Zusammenfassung Hintergrund Im Rettungsdienst können, im Gegensatz zum stationären Setting, adäquate Dolmetscher häufig nicht ohne Weiteres hinzugezogen werden. Gleichzeitig erfordern Notfallsituationen aber eine rasche Anamnese und ein Assessment als Basis für jedes therapeutische Handeln.
Material und Methoden Eine Smartphone-App, die auf 18 Sprachen eine basale Kommunikation mittels 600 fest eingesprochener unterschiedlicher Phrasen auf 20 Sprachen ermöglicht, wurde über 6 Monate in vier Rettungswachen pilotiert. Abschließend wurde die Nutzbarkeit der App durch das gesamte Rettungsdienstpersonal in einer Fragebogenstudie unter Verwendung des System Usability Scores und des AttrakDiff-Fragebogens bewertet.
Ergebnisse Die Rücklaufquote betrug 48,5 % und n = 48 Fragebögen wurden ausgewertet. Das Durchschnittsalter der Befragten betrug 36 Jahre und fast zwei Drittel waren männlichen Geschlechts. Der System Usability Score zeigte im Median 67,5 Punkte, was eine grenzwertig gute Nutzbarkeit zeigte. Im AttrakDiff-Fragebogen zeigte sich die pragmatische Qualität mit durchschnittlich 0,69 (SD 0,86), die hedonische Qualität mit 0,59 (SD 0,58) und die Attraktivität (ATT) mit 0,64 Punkten (SD 0,83). Die Durchschnittswerte zeigen zufriedenstellende Werte jeweils oberhalb der neutral markierenden Grenze von 0. Auffällig zeigte sich, dass in wesentlichen Bewertungskriterien diejenigen Rettungsdienstkräfte, die angaben, die App bereits aktiv im Einsatz mit Patienten genutzt zu haben, die App signifikant besser einschätzten.
Diskussion Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der untersuchten App um ein komplexes Arbeitswerkzeug handelt, werden die Nutzbarkeit und Attraktivität als insgesamt gut eingeschätzt, wobei in der Nutzung erfahrene Rettungskräfte diese noch positiver einschätzten. Dies könnte auf eine Art Schwellenangst hindeuten, einer bereits durch Sprach- und kulturelle Barrieren geprägten Rettungssituation mit einer ebenfalls recht komplexen Intervention zu begegnen.
Zusammenfassung Hintergrund Zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie wurden in Deutschland Mitte März 2020 weitgehende Kontaktbeschränkungen erlassen (sog. Lockdown). Die vorliegende Arbeit soll klären, welche Auswirkungen diese Maßnahmen auf Rettungsdiensteinsätze hatten.
Material und Methoden Retrospektive Auswertung von 6668 Einsatzprotokollen von vier Rettungswachen in Ostniedersachsen der beiden ersten Quartale 2020. Deskription und teststatistischer Vergleich der Einsätze sechs Wochen vor den Kontaktbeschränkungen mit einem gleich großen Zeitraum nach deren Erlass.
Ergebnisse In den sechs Wochen im Lockdown gab es 17,7 % weniger Einsätze als in den Wochen vor dem Lockdown. Insbesondere zeigte sich eine Abnahme von Einsätzen wegen Atemwegserkrankungen um 40,6 % (91 Fälle), die insbesondere auf den Rückgang von Pneumonien und exazerbierten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) zurückgeht. Gleichzeitig zeigte sich ein Anstieg des durchschnittlichen Alters der Patienten mit einer Verringerung des Anteils der unter 65-Jährigen. Veränderungen bei psychiatrischen Erkrankungen, verstorbenen oder verletzten Patienten oder der Verweigerung von Behandlung und Transport wurden nicht beobachtet. Insgesamt wurden im Zeitraum 67 Patienten (1,0 %) mit Verdacht auf oder bestätigter COVID-19-Erkrankung behandelt.
Diskussion Im Rettungsdienst zeigt sich eine Reduktion der Einsätze in Folge der Kontaktbeschränkungen, wobei diese nicht so stark ausfällt, wie für Notaufnahmen beschrieben wurde. Dieser Rückgang könnte auf eine Reduktion insbesondere weniger schwerer Erkrankungsfälle und jüngerer Patienten zurückzuführen sein. Auffällig ist die Reduktion von Pneumonien und exazerbierter COPD. Dies könnte einerseits bedeuten, dass Kontaktbeschränkungen das Infektionsgeschehen bei anderen Atemwegserkrankungen reduziert haben, aber ebenfalls, dass Patienten Krankenhausbehandlungen vermeiden wollten.
Hintergrund: Internationale und nationale Rahmenwerke und Initiativen fordern die Stärkung der Ausbildung von Gesundheitsprofessionen im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) durch Kooperationen mit Hochschulen. Die Ärztliche Approbationsordnung (ÄApprO) vom 21.09.2021 sieht für Medizinstudierende in Deutschland seit dem 1. Mai 2022 eine Integration des ÖGD in die medizinische Ausbildung im Praktischen Jahr (PJ) vor. Der Projektbericht stellt die Vorgehensweise und Ergebnisse der Implementierung des PJ-Wahlfaches Öffentliches Gesundheitswesen (ÖGW) für Medizinstudierende der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in Kooperation mit dem örtlichen Gesundheitsamt vor. Methoden: In dem zwölfmonatigen Projekt UNITE (07/21-06/22) wurde das PJ-Wahlfach ÖGW in sieben Schritten etabliert: Analyse der Rahmenbedingungen, Konzeption des Wahlfaches, Erstellung eines Logbuches, Pilotphase mit fünf Studierenden in einwöchigen Rotationen, Öffentlichkeitsarbeit für Studierende, Einführung einer medizindidaktischen Schulung für Mitarbeitende des Gesundheitsamtes und Umsetzung des Wahlfaches ÖGW mit PJ-Studierenden. Ergebnisse: Ein Kooperationsvertrag für die UMG und das Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Göttingen regelt die Zusammenarbeit zur Ausbildung Medizinstudierender im PJ. Die Studierenden absolvieren vierwöchige Rotationen in die Bereiche Amtsärztlicher Dienst und Bestattungswesen, Kinder- und Jugendmedizinischer Dienst, Infektionsschutz und Sozialpsychiatrischer Dienst. Das Logbuch für Studierende enthält Lernziele für die einzelnen Fachdienste zur Selbsteinschätzung der erlangten Kompetenzen. Die Didaktikschulung wurde mit hohem Lernerfolg der teilnehmenden Mitarbeitenden umgesetzt. Drei Studierende haben das PJ-Wahlfach erfolgreich absolviert. Schlussfolgerungen: Die Etablierung des PJ-Wahlfaches ÖGW stärkt die Verankerung öffentlicher Gesundheitsthemen in der Ausbildung Medizinstudierender am Standort Göttingen und macht das ÖGW als berufliche Perspektive sichtbarer. Wesentlich für die erfolgreiche Umsetzung waren der Aufbau einer kontinuierlichen Kooperation zwischen Universität und Gesundheitsamt, eine studierendenorientierte Ausrichtung des Lehr- Lernkonzeptes mit einem standortpassenden Logbuch, ein geschultes multiprofessionelles Team im Gesundheitsamt und die Evaluation des PJ-Wahlfachs zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der PJ-Ausbildung. Das dargelegte Konzept kann andere Standorten bei der Etablierung des PJs im ÖDG unterstützen und auf spezifische Vorortbedingungen angepasst werden. Background: International and national frameworks and initiatives call for strengthening the training of health professionals in the public health service (PHS) through cooperation with universities. The german Medical Licensing Regulations of 21st Sep 2021 provides for an integration of the PHS into undergraduate medical training in the final year since 1st May 2022. The project report presents the procedure and results of the final year elective Public Health (PH) implementation for medical students at University Medical Center Göttingen (UMG) in cooperation with the local PHS. Methods: In the twelve-month project UNITE (07/21-06/22), the final year elective PH was implemented in seven steps: analysis of the framework conditions, conception of the elective, preparation of a logbook, pilot phase with five students in one-week rotations, public relations for students, introduction of a medical didactic training for staff of the health department and implementation of the elective PHS with students. Results: A cooperation agreement between UMG and Health Department regulates the cooperation for the training of medical students. The students complete four-week rotations in the areas of public health service and funeral services, paediatric and adolescent medical service, infection control and social psychiatric service. The logbook for students contains learning objectives for individuals specialised in services for self-assessment of the acquired competences. The didactics training was implemented with high learning success of the participating staff. So far three final year students successfully completed the elective. Conclusions: The implementation of final year elective PHS strengthens the anchoring of public health topics in the education of medical students at the Göttingen location and makes PHS more visible as a professional perspective. Essential for the successful implementation were the establishment of a continuous cooperation between the university and the health department, a student-oriented orientation of the teaching-learning concept with a logbook suitable for the location, a trained multiprofessional team in the health department, and the evaluation of the elective for quality assurance and further development of the training. The presented concept can support other locations in establishing the final year elective in PH and can be adapted to specific local conditions.
BACKGROUND: Immunocompromised people are less likely to be vaccinated, despite an increased benefit of many vaccinations in terms of benefit-risk assessment, including the vaccines against SARS CoV-2 (COVID-19). Attitudes, expectations, and experiences with previous vaccinations influence the decision to get vaccinated. OBJECTIVE: To explore the attitudes of immunocompromised people towards vaccinations in general and COVID-19 vaccination in particular and their experiences with COVID-19 vaccinations. MATERIAL AND METHODS: As part of the CoCo Immune study, immunocompromised participants were surveyed in the spring and summer of 2021 (1 November 2021–7 September 2021) using questionnaires. Initially, they were asked about their expectations concerning a COVID-19 vaccination and followed up about their experience after COVID-19 vaccination. In addition, sociodemographic data, general attitudes toward vaccinations and experiences with previous vaccinations were collected. Analysis was performed using descriptive and bivariate statistics. RESULTS: The 243 participants mostly approved vaccinations and expected the COVID-19 vaccination to be effective and well-tolerated. Women were more concerned about the safety of vaccinations and were more often worried about side effects. Older persons felt better informed than younger persons. Participants who reported subjective side effects of previous vaccinations were more skeptical about vaccinations as well as the government institutions that recommend vaccinations. They less often agreed with the statement "in retrospect, the COVID-19 vaccination has been harmless for me so far". DISCUSSION: The participants mostly expressed a positive attitude and anticipation towards COVID-19 vaccinations; however, the age and sex differences found suggest that there are different information needs which should be addressed when educating individuals about vaccinations or designing vaccination campaigns.