Formalistische Kritik an kybernetischer Sozialwissenschaft: oder wie M. T. Greven die Voraussetzungen seiner Kritik mit seinem kritisierten Gegenstand teilt
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 27, Heft 2, S. 318-326
ISSN: 0023-2653
Die Kritik bezieht sich auf den Aufsatz "Zur Konstitutionsproblematik politischer Theorie am Beispiel der kybernetischen Systemtheorie" in "Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie", 26. Jg., 1974, H. 1, in dem Greven gegen die systemwissenschaftliche Sozialwissenschaft am Beispiel kybernetisch geprägter Konzepte argumentiert. Die Verfasser gehen ein auf G.'s Auffassung von Systemtheorie und ihre Bedeutung für die Sozialwissenschaften, auf seine Bestimmung eines speziellen systemwissenschaftlichen Konzepts, des "Regelkreises", und dessen Nützlichkeit für eine Gesellschaftstheorie, und auf seine Hintergrundsauffassung zur Systemtheorie. G. geht von der Voraussetzung aus, daß eine formal-abstrakte Theorie nicht-empirisch sei. Systemwissenschaften blieben auf der Ebene des Abstrakt-formalen, seien idealer Natur und könnten deshalb nicht konkret-inhaltliche und empirische Sachverhalte charakterisieren. Diese Auffassung wird zwar von den meisten Systemwissenschaftlern geteilt, die Autoren wenden dagegen jedoch ein, daß diese Auffassung in der gegenwärtigen Diskussion nicht hinterfragt werde, der Grundlagenstreit in den Formwissenschaften erst untersucht werden müsse und die Diskussion der Leistung von Formwissenschaften in den Sozialwissenschaften von dem Standpunkt abhänge, den man im Grundlagenstreit von Mathematik und Logik einnehme. Die Verfasser kritisieren weiter die Dichotomisierung von Form und Inhalt bei G., seinen Formalismus, der Formbestimmungen nicht als lösungsträchtig für empirische Inhalte erachte. Dieser Formalismus könne seine Berechtigung erst durch Klärung des Grundlagenstreits erweisen. Die Autoren umreißen kurz ihren Standort in der Auffassung einer empirischen Formwissenschaft und der Interdependenz von Form und Inhalt. Abschließend wird die Behauptung G. 's zurückgewiesen, Regelkreise seien Zielsysteme. (HM)