepts and further concepts do not form a hierarchically structured system. Instead they are conceived as a network of interdependent concepts that reference each other but also remain categorically distinct from one another.
The aim of this paper is to contribute to an innovative agenda in the field of Environmental Economics. The paper focusses on a conceptual and political perspective on the interactions between nature and economy. Section 1 states that Environmental Economics has to consider three fields: nature, justice and the role of time. To operationalize this claim, we introduce fundamental concepts such as entropy, joint production, ignorance, evolution, absolute scarcity, responsibility and homo politicus and explain them in Section 2. These concepts are applied in Section 3 using a historical example, namely the soda-chlorine industry, extending over a period of about three centuries. The lessons taken from this economic, environmental and political evolution are outlined in Section 4. In Section 5, we apply the concept of responsibility to address political aspects dealt with when examining the interplay between nature and economy. In our outlook in Section 6, we argue that these concepts and further concepts do not form a hierarchically structured system. Instead they are conceived as a network of interdependent concepts that reference each other but also remain categorically distinct from one another.
Der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Menschheit. Die interdisziplinäre Online-Plattform MINE-Mapping the Interplay between Nature and Economy (www.nature-economy.de) will zu einem erfolgreichen Umgang mit dieser Herausforderungbeitragen. MINE versteht sich als Brücke zwischen den Sozial-und Wirtschaftswissenschaften und den Naturwissenschaften. Wichtige Bausteine dieser Brücke sind Überlegungen aus den Bereichen der politischen Philosophie und der Ethik. Für sozial-ökologischeTransformationsprozesse bietet MINE Grundlagen, die theoretisch umfassend und zugleich praktisch für Politik und Wirtschaft sind.Unsere Überlegungen zeigen, wie die Ideen von MINE entstanden sind, was die Besonderheit des Ansatzes ausmacht und was er zu leisten vermag. Auf diese Weise sollen sowohl interessierte Personen aus der Wissenschaft als auch ökologisch engagierte Bürger zu einer fruchtbaren Arbeit mit der Online-Plattform geführt werden. Nach der Einführung in Teil I werden in Teil II aus der Perspektive von Malte Faber, der in der Ich-Form spricht, Motive und Erfahrungen erzählt, die ihn dazu bewogen haben, ab1980 einen interdisziplinären Forschungsverbund aufzubauen, dessen Methoden und Erkenntnisse wegweisend für MINE wurden. Teil III beschäftigt sich mit der Bedeutung der Philosophie für MINE und geht auf einige Leitideen und Grundbausteine des Ansatzes von MINE aus philosophischer Sicht ein. In Teil IV werden fünf Konzepte von MINE - drei Aspekten der Zeit, Unwissen, Kuppelproduktion, politische Verantwortung, Urteilskraft - vorgestellt, um den Ansatz von MINE an einem konkreten Transformationsproblem, nämlich der Entwicklung des Flusses Emscher, zu illustrieren. Diese war um 1900 der zentrale Abwasserkanal des Ruhrgebiets und wurde nach mehreren Jahrzehnten im Jahr 2020 vollständig renaturiert. In Teil V veranschaulicht Malte Faber, wiederum in der Ich-Perspektive, die Ausrichtung von MINE durch drei Botschaften zur Transformation. In einem Addendum, Teil VI, kommentieren wir kritisch die Fünf-vor-Zwölf-Rhetorik, die vor allem in Diskursen des Klimaschutzes verbreitet ist. ; The sustainable management of natural resources is one of the most important tasks humanityfaces. The interdisciplinary online platform MINE-Mapping the Interplay between Nature and Economy (www.nature-economy.de) aims to contribute to this. MINE can be understoodas a bridge between socialsciences, economicsand the natural sciences. Important building blocks of this bridge are considerations from the fields of political philosophy and ethics. For socio-ecological transformation processes, MINE offers foundations that are theoretically comprehensive and at the same time practical for politics and economics.Our considerations show how the ideas of MINE came into being, what constitutes the peculiarity of its approach and what it is capable of achieving. In this way, interested persons from the scientific community as well as ecologically engaged citizens should be led towards a fruitful work with the online platform. After the introduction in Part I, in Part II, from the perspective of Malte Faber, who speaks in first-person, motives and experiences are recounted that have led him to found an interdisciplinary research cooperation since 1980. Themethods and insight generated in this cooperation became groundbreaking for MINE. Part III deals with the importance of philosophical reasoningfor MINE and addresses some guiding ideas and basic building blocks of MINE's approach from a philosophical perspective. In Part IV, five concepts of MINE -three aspects of time, ignorance, joint production, political responsibility and, power of judgment -are introduced to illustrate the MINE-approach by a concrete transformation problem, namely the river Emscher; which was the central sewer of the Ruhr area around 1900 and was completely renaturalized after several decades in 2020. In Part V, Malte Faber illustrates, again in the first-person perspective, the orientation of MINE through three messages on transformation. In an addendum, Part VI, we critically comment on the five-before-twelve rhetoric that is widespread especially in discourses of climate protection.