Muslimischer Nationalismus, Fundamentalismus und Widerstand in Pakistan: die Bewegung Jama'at-i-Islami
In: Islam - Moderne - Globalität Bd. 2
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In: Islam - Moderne - Globalität Bd. 2
World Affairs Online
In: Auslandsinformationen, Band 32, Heft 1, S. 8-25
World Affairs Online
In: Asien: the German journal on contemporary Asia, Band 132, S. 124-125
ISSN: 0721-5231
Pakistan und Israel wurden in der Literatur klassischerweise den new states/ nations zugeordnet, nachdem sie 1947 bzw. 1948 schrittweise in die Unabhängigkeit entlassen wurden. Die vorliegende Arbeit hat, unter Berücksichtigung des jeweils spezifischen kolonialen historischen Kontextes, das Element der Fremdherrschaft sowohl in der Selbstwahrnehmung der Staaten als auch im Prozess der Entwicklung einer "indigenen" Kulturnation zur Sprache gebracht. Territorial-politisch war die Transformation hin zu einem souveränen Staat ein einschneidendes Ereignis und bleibt bis heute auf allen im Projekt untersuchten Vergleichsebenen ein zentraler Bezugsrahmen. Bereits vor der Staatsgründung hatten sich ethnische, religiöse und politische Gegensätze gewaltförmig geäußert und sich unmittelbar nach Staatsgründung in Form von Kriegen fortgesetzt. Im Falle von Pakistan hat sich mit der politischen und konfessionellen Teilung des indischen Subkontinents der pakistanisch-indische Gegensatz etabliert und dauerhaft gefestigt. Dieser vielbeschworene Antagonismus hat sich in der 65-jährigen Geschichte des Landes am deutlichsten in drei Kriegen und weiteren gewaltsamen Auseinandersetzungen sowie der nuklearen Mobilisierung in 1998 und 2001/02 geäußert. Israels Unabhängigkeitserklärung und die starke Polarisierung zwischen Unterstützer-Kräften der ersten Stunde auf der einen, und einem arabisch und nicht-arabischen Block feindlicher muslimischer Staaten hat sich im wesentlichen bis zum heutigen Tage erhalten.Der Kashmir-Konflikt als regelmäßig wiederkehrendes Epizentrum des IndoPak-Konflikts ist, ähnlich der Konfliktmenge zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten und dem israelisch-palästinensischem Komplex genuin ein Territorialkonflikt. Im Hinblick auf die untersuchten Aspekte der Staatsideologie beider Länder wurde die steigende Diskursfähigkeit alternativer Deutungsansätze sowie der gesellschaftspolitische Einfluss ihrer Repräsentanten herausgearbeitet. Das markanteste Narrativ bietet hier die genuin religiöse Interpretation des Territoriums, des Staates und der Nation. Beide Staatsgründungen stützten sich auf eine ähnliche Argumentation, wonach die Glaubens gemeinschaft der Muslime auf dem indischen Subkontinent, ähnlich der zionistischen Bewe gung mit ihrer Idee eines Judenstaates eine sichere Heimstätte und staatliche Souveränität so wohl als Garant existentieller physischer Sicherheit als auch als Absicherung der eigenen wiederentdeckten kulturellen Tradition und ihrer neuen Elemente forderte. Diesem etablierten Narrativ sind die Beiträge neuerer Historiker und Soziologen kontrastiv gegenüberzustellen, da sie z.B. primär wirtschaftliche und politische Eliten als Hauptantriebskräfte hinter der Unabhängigkeit sehen. Deren insbesondere ethnische Zugehörigkeit habe, so das Alternativ-Narrativ, zukünftige Proporz- und Machtverhältnisse eingeleitet und etabliert. Die Rolle der Religion ist in beiden historischen Ereignissen der Staatsgründung zentral: Die Sakralisierung der Staatsidee, gefördert von der Gründungselite entgegen ihrer z.T. atheistischen Orientierung, sicherte die Unterstützung ehemals kritischer gesellschaftlicher Gruppen und insbesondere der religiösen traditionellen Eliten. Eines der Hauptproblemfelder beider Staaten ist im Spannungsverhältnis zwischen der Statusbestimmung der Religion in Opposition zu säkularer moderner Staatlichkeit zu sehen: Seit der Gründung wird dieser Konflikt am deutlichsten in der verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung zwischen religiöser und säkularer Interpretation. Die religiöse Legitimation des Staates und ihre ideologische Integration wurde zur Arena eines Kulturkampfes, in der sich religiöse Parteien und Gruppen auf die Religion als Staatsreligion berufen und die Übereinstimmung staatlicher Gesetze mit den Prinzipien von Qur'an und Sunna bzw. der Torah fordern. Genauso trägt der Status der Verfassung maßgeblich zum "theologischen Dilemma" beider Staaten bei. Verhandlungen über eine Verhältnisbestimmung der Religion in der Verfassung scheiterten angesichts der klaffenden Abweichungen zwischen säkularen und religiösen Entwürfen, die u.a. die Gottessouveränität einschlossen, bereits im Vorfeld der Staatsgründung. Israel verfügt über keine schriftlich fixierte Verfassung, einzelne Basic Laws sollen den Rahmen für eine spätere Ausarbeitung der Verfassung bilden. In Pakistan verlief der Kampf um eine demokratische Verfassung parallel zum politischen Machtkampf zwischen aufeinander folgenden Militärregimes und Versuchen der politischen Führung, ihre Autonomie zu wahren. Eigene Einrichtungen wachen in beiden Ländern über die Übereinstimmung staatlicher Gesetzgebung mit religiösem Recht und versuchen die Anforderungen des modernen öffentlichen Lebens mit den religiösen traditionellen Anforderungen zu harmonisieren. Innerhalb dieser staatlichen Institutionen macht sich seit den 1980er Jahren vermehrt ein sektiererischer Konflikt um die Partizipation unterschiedlicher Strömungen und die Deutungshoheit über die Rolle der Religion im Staat bemerkbar. Die Unterteilung des Rechtswesens in konkurrierende säkulare1434 und religiöse Gerichtsbarkeiten erweist sich vor allem in Personenstandsfragen als problematisch und birgt ein steigendes gesellschaftliches Konfliktpotential. Allgemein macht sich im Hinblick auf die Rolle und den Einfluss von Religion in Gesellschaft und Politik eine deutliche Abweichung bemerkbar: Während in der pakistanischen Öffentlichkeit die klassische Trennlinie zwischen dem Religiösen und dem Säkularen bereits vor der Gründung an der Überbetonung des Islam als zentraler Grundstein des pakistanischen Nationalismus an Schärfe verlor und durch innere und äußere Einflüsse spätestens seit den 1980er Jahren ein gesellschaftlicher Wandel hin zu einem öffentlichen religiösen Konservativismus erfolgte, weist Israel eine entgegengesetzte Entwicklung auf. Entgegen der fundamentalen Kritik am Säkularisierungsparadigma deutet der Querschnitt der verfügbaren Erhebungen an, dass sich eine deutliche Mehrheit der israelischen Gesellschaft nach ihrem Eigenverständnis als säkulare Juden sieht, welche zwar an kulturellen jüdischen Normen festhalten mag, jedoch eine öffentliche Rolle der Religion ablehnt. Allgemein weisen beide hochkomplexen Gesellschaften religiöse, ethnische und politische Fragmentierungen auf, welche Desintegration begünstigt. Trotz, oder gerade aufgrund staatlicher Integrationsbemühungen und ihrer Erstarrung in ideologischen Pfadabhängigkeiten, welche sich zunehmend immun gegen eine Anpassung an aktuelle Entwicklungen erweisen, werden die immanenten Interessengegensätze zunehmend über die Identitätspolitik alternativer nicht-staatlicher Anbieter und ihre Narrative artikuliert. In den institutionellen Rahmenbedingungen des modernen Staates liegen die Hauptunterschiede zwischen beiden Ländern: Pakistan weist eine der am schnellsten wachsenden und jüngsten Bevölkerungen der Welt auf mit derzeit rund 180 Millionen Menschen. Derzeit ist noch immer fraglich, ob sich die demokratisch legitimierte zivile Regierung bis zu den Wahlen im nächsten Jahr halten kann und damit als erste Regierung des Landes eine volle Legislaturperiode regieren wird. Politische Instabilität durch Militärinterventionen und Legitimationsdefizite der politisch-zivilen Elite ist in Pakistan endemisch. Starke Institutionen sind das Militär, die Zivilbürokratie sowie die landbesitzenden Feudaleliten. Dagegen verfügt Israel über eine Bevölkerung von knapp acht Millionen Einwohnern und hat trotz der starken Stellung des Militärs, welches vermehrt zu einem politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger sowie gesellschaftlich zur Schule der Nation wurde, die Autonomie der politisch-zivilen Machtsphäre gewahrt. Die "Geburt im Krieg", die anhaltende sicherheitspolitische Bedrohungslage und die staatliche Militarisierung (security state) sowie die Wehrhaftigkeit von Institutionen und Gesellschaft (securitization) weisen zudem signifikante Parallelen auf.
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In: Die Welt nach 9/11, S. 173-187
In: https://doi.org/10.7916/D8JQ16RZ
The modern states of Pakistan and Israel share common concepts in regard of state and nation just as in regard of civic and religious identity discourses. In addition to this they show significant parallels within those historic processes which led to their creation in 1947 and 1948 and thus provide an adequate basis in terms of a cross-country comparison. In spite of the secular visions of their founding movements a fertile ground based on religion provided the cultural basis for nation- and land-oriented ideologies. The creation of a homeland for a religious community and the thus connected civic identity of its citizens as a religious and nationalist synthesis form a contrast to the common character of the international community of states and reflect the search for a national identity. In terms of an intellectual exchange, basic ideas of the Jewish enlightenment influenced the claim of Muhammad A. Jinnah's Pakistan Movement for a sovereign Muslim statehood. Since both states offer a broad ideological platform which includes both, secular as well as religious interpretations, the project focuses on religious parties which try to implement theo-political models of a religious state parallel to the contemporary discourses on nation-building existing in these two states. The complex nucleus of nation, religion and politics demands an in-depth analysis of the concepts of partition, border and ethnicity and how they contradict the state's ideological core. Based on research data conducted in field-research in Pakistan, India and Israel this paper emphasizes the transformation of traditional religion-state tensions and cleavages, illustrated by a cross-country comparison within an institutional and sociopolitical framework of analysis.
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In: KAS international reports, Band 30, Heft 6, S. 98-118
Die Oppositionspartei Bharatiya Janata Party und ihr Spitzenkandidat Narendra Modi haben im Mai die Parlamentswahlen in Indien gewonnen. Das deutliche Votum drückt den Wunsch nach einer stabilen Regierung aus, die zuletzt von politischem Stillstand geprägt war. Welche Faktoren haben zum Wahlsieg geführt und vor welchen Herausforderungen steht der neue Premierminister? (KAS-Auslandsinformationen / SWP)
World Affairs Online
In: KAS-Auslandsinformationen, Band 30, Heft 6, S. 98-118
Der Beitrag der beiden Autoren liefert eine erste Analyse der indischen Parlamentswahl von 2014. Außerdem werden mögliche inhaltliche Schwerpunkte der neuen Regierung skizziert.
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Der Beitrag befasst sich mit den fünf Regionalwahlen in Delhi, Rajasthan, Madhya Pradesh, Chattisgarh und Mizoram. Bis auf die Wahlen in Mizoram musste die regierende Kongresspartei deutliche Niederlagen hinnehmen. In Delhi wurde die dort seit 1998 regierende Kongresspartei deutlich abgewählt und die Bharatiya Janata Party (BJP) starkste Kraft. Die erstmals bei einer Wahl angetretende Aam Aadmi Party (AAP), die aus der Anti-Korruptionsbewegung hervorgegangen ist, wurde auf Anhieb zweistärkste Kraft im Landesparlament. Sollte sich der Trend der Regionalwahlen auf bei der Parlamentswahl 2014 bestätigen, wird es das Parteienbündnis unter Führung der Kongresspartei sehr schwer haben, diese Wahlen erneut zu gewinnen.
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In: GIGA Focus Nahost, Band 1
"Nach der Ermordung der Oppositionsführerin Benazir Bhutto am 27. Dezember 2007 kam es in vielen Städten Pakistans zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Unruhen, die durch die Verschiebung der Wahlen zur Nationalversammlung auf den 18. Februar 2008 weiter geschürt werden. Am 28. November 2007 war Präsident Pervez Musharraf vom Amt des Armeechefs zurückgetreten und kam damit einer zentralen Forderung der USA und der Opposition nach. Die Beteuerungen des Präsidenten, freie und unverfälschte Wahlen einzuleiten, sind bloße Lippenbekenntnisse - selbst bei einem (unwahrscheinlichen) Wahlerfolg der zivilen Kräfte scheint höchstens eine durch das Regime gelenkte Demokratie möglich. In der Einschätzung, Pakistan befinde sich in einer innenpolitischen Krise, herrscht zwischen dem Regime, der Opposition, religiösen Gruppen, dem Militär- und Sicherheitsapparat sowie den zivilgesellschaftlichen Bewegungen Konsens. Dabei ist die gegenwärtige Lage, die durch die Ermordung Bhuttos eine neue Eskalationsstufe erreicht zu haben scheint, mehreren Einflussfaktoren geschuldet, die in dem anhaltenden Prozess der Staatswerdung Pakistans sowie dem vielfältigen Interessengemenge seiner politischen und gesellschaftlichen Akteure und deren Vorstellungen von einem säkularen oder religiösen Staatskonzept begründet liegen. Die Krise in Pakistan manifestiert sich in Vergangenheit und Gegenwart in drei Konfliktbereichen: erstens dem Wechselspiel zwischen religiös-konservativen Kreisen, die längerfristig eine Reislamierung verfolgen, und säkularen zivilgesellschaftlichen Kräften, die einen modern-demokratischen Staat fordern, zweitens dem Gegensatz zwischen einer militärisch-autoritären und einer zivil-demokratischen Staatsführung sowie drittens dem Streit um den Begriff von der pakistanischen Nation selbst, in den unterschiedliche antagonistische religiöse und ethnische Identitätskonzepte hineinspielen. Militär und Geheimdienst agieren als dominierende wirtschaftliche und politische Akteure, als 'Staat im Staate'; Führungspositionen in den wichtigsten Wirtschaftszweigen werden von Angehörigen der Streitkräfte kontrolliert. Anhänger eines theokratischen Staatsmodells konnten ihren Einfluss auf Politik und Gesellschaft stärken, wenngleich die genaue Verankerung des Islam in der Politik nach wie vor ungeklärt ist." (Autorenreferat)