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In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, welche Chancen und Herausforderungen mit stationären Erziehungshilfen als Instanz sozialisierender Delinquenzbearbeitung einhergehen. Zwar ist davon auszugehen, dass es sich bei Delinquenz Jugendlicher in der Regel um ein ubiquitäres, passageres Phänomen handelt, welches in der Regel mit einer Spontanbewährung endet, zugleich werden jedoch für einige junge Menschen, deren Delinquenz ein bestimmtes Maß überschreitet, stationäre Jugendhilfemaßnahme installiert. Die Delinquenzbearbeitung durch stationäre Erziehungshilfen bietet jedoch aus sozialisatorischer Perspektive einige Fallstricke, die wir nachfolgend in den Blick nehmen.

In der vorliegenden Dissertation wird der Frage nachgegangen, inwiefern lntensivmaßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe aus der Perspektive junger Menschen zu Erziehungsorten werden können. Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit der zunehmenden Etablierung von sogenannten lntensivmaßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe, deren exakte Definition zwar unscharf bleibt, es sich häufig vielmehr um eine diffuse Oberkategorie von exklusiven sowie repressiven Maßnahmen handelt. Dieser repressive Zugriff auf junge Menschen evoziert jedoch Widersprüche: Im Rekurs auf Herman Nohl kennzeichnet Erziehung u.a. eine enge Beziehung zwischen Erziehenden und Zu-Erziehenden sowie die Anerkennung pädagogischer Autorität durch die Zu-Erziehenden. Sie ist weiterhin gekennzeichnet durch ein Technologiedefizit. Gleichzeitig ist Erziehung in Machtverhältnisse eingebettet, die sich sowohl auf die individuelle Ebene (Angewiesenheit kleiner Kinder auf Versorgung, emotionale Zuwendung) als auch auf die gesellschaftliche Ebene (sog. Orientierungsmittel, um sich in komplexen Gesellschaften zurechtzufinden) erstrecken. Erziehung zielt zugleich im emanzipatorischen Sinn auf die Auflösung des Erziehungsverhältnisses durch das Erlangen von Selbstständigkeit. Es stellt sich daher die Frage, inwiefern Erziehung in Abgrenzung von Dressur und Unterwerfung in repressiv ausgerichteten lntensivmaßnahmen überhaupt möglich ist. Dieser Frage wird in einer qualitativ-rekonstruktiv angelegten Studie aus der Perspektive der jungen Menschen nachgegangen. Dazu wurden junge Menschen aus einer freiheitsentziehenden bzw. einer offenen lntensivwohngruppe zu ihren Erfahrungen in der jeweiligen Einrichtung entlang eines Leitfadeninterviews befragt. Die erhobenen Daten wurden entlang der dokumentarischen Methode ausgewertet und in eine relative Typenbildung überführt. Auf der Grundlage der Daten ist die eingangs gestellte Frage nicht eindeutig zu beantworten. Vielmehr werden Spannungsfelder deutlich, die mit Blick auf die Frage, inwiefern lntensivmaßnahmen Erziehungsorte sein können, kritisch zu diskutieren sind. Zu diesen Spannungsfeldern gehören unter anderem die Frage nach Freiwilligkeit und Zwang, die Frage nach einer Befähigung zu einem eigenständigen Leben oder die Frage nach der Partizipation junger Menschen an den sie betreffenden Hilfeprozessen. Die Ergebnisse sind weiterhin einzuordnen in sozialpolitische Entwicklungen hin zu einem aktivierenden Sozialstaat, um einen Beitrag zur Professionalisierung Sozialer Arbeit zu leisten und einer Vereinnahmung durch den aktivierenden Sozialstaat entgegen zu treten.

Mit dem Band »Soziale Dienste und Glaubensgemeinschaften. Eine Analyse regionaler Wohlfahrtserbringung« werden zentrale Ergebnisse eines durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanzierten Forschungsprojekts vorgelegt. In den Blick genommen wurden sowohl historische als auch gegenwärtige Repräsentationen und Etablierungsprozesse von Glaubensgemeinschaften in den Pfaden regionaler Wohlfahrtserbringung. Ausgehend von einer netzwerk- und pfadanalytisch beschriebenen Verfasstheit glaubensgemeinschaftlicher Akteure wird ihre aktuelle Bedeutung angesichts gesellschaftlicher und wohlfahrtsstaatlicher Transformationsprozesse in drei sehr unterschiedlichen Regionen in Deutschland beleuchtet. Carolin Ehlke, M. A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin an der Stiftung Universität Hildesheim, Institut für Sozial- und Organisationspädagogik.