Vom Elend der Experten: zwischen Akademisierung und Professionalisierung
In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie: KZfSS, Band 34, Heft 2, S. 193-223
ISSN: 0023-2653
Der Anteil der Akademiker und Experten unter den Beschäftigten hat in den letzten 30 Jahren ständig zugenommen. Dieser Akademisierung und Verwissenschaftlichung steht jedoch die gegenläufige Tendenz der "Deprofessionalisierung" gegenüber. In jüngster Zeit wächst die skeptische Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber der Tätigkeit von Wissenschaftlern und Professionals. Ihr sozialer Status sinkt und die Zweifel in der Selbsteinschätzung wachsen. Die abwertende Haltung der Öffentlichkeit hat ihren Grund auch in wissenschaftsinternen Entwicklungen. Der Aufsatz analysiert die zahlenmäßige Ausdehnung der Experten und die verschiedenen Aspekte der Deprofessionalisierung: 1. Durch die Entwicklung der Computertechnik wurden zahlreiche Spezialberufe ersetzt. 2. Die Ausweitung der Akademisierung hat zu einer gewissen Deklassifikation der Akademiker auf dem Arbeitsmarkt geführt. 3. Die Einbindung der Professionals in bürokratische Strukturen wurde vielfach als Degradierung verstanden. 4. Unter dem Stichwort der "Partizipation" ist in den letzten Jahren die Kritik an der exklusiven Zuständigkeit und dem Einfluß der Vertreter professionellen Wissens gewachsen. Die Kernenergiedebatte hat diese Tendenzen verstärkt. Eine Quelle des Geltungsanspruchs der Experten ist die Wissenshaft selbst. So hat die Relativierung in der Einschätzung der Wissenschaften, die durch Thomas S. Kuhns Arbeiten über den Gang der wissenschaftlichen Entwicklung ausgelöst wurde, die Position der Wissenschaftler selbst betroffen. Sie müssen sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen, daß die Wissenschaft wieder das wird, was sie vor der Moderne war: ein esoterisches Geschäft, ohne besondere öffentliche Förderung. (KA)