Ethnische Prozesse im heutigen Tropisch-Afrika
In: Sowjetwissenschaft: Zeitschrift der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Band 31, Heft 5, S. 514-523
ISSN: 0038-6006
"Die Entwicklung, die die afrikanischen Staaten seit der Erringung ihrer Unabhängigkeit durchlaufen haben, zeugt davon, daß sich die allgemeinen sozialen und ethnischen Gesetzmäßigkeiten auch in Afrika vollständig durchsetzen. Zugleich drückt die Spezifik des afrikanischen Kontinents -insbesondere die Heterogenität der Wirtschaftsformen, das Fortbestehen zahlreicher für die Stammesordnung charakteristischer Züge und der Einfluß der traditionellen sozialen Strukturen- den heutigen Prozessen, darunter auch den ethnischen, ihren Stempel auf." Aus der Kompliziertheit der ethnischen Zusammensetzung und der Schärfe der ethnischen Probleme erklärt sich die Tatsache, daß in der Mehrzahl der Länder Tropisch-Afrikas der ethnische Faktor im politischen Leben eine bedeutende Rolle spielt. In den afrikanischen Staaten sind heute "zwei Haupttendenzen der ethnischen Entwicklung zu beobachten: erstens die Konsolidierung einzelner ethnischer Gemeinschaften sowie die Umwandlung einiger von ihnen in Nationen und zweitens die Integration mehrerer ethnischer Gemeinschaften im Rahmen eines Staates." Unter den Wissenschaftlern sowie unter den afrikanischen Politikern gibt es sehr unterschiedliche Meinungen über die Wege zur beschleunigten Integration der ethnisch heterogenen Bevölkerung. Dabei spielt die Sprachpolitik (eigene Staatssprache, Sprache der Kolonialmacht) eine große Rolle. Insbesondere wird sehr heftig über das Problem des ethnischen Selbstbewußtseins debattiert. Die sich an den Vortrag anschließende Diskussion wird auszugsweise dokumentiert. (GB)