In deutschen Schule werden junge Deutsche und junge Migranten mit unterschiedlichem ethnischen, kulturellen und polithistorischen Hintergrund gemeinsam über den Nationalsozialismus und den Holocaust unterrichtet. Der Beitrag nimmt diesen Tatbestand zum Anlaß für die Frage, was eigentlich die individuelle und kollektive Bezugnahme auf Geschichte bedeutet, bzw. wie sich Geschichtskonstruktionen in komplexen schulischen und familiären Bezügen konstituieren. An zwei Fallbeispielen werden die zentralen Aneignungsfiguren mit der Geschichte des Nationalsozialismus rekonstruiert. Für ausländische Schüler sind die Auseinandersetzungen mit der deutschen Vergangenheit eine Strategie für die Selbstverortung und Legitimitätssteigerung ihrer Existenz in der Bundesrepublik Deutschland. Auch im Rahmen einer ihnen eher fremden "Vergangenheitsbewältigung" versuchen die Jugendlichen sich als "ganz normale" Deutsche im Sinne deutscher Türken bzw. türkischer Deutscher zu sehen. (ICA)
In deutschen Schule werden junge Deutsche und junge Migranten mit unterschiedlichem ethnischen, kulturellen und polithistorischen Hintergrund gemeinsam über den Nationalsozialismus und den Holocaust unterrichtet. Der Beitrag nimmt diesen Tatbestand zum Anlaß für die Frage, was eigentlich die individuelle und kollektive Bezugnahme auf Geschichte bedeutet, bzw. wie sich Geschichtskonstruktionen in komplexen schulischen und familiären Bezügen konstituieren. An zwei Fallbeispielen werden die zentralen Aneignungsfiguren mit der Geschichte des Nationalsozialismus rekonstruiert. Für ausländische Schüler sind die Auseinandersetzungen mit der deutschen Vergangenheit eine Strategie für die Selbstverortung und Legitimitätssteigerung ihrer Existenz in der Bundesrepublik Deutschland. Auch im Rahmen einer ihnen eher fremden "Vergangenheitsbewältigung" versuchen die Jugendlichen sich als "ganz normale" Deutsche im Sinne deutscher Türken bzw. türkischer Deutscher zu sehen. (ICA).
European societies, albeit at different paces, have undergone profound changes in the fabric of their populations due to EU enlargement, European Citizenship, globalization and migration processes. Traditional concepts of citizenship and citizenship education in Europe have to be revised in the light of these developments. What are the challenges of Citizenship Education in Europe today? In search of answers, the focus of this volume are the conditions under which learning and living democracy in Europe may occur most effectively. Topics of discussions are various ways in which citizenship and citizenship education are defined, ranging from historical, political, and sociological analyses to country case studies, new educational concepts, and best practises.
Rezension von: Wolfgang Beutel / Peter Fauser (Hrsg.): Demokratiepädagogik: Lernen für die Zivilgesellschaft. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2007 (224 S.; ISBN 978-3-8997-4227-5; 19,80 EUR).
Geschichte hat eine wichtige Funktion bei der Ausbildung von Identität. Das gilt auch für jugendliche Migranten in der Bundesrepublik, die sich mit Nationalsozialismus und Holocaust als historischem Erbe des Einwanderungslandes auseinandersetzen und sich dieses auf vielfache Weise aneignen. Viola Georgis empirische Bestandsaufnahme antizipiert die demographische Entwicklung der deutschen Gesellschaft, in der sich neben vielem anderen auch der Zugang zur Geschichte verändern wird. Zuwanderungsgesetz hin oder her: Die Bundesrepublik Deutschland ist de facto ein Einwanderungsland. Seit 1945 hat ein stetiger Zustrom von Migranten - ob "Gastarbeiter", Bürgerkriegsflüchtlinge, Asylsuchende oder Spätaussiedler – zur ethnischen, kulturellen und religiösen Vielfalt der bundesdeutschen Gesellschaft beigetragen. Rund acht Millionen Menschen nichtdeutscher Herkunft leben derzeit in Deutschland, viele von ihnen in der zweiten oder dritten Generation. Die veränderte Zusammensetzung der Bevölkerung kann nicht ohne Auswirkungen auf Geschichtsbilder und Geschichtsbewußtsein bleiben. Viola Georgi geht in ihrem Buch der Frage nach, welche Bedeutung Nationalsozialismus und Holocaust - unbestritten die zentralen Ereignisse der deutschen Geschichte - für junge Migranten haben. Ist eine überwiegend ethnisch-national definierte deutsche Erinnerungsgemeinschaft überhaupt in der Lage, sich zu erweitern? Kann man andererseits von Einwanderern erwarten, daß sie das "negative Erbe" des Aufnahmelandes antreten? Kann die Geschichte des Nationalsozialismus in der pluralen deutschen Gesellschaft der Zukunft Bezugspunkt des nationalen Selbstverständnisses sein, ohne daß dabei eine deutsche Abstammungsgemeinschaft beschworen wird? Anhand detaillierter, narrativ orientierter Interviews mit Jugendlichen aus Einwandererfamilien untersucht die Autorin deren Geschichtsbezüge. Sie legt anschaulich dar, wie die jungen Leute die Geschichte des Nationalsozialismus biographisch bearbeiten, welche unterschiedlichen historischen Orientierungsmuster sich herausbilden, wie die jungen Migranten sich selbst positionieren und Zugehörigkeit(en) konstruieren. Daraus entwickelt sie auf der Grundlage relevanter wissenschaftlicher Arbeiten eine Typologie der Aneignung von NS-Geschichte und Holocaust. Abschließend bricht sie eine Lanze für zukunftsfähige pädagogische Konzepte in der historisch-politischen Bildung - unter Einbeziehung der heute meist sträflich vernachlässigten "Geschichtsgeschichten" der Lernenden selbst.
"Die deutsche Gesellschaft hat sich faktisch längst zu einer Einwanderungsgesellschaft gewandelt. Religiöse, kulturelle und ethnische Vielfalt prägen vielerorts den 'deutschen' Alltag. Was bedeutet diese 'neue' Vielfalt für den Umgang mit der deutschen Vergangenheit? Welche Perspektiven entwickeln Jugendliche aus Einwandererfamilien in der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust? Wie positionieren sie sich im Verhältnis zur Geschichte des Aufnahmelandes? Sind sie bereit, das historische Erbe der deutschen Gesellschaft anzutreten? Fragen eines veränderten und sich verändernden Geschichtsbewusstseins in einer multikulturellen deutschen Gesellschaft sind Gegenstand einer empirischen Studie zu den Geschichtsbildern junger Migranten." (Autorenreferat)
Der erste Band der Reihe "Migration, Diversity und Bildung" diskutiert Theorien, Modelle und Ansätze einer diversitätssensibel ausgerichteten Bildung und Bildungsforschung in der frühen Kindheit. Dabei führt er Fragen der Pädagogik der frühen Kindheit mit Fragen der Diversity Education zusammen und präsentiert aktuelle empirische Befunde. Ein besonderer Fokus liegt auf migrationsbedingter Diversität, vertieft an den Beispielen Mehrsprachigkeit und religiöse Vielfalt. Entsprechend werden Sprachbildung, inter-/multireligiöse Erziehung, vorurteilsbewusste bzw. rassismuskritische Bildung, Kindermedien sowie die Kooperation mit Eltern in den Blick genommen.
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Die sich migrationsbedingt rasant kulturell und sprachlich pluralisierende Schülerschaft in Deutschland findet in der Lehrerschaft bisher keine Entsprechung. Studien aus klassischen Einwanderungsländern legen aber nahe, dass Lehrende mit Migrationshintergrund zur Gestaltung von inklusiven, Mehrsprachigkeit reflektierenden und interkulturell orientierten Bildungsprozessen beitragen können und überdies als Rollenvorbilder dienen. Eine Erhöhung des Anteils an Lehrenden mit Migrationshintergrund erscheint als ein Schlüssel für mehr Integration, Teilhabe und Schulerfolg migrantischer Schüler und Schülerinnen. Die Studie greift diese Problemstellungen auf und unterzieht sie einer qualitativen und quantitativen empirischen Überprüfung. Eine Fragebogenerhebung mit 200 Lehrenden und 60 biographische Interviews sowie eine thematische Inhaltsanalyse ermöglichen eine dichte Beschreibung der spezifischen Bildungsbiographien sowie der schulischen Erfahrungen von Lehrenden mit Migrationshintergrund in Deutschland. Die Analyse des empirischen Materials erstreckt sich von den Erfolgsfaktoren über die Interaktion mit unterschiedlichen schulischen Akteuren, Umgang mit Mehrsprachigkeit und Heterogenität bis hin zu Erfahrungen von Diskriminierung in Bildungsinstitutionen. Damit ermöglicht die explorativ angelegte Studie eine erste Übersicht zum Selbstverständnis und Wirken von Lehrenden mit Zuwanderungsgeschichte an deutschen Schulen. Die Studie wurde gefördert von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung und der Zeit Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.
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