Asiatische Brüder, europäische Fremde: Eugen Hoeflich und der 'panasiatische Zionismus' in Wien
In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft: ZfG, Band 60, Heft 7/8, S. 646-660
ISSN: 0044-2828
Der Verfasser untersucht den panasiatischen Zionismus, eine Idee, die in Wien nach dem Ersten Weltkrieg am Rande des deutschsprachigen Zionismus existierte und einige der Vorstellungen der panasiatischen Ideologie teilte. Der panasiatische Zionismus sah die Juden als Orientalen und den Zionismus als eine Rückkehr zu deren östlichen, asiatischen Quellen - eine Rückkehr aus Europa, jedoch nicht als Europäer. Er betonte die unbedingte Notwendigkeit für den Zionismus, Europa und dessen Charakter zurückzuweisen und ein arabisch-jüdisches Palästina als Teil von Großasien, einschließlich des Fernen Ostens, zu schaffen. Nach dieser Vorstellung sollten die Juden als orientalische Nation ihre Jahrtausende alte Verbindung mit Europa lösen und sich wieder in ihre ursprüngliche geografische, kulturelle und geistige Heimat einfügen - Asien. Die zentrale Figur des panasiatischen Zionismus war der in Wien geborene Schriftsteller, Dichter und Journalist Eugen Hoeflich alias Moshe Ya'akov Ben-Gavriel (1891- 1965). Auch wenn Hoeflich nicht der erste Intellektuelle war, der über das asiatische Wesen der Juden nachdachte, so war er doch sicherlich am aktivsten darum bemüht, aus den Gedanken ein politisches Programm zu entwickeln. Er bemühte sich nachdrücklich, Verbindungen zwischen dem Zionismus und anderen asiatischen Bewegungen herzustellen, insbesondere mit dem japanischen Panasiatismus. Die Entwicklungen in Japan hielt er für besonders vielversprechend für eine zukünftige gesamtasiatische Einheit. Die Analyse dieser fast vergessenen Aktivitäten und der ihnen zugrunde liegenden kulturellen und ideologischen Vorstellungen zeigt, dass es sich dabei nicht nur um eine kurzlebige orientalistische Fantasie handelt, sondern um ein instruktives Beispiel zeitgenössischen transnationalen Denkens und Handelns. (ICF2)