Kognition: Zuschreibungs-, Wahrnehmungs- und Sinngebungsprozesse im Organisieren - Sensemaking in Organisationen - Formale Strukturelemente im Staatsapparat der DDR - Differentielle Transformation - Die distanzierende Verwaltung - Die affirmative Verwaltung - Wissensgenese in Organisationen: Geplanter Wandel oder Evolution organisationaler Wissensstrukturen?
In ihrer Fallstudie untersucht die Autorin das Thema, welche Transformationsleistungen politisch-administrative Verhandlungssysteme bei der Risikoregulierung erbringen. Gerade am Beispiel der industriellen Altlasten läßt sich eine Regulierungsform aufzeigen, die im föderativen System der alten Bundesrepublik seit langem gang und gäbe ist: Die der Politikverflechtung zwischen Bund und Ländern. Im folgenden untersucht die Autorin an einem konkreten Fall im Bundesland Sachsen die Funktionsweisen der westdeutschen Tradition politischer Regulierung aus risikosoziologischer Perspektive. Empirische Grundlage sind Daten, die durch teilnehmende Beobachtung, Interviews und Dokumentenanalyse im Zusammenhang mit der Sanierung eines ehemaligen Hüttenkombinates gewonnen worden sind. Die Verfasserin legt dar, daß "Problemlösen" oder "Kooperation" im Regulierungsprozeß lediglich als zufälliges Produkt der Konvergenz von Risiko- und Chancendefinitionen der Verhandlungsteilnehmer erscheint. Insbesondere zeigte sich, daß die Treuhandanstalt niemals eine Vermittlerrolle ausfüllen konnte, da das Land es immer vorzog, mit dem Bund in direkte Verhandlungen einzutreten. (ICC2)
In: Die Verwaltung des politischen Systems: neuere systemtheoretische Zugriffe auf ein altes Thema ; mit einem Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen Niklas Luhmanns 1958-1992, S. 108-125
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist die Frage, ob das Phänomen riskanter Entscheidungen auch eine neuartige Herausforderung für die Verwaltung darstellt. Wenn dem so ist, dann liegt die Vermutung nahe, daß die alten Lösungen versagen. Diese Fragestellung wird in vier Schritten abgehandelt, indem (1) der Risikobegriff diskutiert wird, um dann (2) danach zu fragen, inwieweit die Nutzung außeradministrativer Verhandlungsysteme und "Konfliktvermittlern" als "Risikotechnologie" moderner Verwaltungen bezeichnet werden kann. (3) Es wird das Modell mittlerunterstützter Entscheidungsfindung auf seine Brauchbarkeit zur Bearbeitung von Risikokonflikten untersucht. (4) Diskutiert wird abschließend die Frage, ob Konzepte des partizipativen, "konsensualen" Verwaltungshandelns eine Antwort auf die Probleme riskanten Entscheidens bereithalten. (pmb)
Verlagsinformationen: Eine soziologische Reflexion des Verhältnisses von Risiko und Gesellschaft hat erst vor wenigen Jahren eingesetzt. Seitdem vollzog sich ein bemerkenswerter Aufschwung der Risikosoziologie, die sich in der deutschsprachigen Literatur zunächst mit der Klärung ihres theoretischen Standorts beschäftigt hat. Eine theoretisch angeleitete, systematische Untersuchung ausgewählter Gegenstandsbereiche ist demgegenüber eher selten zu finden und bedarf noch erheblicher Forschungsanstrengungen. Dazu möchte dieser Band einen Beitrag leisten. Die hier versammelten Aufsätze konzentrieren sich auf den Gegenstandsbereich technisch-ökologischer Risiken, deren adäquate Bearbeitung ein weitgehend ungelöstes Problem darstellt, und sie verfolgen das Ziel, theoretische Einsichten der Risikosoziologie und konkrete Fragen der regulativen Bewältigung technisch-ökologischer Risiken zueinander in Beziehung zu setzen.Dabei werden sowohl unterschiedliche Regulierungsbereiche (Umweltaltlasten, Gentechnik, Klimawandel etc.) als auch unterschiedliche Regulierungsinstrumente (Grenzwerte, Mediationsverfahren, Versicherungen etc.) berücksichtigt. Mit dieser Ausrichtung wendet sich der Band nicht nur an ein soziologisches Fachpublikum, sondern auch an benachbarte Disziplinen, insbesondere die Politik- und Rechtswissenschaft, die sich ebenfalls mit Fragen der politischen Risikoregulierung beschäftigen.
Die Autorin diskutiert die Problematik der Korruption aus systemtheoretischer Perspektive. In der Realität lässt sich ihrer Meinung nach beobachten, dass wirtschaftliche Entscheidungen nicht nur ökonomisch begründet werden, sondern dass politische und soziale Faktoren mit in den Entscheidungsprozess einfließen. Auf der Ebene des Systemtyps "Organisation" lässt sich diese funktionale Differenzierung jedoch nicht immer aufrechterhalten. Zwar haben die meisten Organisationen eine Primärorientierung an einer Funktionslogik, der sie dann auch zugerechnet werden, jedoch sind Organisationen nicht entlang der Codierung von Funktionssystemen ausgerichtet. Geht man von dieser Primärlogik aus, dann bezeichnet Korruption - so die These der Autorin - die Verknüpfung unterschiedlicher Sinnhorizonte der Kommunikation und den Missbrauch für eine andere Sinnlogik. Die Korruption kann somit als ein Fall des Scheiterns funktionaler Differenzierung beschrieben werden, und zwar auf der Ebene von Organisation und Netzwerk. Mit der Aufdeckung dieser strukturellen Affinität von Korruption und Netzwerk erarbeitet die Autorin einen Vorschlag, an dem eine systemtheoretische Betrachtung von Korruption als Netzwerkphänomen ansetzen kann. (ICI2)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, S. 3225-3234
"Eine in der Organisationssoziologie prominent gewordene Sichtweise auf Organisationen ist mit dem Begriff 'Organisationskultur' verbunden. Was man als 'verschieden' beobachten kann, lässt sich in dieser Perspektive als Reproduktion kultureller Unterscheidungen beschreiben - als Mechanismus der Ausdifferenzierung von Organisationen. Von anhaltendem Interesse ist dabei die Frage, auf welche Weise sich das, was hier mit 'Kultur' umschrieben wird, in eine Theorie der Organisation einarbeiten lässt. Der Vorschlag der Verfasserin besteht darin, den Zugriff über kulturelle kognitive Schemata zu wählen. Man landet dann bei einer wissenssoziologischen Neubeschreibung der Organisation, die auf die unentscheidbaren Voraussetzungen des Entscheidens rekurriert." (Autorenreferat)
"Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik stellt sich die Frage, wie der Prozeß der Etablierung neuer organisatorischer und institutioneller, insbesondere rechtlicher Verwaltungsstrukturen im konkreten Verwaltungshandeln vollzogen wird. Anpassungsleistungen administrativer Organisationen an ihre gesellschaftliche Umwelt werden in der soziologischen Diskussion in der Regel als zeitlich verzögertes Nachholen gesellschaftlicher Entwicklungen interpretiert. In den neuen Bundesländern haben wir es mit einer anders gelagerten, vielschichtigeren Konstellation zu tun. Der westdeutschen Rechtsordnung, verstanden als System normativer und kultureller Orientierungen, kommt im Transformationsprozeß eine Schrittmacherfunktion für den sozialen Wandel zu. In aktuellen Rechtsanwendungsprozessen haben ostdeutsche Kommunalverwaltungen hierbei Bewältigungsleistungen zwischen vergangenen und künftigen Handlungsanforderungen zu erbringen. Das beobachtbare Verwaltungshandeln sieht sich somit widersprüchlichen Erwartungen ausgesetzt. In der Anwendung und Nutzung von Recht hat es zwischen (geltender westlicher) Rechtsordnung und (sozialistisch geprägter) Rechtskultur zu vermitteln. Die daraus hervorgehende These ist: Im Prozeß der Rezeption der westdeutschen Rechtsordnung bilden ostdeutsche Kommunalverwaltungen eine Verwaltungskultur aus, die weder in der normativem Vorstellung rechtsstaatlicher Verwaltung aufgeht noch als bloße Fortsetzung "alter" Handlungsformen der DDR-Verwaltung verstanden werden kann. Rezeption von Recht erfolgt in unterschiedlichen Formen der interpretativen Neuschöpfung von Normen durch Rechtsangleichung in einem pragmatischen Sinne." (Autorenreferat)