Archaik in der Moderne: die Normalität der Korruption
In: Institutionen und sozialer Wandel: Festschrift für Prof. Dr. Klaus Plake zum 60. Geburtstag, S. 193-206
Korruption ist kein Straftatbestand und der der Korruption nächstverwandte Par. 332 StGB (Bestechlichkeit) ist für die Funktionsträger des Staates reserviert. In dieser juristischen Überspitzung setzt dem Autor zufolge die Bezeichnung "Korruption" eine institutionalisierte Trennung von öffentlich-staatlichen und privaten Besitzverhältnissen und Interessen voraus und wäre demnach ein Ereignis ausschließlich moderner Gesellschaften. Die Existenz von Korruption setzt ferner ein Mindestniveau der strukturellen Differenzierung eines politischen Apparats sowie der Entwicklung eines normativen Rahmens des öffentlichen Interesses voraus, das von den verschiedenen anderen oder privaten Interessen des Trägers einer öffentlichen Rolle unterschieden werden kann. Diese Rationalität bezieht sich auf den politischen Entscheidungsprozess, den Ausgleich konkurrierender politischer Interessen und die Verwaltung von Gerechtigkeit und Billigkeit innerhalb des Systems. Der Autor zeigt in seinem Beitrag weiterhin, dass bei der Definition der Korruption eine Überkreuzung von ökonomischen und politischen Sanktionen auftritt. In Fällen der Korruption erhalten Beamte, deren Verhalten nach allgemeiner Auffassung durch politische Normen geregelt ist, Geld- oder Sachzuwendungen. Als Gegenleistung gewährt der Beamte eine politische Gefälligkeit, z.B. eine Ausnahme von einer politischen Regelung, eine geschäftliche Lizenz usw. Mit anderen Worten: Bei der Korruption werden ökonomische gegen politische Belohnungen getauscht, so dass in diesem Sinne von einer "Normalität" der Korruption gesprochen werden kann. (ICI2)