In diesem Beitrag wird die Frage beantwortet, welchen Stellenwert die politische Bildung in der gymnasialen Oberstufe in Deutschland hat. Das 2018 zum ersten Mal durchgeführte Ranking für politische Bildung vergleicht jährlich, wie viel politische Bildung Schüler:innen in allen Bundesländern erhalten. Dazu werden die rechtlich verbindlichen bildungspolitischen Vorgaben für die Verteilung von Unterrichtszeit in den sechzehn Bundesländern analysiert. Das diesjährige Ranking untersucht erstmals neben der Sekundarstufe I an allgemeinbildenden Schulen auch die gymnasiale Oberstufe in Deutschland. Die zentralen Ergebnisse für die Oberstufe werden in diesem Beitrag dargestellt und diskutiert.
Seit 2018 vergleicht das Ranking der Politischen Bildung jährlich, wie viel politische Bildung Schüler*innen der Sekundarstufe I in allen Bundesländern erhalten. Indem es die Stundentafeln der Bundesländer auswertet und die Wochenstundenzahl der Leitfächer der politischen Bildung vergleicht, schafft das Ranking Transparenz über politische Entscheidungen und deren Erfolg im Feld der politischen Bildung in der Schule. Der Beitrag bietet einen Einblick in die zentralen Ergebnisse des diesjährigen bundesweiten Ländervergleichs.
Das 3. Ranking Politische Bildung 2019 misst den Stellenwert der politischen Bildung in Schulen der Sekundarstufe I und liefert einen quantitativen Vergleich der Bundesländer. Der empirische Indikator für die Relevanz schulischer politischer Bildung ist die Stundentafelquote des Leitfaches der politischen Bildung. Sie erfasst, vereinfacht gesprochen, den Anteil politischer Bildung an der gesamten Lernzeit eines Bildungsgangs. [.] Die Bundesländer schneiden im Ranking Politische Bildung sehr unterschiedlich ab. [.] Das 3. Ranking vergleicht erstmals die Lernzeit für politische Bildung mit der verbindlichen Zeit für Berufsorientierung einschließlich Schülerbetriebspraktikum, die zur ökonomischen Bildung zählt. [.] Für die Demokratiebildung existieren weder verbindliche Maßnahmen noch verlässliche Zeitkontingente. Die Analyse der Daten zeigt erneut, dass die Bildungspolitik die sehr große Ungleichheit beim Erwerb von politischer Kompetenz und demokratischen Einstellungen in der Schule beseitigen muss. Das gilt auch hinsichtlich der Zeitressourcen für die politische Bildung und die Demokratiebildung im Vergleich zur obligatorischen Berufsorientierung. (DIPF/Orig.)
Das zweite Ranking Politische Bildung misst den Stellenwert der politischen Bildung in Schulen der Sekundarstufe I und liefert dazu einen Vergleich der Bundesländer. Der empirische Indikator für die Relevanz schulischer politischer Bildung ist die Stundentafelquote des Leitfaches der politischen Bildung. Vereinfacht gesprochen erfasst sie den Anteil politischer Bildung an der gesamten Lernzeit eines Bildungsgangs. Die Bundesländer schneiden dabei so unterschiedlich ab, dass von einer bundesweiten Gleichwertigkeit des Rechts von Kindern und Jugendlichen auf politische Bildung in der Schule keine Rede sein kann. [.] Das diesjährige Ranking vergleicht erstmals den Stellenwert des Leitfachs der politischen Bildung nicht nur für die Stundentafel insgesamt, sondern auch mit einzelnen Fächern, konkret mit Geschichte und mit Geographie. Darüber hinaus berechnet es den Anteil politischer Bildung am Lernbereich Gesellschaftswissenschaften. [.] Aus der Analyse der Daten ziehen die Autoren den Schluss, dass bildungspolitische Maßnahmen erforderlich sind, um die gravierende Ungleichheit beim systematischen Erwerb von politischer Kompetenz und demokratischen Einstellungen in der Schule zu beseitigen. (DIPF/Orig.)
Das 4. Ranking Politische Bildung 2020 misst erstmals auch den Stellenwert der politischen Bildung in der Berufsschule. Zugleich führt es den Ländervergleich für die allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I aus den Jahren 2017, 2018 und 2019 fort. Meist sinkt der Anteil politischer Bildung im schulstufenübergreifenden Vergleich in der Berufsschule. Elf Bundesländer gewähren hier weniger Lernzeit für Politik als in der Sekundarstufe I. In beruflichen und in allgemeinbildenden Schulen ist das Recht auf politische Bildung sehr unterschiedlich realisiert. Die Arbeits- und Lebenswelten der Auszubildenden, ihre Erfahrungen und Probleme bieten der politischen Bildung Chancen, die ihr in allgemeinbildenden Schulen fehlen. Die Bildungspolitik lässt sie aber weitgehend ungenutzt. Von einer Gleichwertigkeit der politischen Bildung über die Schulstufen, in Schulformen und Bundesländern kann keine Rede sein. Die Bundesländer schneiden im Ranking Politische Bildung in der Sekundarstufe I wie in der Berufsschule sehr unterschiedlich ab. Die Demokratie behandelt die jungen Bürgerinnen und Bürger bei der politischen Bildung sehr ungleich. Chancengleichheit beim Erwerb von Politik- und Demokratiekompetenz in der Schule steht nicht auf der Agenda der Bildungspolitik, dazu variieren die Lernzeiten für die politische Bildung zwischen den Bundesländern viel zu stark. Auch findet man in den Daten keine Anzeichen dafür, dass die Bundesländer auf den hinteren Plätzen im Ranking wenigstens zum Mittelfeld aufschließen wollen. Das betrifft vor allem Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Das 4. Ranking Politische Bildung enthält erstmals eine Fallstudie zum Fachlichkeitsniveau des Politikunterrichts in der Sekundarstufe I von Nordrhein-Westfalen. Man muss dem Fach Politik als Alleinstellungsmerkmal attestieren, dass sein Fachlichkeitsniveau überall, immer und mit Abstand am schlechtesten ist. (DIPF/Orig.) ; The 4th Ranking Civic Education 2020 measures the importance of civic education in vocational schools for the first time and it continues the state comparison for general lower secondary schools from 2017, 2018 and 2019. In most cases, the proportion of civic education in the cross-school comparison decreases in vocational schools. Eleven Länder allow less learning time for politics here than at lower secondary level. The right to political education is realised very differently in vocational and general education schools. The working and living environments of trainees, their experiences and problems offer opportunities for political education that are lacking in general education schools. However, education policy leaves them largely unused. There is no question of an equivalence of civic education across school levels, school types and federal states. In the ranking of civic education in lower secondary schools as well as in vocational schools, the federal states perform very differently. Democracy treats young citizens very unequally in civic education. Equality of opportunity in the acquisition of political and democratic competence at school is not on the agenda of education policy; learning times for political education vary far too much between the federal states for that. Nor does the data show any indication that the states at the bottom of the rankings want to at least catch up with the middle of the field. This applies above all to Bavaria, Thuringia and Rhineland-Palatinate. For the first time, the 4th ranking of civic education contains a case study on the level of professionalism of political education in lower secondary schools in North Rhine-Westphalia. It must be said that the subject of politics has the unique selling point of being everywhere, always and by far the worst. (Authors)