Der Tagungsband möchte das interdisziplinäre Gespräch zwischen Sprach- und Rechtswissenschaft ein weiteres Mal und vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen anregen. Die hierfür ausgewählten Themen werden sowohl aus linguistischer wie aus juristischer Perspektive, d.h. von Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern sowie von Juristen beleuchtet: Verhältnis von Sprache, Recht, Öffentlichkeit und Politik, Kommunikation vor Gericht, eine z.T. sprach- bzw. rechtsphilosophische Sicht auf rechtsrelevante Äußerungen, Fragen der Auslegung inbesondere angesichts der verzweigten Intertextualität des Rechts, historische und aktuelle (auf die europäische Einigung zurückzuführende) Wandlungen von Rechts- und Sprachsystemen, der Nutzen der Linguistik für die Kriminologie sowie Ursachen und Lösungen für die Schwerverständlichkeit von Gesetzen.
Zunächst werden die absolutistischen Traditionen der Textsorte skizziert, die sich auf demokratische Verfassungen, insbesondere auf das Sprecher-Hörer-Verhältnis, komplizierend auswirken. Zu den überlieferten juristischen Funktionen treten in der Weimarer Reichsverfassung erstmals explizit auch politische und gesellschaftlich-symbolische Funktionen, deren Berechtigung im Verfassungsausschuss des Jahres 1910 anhand eines Textvorschlags von Friedrich Naumann kontrovers diskutiert wurde. Juristische und gesellschaftliche Rezeption eines Verfassungstextes mit einer entsprechend einseitigen Gewichtung der Textfunktionen treten damals und in der BRD nach 1945 zunehmend auseinander, so dass Verständnis und Bedeutung der Verfassung als säkularer Bibel in die Formulierung der neuen Länderverfassungen nach 1990 eingehen.
Ein Defizit der lexikographischen Methodologie liegt in der fehlenden Berücksichtigung der historischen, sozialen und politischen Gebundenheit von Wörterbüchern vor, obwohl die Wörterbuchkritik seit dem 19. Jh. immer wieder darauf aufmerksam gemacht hat. In der Perspektive der Benutzer besitzen Wörterbücher eine aspektenreiche kulturelle Semiotik, die mit dem hermeneutischen Charakter lexikologisch-lexikographischen Arbeitens zusammenhängt. Ausgehend vom Modell der Hermeneutik wird dafür plädiert, »Verstehenskompetenz« anstelle von »Sprachkompetenz« (des Linguisten) als Kategorie in die Theorie der Lexikographie einzuführen.
Der Beitrag behandelt einige herausragende Aspekte des Verhältnisses, das die in Deutschland lebenden Juden zur deutschen Sprache besaßen. Vor dem Hintergrund der allgemeinen, gesellschaftlichen und politischen Bedeutung, die Deutsch als Nationalsprache im Jahrhundert des Nationalismus besaß, werden sowohl Außen- wie Innenansichten des genannten Verhältnisses behandelt. Im Einzelnen sind dies: Akkulturation durch Sprache, Jiddisch, der Zugang zum sogenannten deutschen Sprachgeist, die von Juden besonders praktizierte Mehrsprachigkeit, ihre Übersetzertätigkeit, die Tätigkeit jüdischer Philologen und Sprachwissenschaftler und die Positionierungen gegenüber den Sprachtheorien ihrer Zeit. ; This article discusses the main aspects of the relation Jews living in Germany had with the German language. Before the background of the general social and political signification of German in the century of nationalism, internal as well as external views on this relation are dealt with: the acculturation through language, Yiddish, the accession to the so-called spirit of German, multilingualism frequent especially among Jews, their activities as translators, philologists and linguists and their position towards linguistic theories of their time. ; Cet article traite des principaux aspects du rapport qu'entretinrent avec la langue allemande les Juifs vivant en Allemagne. Sur l'arrière-plan de la signification sociale et politique générale de l'allemand comme langue nationale durant le siècle du nationalisme, ce sont à la fois les vues externes et internes de ce rapport qui sont abordées, c'est-à-dire: l'acculturation à travers la langue, le yiddish, l'accès au soi-disant esprit de la langue allemande, le multilinguisme pratiqué tout particulièrement par les Juifs, leur activité en tant que traducteurs, philologues et linguistes et leur positionnement par rapport aux théories linguistiques de leur époque.
Intro -- Inhalt -- Vorwort -- Sprachhistoriker als Soziologen. Über sprachwissenschaftliche Versuche zur Strukturierung sozialer Gemeinschaften -- Verhalten und Veränderung. Ansatzpunkte einer ethologischen Grundlegung sprachlicher Kulturgeschichte -- Individuelles Sprachverhalten und kulturelle Bedingungen in der deutschen Sprachgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts -- Vornamen und Kulturgeschichte -- Sprachgeschichte und Literatursprache -- Sprachpatriotismus und Sprachnationalismus. Versuch einer historisch-systematischen Bestimmung am Beispiel des Deutschen
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