Die nationale Zurichtung des Bürgers: Aspekte zu Ethnizität und Nation in der Revolution von 1848
In: Vom "Reich der Freiheit ...": Liberalismus - Republik - Demokratie 1848-1998, S. 85-114
Der Verfasser fragt nach der "nationalen Zurichtung des Bürgers" in Österreich im Revolutionsjahr 1848. Während es den Deutschen und Ungarn im österreichischen Vielvölkerstaat in erster Linie um Freiheit, Verfassung und bürgerliche Rechte ging, bedeutete die Revolution für die übrigen Völker zusätzlich den Wunsch nach einer Emanzipation vom deutschen Zentralismus. Im - parallel zur Frankfurter Nationalversammlung existierenden - österreichischen Reichstag fand eine organisierte Debatte über die Frage von Nation und Ethnizität statt. Die Kremsierer Verfassung enthielt moderne Regelungen zum Minderheitenschutz. Während auf der Ebene der politischen Ideen und der Verfassung jedoch auf eine eindeutige ethnisch-nationale Zuordnung Wert gelegt wurde, bot sich auf individueller Ebene die Möglichkeit der Mehrfachidentität. Das neue Konzept "Nation" konnte sich gegen traditionelle Orientierungen vielfach nicht durchsetzen. Auch Vereine bildeten nicht nur Orte nationalen Denkens, sondern auch Begegnungsmöglichkeiten verschiedener Sprachgruppen. Die Emanzipation der Nationalitäten war die Übertragung des Prinzips der rechtlichen Gleichstellung der Individuen auf die Ebene der Ethnien. (ICE2)