Die Debatte um direkte Demokratie in Deutschland wird von einem Mythos beherrscht. Besonders Rechtspopulisten und Bürgerproteste propagieren das Bild einer elitenfreien, sachlichen und demokratischeren Politik durch Volksrechte. Tatsächlich aber ist direkte Demokratie eng mit Interessengruppen und Parteien verbunden und auch die Schweiz taugt nicht als Vorbild. Das Buch zeigt wie direkte Demokratie jenseits des Mythos funktioniert. Passgenau konstruierte Referenden könnten Reformfreudigkeit, Transparenz, Verantwortlichkeit, Politisierung und Legitimation der repräsentativen Politik erhöhen – wenn direkte Demokratie, dann richtig.
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Innovation, Dynamik und eine gewisse Veränderungsbereitschaft der Bürger sind unerlässliche Faktoren für die Reformfähigkeit eines Staates, der stetiges Wachstum sowie Wohlstand generiert. Doch immer häufiger kommt es vor allem bei öffentlichen Infrastrukturprojekten zum Phänomen des "Wutbürgers", der jeglichen Reformvorschlägen kritisch gegenübersteht und Veränderungen kompromisslos ablehnt. Laut einer Befragung der Gegner des Frankfurter Flughafenausbaus ist eine Kultur der Misstrauensgesellschaft entstanden, die es vorher so nicht gegeben hat. Die von den Politologen Prof. Dr. Eike-Christian Hornig und Jan-Bernd Baumann, beide Justus-Liebig-Universität Gießen, erstellte Studie auf Basis einer durch das Institut infratest dimap durchgeführten Umfrage deutet auf eine geringe gesamtgesellschaftliche Repräsentativität der Protestierenden hin: Die Demonstranten sind neuerdings älter, formal überdurchschnittlich gebildet und verfügen über ein großes Zeitbudget.Bisher hat man gerade in dieser Gesellschaftsschicht eine tragende Säule der Demokratie vermutet. Statt sich jedoch für andere - beispielsweise mit der Forderung nach Minderheiten- oder Artenschutz - einzusetzen, dominiert bei dieser Protestbewegung das Eigeninteresse. Die dadurch aufkommende Frage nach einer Krise der repräsentativen Demokratie vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung bildet den theoretischen Rahmen für die wissenschaftliche Diskussion.
Parties play an important role in the study of direct democracy, but mainly as independent variables. To start investigating the way in which parties position themselves in referendums, a new framework is presented and tested for plausibility. As case study the complex but well observed case of Swiss Direct Democracy was chosen. First, a differentiated understanding of what a party position in a referendum process is leads to the identification of four different stages of positioning for Swiss parties. The main message of the theoretical framework is that positioning logics of different parties in one vote can be similar when there are underlying mechanisms applying to all parties. Four ideal type models of party positioning show how. To explore their plausibility, an original data set of 162 single positions of five Swiss political parties in 37 national referendums between 2015 and 2019 is compiled. Using qualitative methods, first results show that Swiss parties' positioning in referendums is not as strongly dominated by policy as one could expect,given the strong polarization of the party system. In consequence, this demands for an update of our understanding of the interplay of direct democracy and political parties as a two-way channel.
The concept of Vertically Asymmetric Policies (VAPs) offers a new explanation specified for the emergence and persistence of public protests against major infrastructure projects. In VAPs, the benefits, costs, and political competences are distributed asymmetrically among the different levels of the political system. The gap of those units (negatively) affected and those units involved in deciding, causes a democratic dilemma and likely public protests. The analysis of aviation as a policy and the protests against the expansion of Frankfurt Airport in Germany proves this explanation. Here, vertical linkage channels are blocked for the demands of local areas around the airport and a long‐lasting protest movement accompanies every step of airport expansion. Original data from a 2013 poll among ant‐expansion protesters reveal a growing loss of confidence in elections and the preference for protest measures.
In einer Reihe von Länderstudien zu den klassischen Konkordanzdemokratien greift der Autor für die Schweiz die Ähnlichkeiten des abrogativen Referendums Italiens zum fakultativen Referendum der Schweiz auf und überprüft, ob es in gleicher Weise Verständigungszwänge entwickelt. Er kann dabei nur für die Erste Republik eine entsprechende Wirkung feststellen. Er bezieht sich dabei auf eine Studie Neidhards 1970, die eine systembildende Funktion des Verfahrens im Sinne der konkordanzdemokratischen Auslegung der Schweiz darlegt, die in einem starken Kompromisszwang begründet liegt. (ICB)
"Der Beitrag erörtert die Bedingungen generationengerechter Politik in der Parteiendemokratie Bundesrepublik und überprüft einen möglichen Ausweg aus dem parteitaktischen 'Klein Klein': Direkte Demokratie. Der Vergleich von Verfassungsreformen in verflochtenen Systemen hat gezeigt, dass besonders abgekoppelte Entscheidungs- und Verhandlungsarenen zum Erfolg von Reformen beitragen. Doch taugen Volksabstimmungen tatsächlich als alternativer Handlungsraum in der repräsentativen Demokratie, in dem auch große, generationengerechte Reformwerke umgesetzt werden können? Um Antworten für den deutschen Fall zu gewinnen, werden die direktdemokratischen Praktiken jeweils auf nationaler Ebene im westeuropäischen Vergleich analysiert. Anhand der Motive der Parteien bei der Auslösung von direktdemokratischen Abstimmungen wird überprüft, inwiefern direkte Demokratie von kurzfristigen, parteitaktischen Interessen bestimmt wird oder Raum für problemorientierte Vorlagen lässt. Dabei wird deutlich, dass besonders obligatorische Referenden aufgrund ihrer speziellen Konstruktionsweise weniger für eine parteitaktische, als für eine sachorientierte Nutzung geeignet sind. Dementsprechend wird abschließend ein Szenario eines möglichen obligatorischen Referendums im politischen System der Bundesrepublik entworfen, das diesen Implikationen entspricht." (Autorenreferat)