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KörperNormen - KörperFormen: Männer über Körper, Geschlecht und Sexualität
In: Kultur.Wissenschaft 4
Dylan Evans: Wörterbuch der Lacanschen Psychoanalyse.: Aus dem Englischen von Gabriella Burkhart. Wien: Turia + Kant 2002. ISBN 3-85132-190-1. 383 S. Preis: € 40,--
Die freudsche Psychoanalyse hat eines. Die kleinianische Psychoanalyse hat eines. Nun hat auch die lacanianische Psychoanalyse eines: ein Wörterbuch (in deutscher Sprache). Damit sind die drei psychoanalytischen Hauptrichtungen benannt. Auch wenn alltagssprachlich von der Psychoanalyse die Rede ist, sind wir mit unterschiedlichsten psychoanalytischen Schulen und Konzeptionen konfrontiert, die sich mehr oder weniger aus der freudschen triebtheoretischen Tradition entwickelt haben. Das Vokabular der Psychoanalyse von Jean Laplanche und Jean-Bertrand Pontalis (1967, deutsche Übersetzung 1972) gilt als Einführungslexikon für die freudsche (triebtheoretische) Psychoanalyse. (Pontalis veröffentlichte Zusammenfassungen früher "Seminare" Lacans.) Robert Hinshelwood brachte das Wörterbuch der kleinianischen Psychoanalyse (1989, deutsche Übersetzung 1993) heraus, in dem er die wichtigsten Konzepte Melanie Kleins und postkleinianischer TheoretikerInnen (etwa Wilfred Bion) darstellt. Beinahe pünktlich zum 100. Geburtstag Jacques Lacans (1901 - 1981) erschien nun die deutsche Übersetzung des 1996 veröffentlichten Introduction Dictionary of Lacanian Psychoanalysis, die Lacans "strukturale Psychoanalyse" sehr systematisch und gut lesbar darstellt. Lacans Werk wird in der österreichischen traditionellen klinischen Psychoanalyse vernachlässigt. Wenngleich die klinischen Beiträge bezüglich Psychosen auch hierorts an Bedeutung gewinnen. Nur einzelne Zirkel wie etwa die Neue Wiener Gruppe/Lacan Schule (siehe www.lacan.at) beschäftigen sich ausführlich mit seinen Schriften, deren Bedeutung weit über den klinischen psychoanalytischen Bereich hinausgeht. Lacans "strukturale Psychoanalyse" kann auch als Rückbesinnung auf Freuds Texte und Relektüre derselben (insbesondere seiner frühen Schriften) verstanden werden. So kommt etwa der Bedeutung der Sprache und des Bildes zentraler Stellenwert in Lacans Schaffen zu. Bereits Sigmund Freud verstand den "Zauber der Worte", Bildhaftes war nicht sein Medium. Lacan führte diesen Gedanken weiter, indem er Menschen generell als "Sprechwesen" betrachtete, deren Unbewusstes wie Sprache strukturiert ist. Lacan sah speziell Freuds Traumdeutung (1900) als grundlegendes Werk für Linguistik und Sprachwissenschaften an, da seine Konzepte der "Verdichtung" und "Verschiebung" zu den linguistischen Begriffen von "Metapher" und "Metonymie" wurden (vgl. Helga Gallas: Das Textbegehren des Michael Kohlhaas, 1981). Lacans Vorliebe für die Avantgarde, die surrealistische Bewegung und die Psychiatrie sind bekannt. Bisweilen wurde er auch aus diesen Richtungen mehr beachtet und anerkannt als von der psychoanalytischen Gesellschaft. Seine kritische Position gegen die seines Erachtens unpolitische Haltung einer Ich-Psychologie, die er als Anpassungsinstrumentarium ortete, sein unorthodoxer Umgang mit dem psychoanalytischen Setting, trugen ihm Kritik ein. Nach jahrelangen Querelen gründete er 1964 die Ecole Freudienne de Paris. Lange Zeit beschäftigte er sich mit Hegels Philosophie, später mit Heidegger. Zunehmende Bedeutung erhielten Lévi-Strauss und Saussures Linguistik. Althusser holte Lacan in den Sechzigern in die Ecole normale superieur, wo er weiterhin seine 1951 begonnenen "Seminare" hielt. Nicht nur dieser Rückgriff auf Sprache und Bild macht die lacansche Psychoanalyse außerhalb der traditionellen klinischen psychoanalytischen Beschäftigung so attraktiv. Lacans eigene Vorliebe für Transdisziplinarität bietet vielfältige Referenzpunkte. Seine Konzepte spielen eine große Rolle innerhalb verschiedener geistes-, kulturwissenschaftlicher sowie kunsttheoretischer Bereiche. Über den Zugang seiner zentralen Kategorien des "Realen", "Symbolischen" und "Imaginären" (R-S-I) können die Zeichen des Unbewussten auf unterschiedlichsten Ebenen dargestellt werden. Diese Kategorien ermöglichen eine psychoanalytische Medientheorie, in der Individuum, Kultur und Kunst eigens in Verbindung gesetzt werden können. Auch diese Kategorien knüpfen an Freud an, sie haben ihre Referenz in den beiden topologischen Modellen des "Psychischen Apparats". Zentrale Konzepte Lacans wie jenes des "Spiegelstadiums" schufen weitere wesentliche Anknüpfungspunkte für kultur- und kunsttheoretische Auseinandersetzungen. Der Zugang zu Lacans Texten ist durch mehrere Umstände erschwert. Zahlreiche "Seminare" wurden von Lacan nicht verschriftlicht und kursier(t)en teilweise als nichtautorisierte Mitschriften einiger StudentInnen. Bis heute sind seine "Seminare" nicht zur Gänze publiziert. Lacans Abneigung gegen Übersetzungen ist bekannt. Zudem nahm er Bezug auf unterschiedlichste Disziplinen wie etwa die Linguistik, die von der klinischen Psychoanalyse weit entfernt sind. Eine Anmerkung zur Universitätspolitik: Lacans Ecole ermöglichte die Verankerung von Psychoanalyse an der Universität. In Zeiten der Verflachung klinischer psychoanalytischer Inhalte durch Krankenkassenregelung und profitabler Ausbildungsmärkte scheint dies nicht unwesentlich zu sein. "Die etwa 200 Stichworte dieses Wörterbuchs führen zu den wesentlichen Strukturen des Lacanschen Denkens und erläutern die historischen und psychoanalytischen Wege von Freud zu Lacan." In auffallend verständlicher Weise werden Begriffsklärungen bzw. Erläuterungen lacanscher Konzepte gegeben. Wesentliche Kritikpunkte, die manche Konzepte hervorgerufen haben, werden im Anschluss der Erläuterung ebenso diskutiert. Beispielsweise Lacans Definition des "Phallus" im Vergleich zum "Penis". Was Sigmund Freud noch nahezu synonym verwendet hat, bildet bei Lacan ein Paar unterschiedlich definierter Begriffe. Im Gegensatz zu Jandls "Phallus klebt allus" spaltete das Konzept des Phallus feministische Rezeptionen einerseits und brachte ihm andererseits Derridas Vorwurf des Phallozentrismus ein. Das Wörterbuch stellt Lacans Referenz zu Texten Sigmund Freuds, aber auch Hegels oder Saussures dar. Eine Auflistung der 27, teils noch unveröffentlichten Seminarreihen, bietet einen interessanten Überblick über sein Werk. Graphiken, Formeln und Tabellen tragen zur Veranschaulichung und zum Verständnis lacanscher Begrifflichkeiten bei. Neben der inhaltlichen Entwicklung, den Rückgriff auf Referenzdiskurse wie die Linguistik oder Mathematik erhalten LeserInnen auch Einblick in die institutionellen Gegebenheiten dieser bewegten Zeit. Ein kurzer Überblick über Lacans Biographie ergänzt das Wörterbuch. Dieses Werk ist leicht lesbar für Interessierte unterschiedlichster Disziplinen und nicht nur auf psychoanalytisch versiertes Zielpublikum ausgerichtet. Das Wörterbuch stellt zweifellos eine gute Ergänzung zu einführenden Texten wie jenen Bruce Finks (1999), Juan-David Nasios (1999) oder Peter Widmers (1997) dar. Dylan Evans ist u.a. lacanianischer Psychoanalytiker. Zur Biographie, wissenschaftlichen Karriere und den Publikationen von Dylan Evans siehe: http://www.dylan.org.uk
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Eveline Kilian und Susanne Komfort-Hein (Hg.): GeNarrationen. Variationen zum Verhältnis von Generation und Geschlecht.: Tübingen: Attempo 1999. 250 S. ISBN 3-89308-307-3. Preis: ATS 423,--/DM 58,--/sfr 56,--
Wie der Titel bereits ankündigt, bilden Generation und Narration die wesentlichen Anliegen dieses Sammelbandes. Er beinhaltet ein Erzählen über Generationskonzepte aus unterschiedlichen Perspektiven. Der Sammelband ist aus einer Ringvorlesung zum Thema Generation und Geschlecht (Tübingen 1998) hervorgegangen. Die in ihm enthaltenen Artikel beleuchten Generationsverhältnisse aus transdisziplinären Blickwinkeln, diese sind in drei große Themenbereiche mit je unterschiedlichen Schwerpunkten gegliedert: Der erste Bereich beschäftigt sich mit medialen Repräsentationen von Generationen aus der Geschlechterperspektive sowie deren Auswirkung auf Identitätsbildung und Erinnerungsstiftung. Der thematische Bogen umfasst beispielsweise Altersrepräsentationen in Medien, Generationserfahrungen britischer MigrantInnen oder Erinnerungen an Tübinger Erzählcafés in den dreißiger Jahren. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der Struktur von Generationenbeziehungen im Kontext unterschiedlicher Institutionen. So werden die ersten britischen Frauencolleges unter diesem Aspekt beleuchtet, biographische Interviews werfen ein Licht auf die Bildung von Vorbildern. Am Beispiel des Mentoring-Modells werden Generationsbeziehungen von Frauen in Organisationen nachgezeichnet. Der dritte Komplex umfasst Aufsätze zum Thema Interpretationen markanter Wendepunkte der deutschen Nachkriegsgeschichte unter dem Generations- und Geschlechteraspekt. Anhand ausgewählter Texte werden Themen wie die soziale Konstruktion von NS-Vergangenheit oder der Mythos der 68er-Generation beschrieben. Die Ereignisse um 1989 bilden den Hintergrund eines literarischen Dialogs zwischen Christa Wolf und Anna Seghers. Der Sammelband verfolgt insbesondere zwei Richtungen: "Erstens gilt das Augenmerk speziell den generationenspezifischen Erfahrungen von Frauen, so dass das Generationskonzept zu einer 'Erforschung und Traditionsbildung unter Frauen' herangezogen wird." Zum zweiten geht es um einen Vergleich männlicher und weiblicher Perspektiven und die Geschlechterdifferenz. Der Hintergrund Es wird davon ausgegangen, dass das Verhältnis zwischen jungen und alten Menschen ein äußerst angespanntes ist. Diese Anspannung werde durch Politik, Medien und andere Einflüsse vorangetrieben. Im Zuge der Pensionsdebatten etwa wird wiederholt festgehalten, dass Menschen immer älter werden und der Prozentsatz an älteren Menschen größer wird - besonders Frauen sind davon betroffen. Dies wirft u.a. ökonomisch-sozialpolitische Fragen auf. Am Arbeitsmarkt erleben wir eine gehipte Polarisierung von jung-dynamisch versus alt-teuer. Alt wird gegen jung ausgespielt. Kommt es zunehmend zu einer konflikthaften Polarisierung, die den Blick verengt? Das Buch ist ein Versuch, zwischen den Generationen verbindende Kommunikation herzustellen: Welche Wertschätzungen und gegenseitigen Austauschmöglichkeiten sind neben den Abgrenzungsmechanismen zwischen den Generationen zu orten? Die Publikation unternimmt vorneweg eine Diskussion des inflationären Begriffes "Generation". Ist dieses überladene Konzept (dennoch) zu gebrauchen? Was macht seinen Erfolg aus? Welche Mythen werden damit geschrieben? Welche kollektiv wie individuell identitätsstiftende Funktion beinhaltet diese Konstruktion? Längst nicht mehr gilt die Definition der Ablösung sogenannter Alter durch Junge. Generationen umfassen mittlerweile immer kürzer werdende Zeitabstände und erfahren Begriffserweiterungen wie beispielsweise "Zweite Generation und kulturelle Identität" oder "Generation und Prozesse der Berufswahl". Wer kennt sie nicht die 68er-Generation, die Generation X, die Golf Generation - und wer kennt sie wirklich? Wofür stehen diese Konstrukte, basierend auf der Kategorie "Generation"? Sie schaffen Ordnung in unseren Köpfen und geben vor, was von welcher Generation zu halten ist. Sie schaffen jedoch auch identitätsstiftende Orientierungen - bisweilen erst nachträglich. "Angesichts der wachsenden Dynamik geschichtlicher Erfahrungen werden in immer kürzeren Abständen neue Generationszusammenhänge evoziert, die eine, wenn auch nur flüchtige, Gruppenzugehörigkeit etablieren, ein Wir-Gefühl erzeugen, ein eigenes Territorium abstecken können." Die Versprechen des Eingangskapitels machen neugierig, werden jedoch von den einzelnen Artikeln ungleich eingelöst. Die Aufsätze in diesem Band sind - wie könnte es anders sein - sehr verschieden in bezug auf Zugangsweisen und ihre Ausrichtungen. Großteils verfahren sie deskriptiv-phänomenologisch. Wer sich eine analytische Zugangsweise oder Erklärungen erwartet, wird nicht ganz auf seine Rechnung kommen. Wenn da etwa die Rede davon ist, der Generationskonflikt sei in erster Linie ein Kommunikationskonflikt. Die Sprache spricht sich selbst, ihr ist das Unbewusste eingeschrieben. Die Konfliktgenese wird an anderen Orten zu suchen sein. So bleiben manche Arbeiten eher in der Tradition der Frauenforschung. Sie beschreiben Lebensverhältnisse von Frauen unter Einbeziehung der Kategorie "Geschlecht", ohne jedoch eine Genderperspektive miteinzubeziehen. Diese würde bedeuten, die Alltagspraxen von Generation bei Frauen und Männern nachzuzeichnen und zu einer diskursiven Zusammenführung zu bringen. Die Stärke der Aufsatzsammlung besteht meines Erachtens darin, dass sie die Kategorie "Generation" - zumindest weitgehend - als Konstrukt denkt und dass z. B. "Alter" ebenfalls auf die Kategorie "Geschlecht" hin beschrieben wird. Auch wenn die Zentrierung um die Kategorie "Geschlecht" als solche vielleicht erklärungsbedürftig ist, bietet sie dennoch die Grundlage hegemonialer Machtverteilungen in unserer Kultur. Keineswegs entbindet die Einbeziehung der Kategorie "Geschlecht" jedoch von der Fragestellung nach den Funktionsmechanismen der Geschichtsschreibung. Geht es "nur" darum, der "männlichen Linken" um Rudi Dutschke und Co. die Etablierung der zweiten Frauenbewegung gegenüberzustellen? Die Aufsatzsammlung gewährt außerdem Einblicke in individuelle Verarbeitungsmechanismen von Generationszusammenhängen etwa mittels biographischer Interviews wie auch kollektiver Zusammenführungen. Insgesamt lebt der Sammelband von seiner transdisziplinären Mischung und wirft interessante, teilweise kritische Aspekte auf die den Generationskonzepten eingeschriebenen Geschlechterverhältnisse.
BASE
Obskure Differenzen: Psychoanalyse und Gender Studies
In: Diskurse der Psychologie