Der israelisch-palästinensische Konflikt führt auch bei den nicht unmittelbar Beteiligten immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Das hängt u.a. mit den großen historischen Konfliktlinien zusammen, die sich in der Nahost-Region kreuzen. Das Buch bietet in acht Forschungsberichten und Analysen Orientierungshilfen zu zentralen Streitpunkten: dem Spannungsverhältnis zwischen Holocausttrauma und Siedlungskolonialismus, dem notorischen Gedicht von Günter Grass, den Antisemitismus-Vorwürfen gegen Achille Mbembe; der Rolle der USA und der Israel-Lobby, den Shitstorms gegen eine Nahost-Expertin. Der Autor hat sich als Friedens- und Konfliktforscher insbesondere mit der Rüstungsdynamik im Ost-West-Konflikt und mit dem Nahost-Konflikt beschäftigt.
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Gert Krell war bis zu seiner Emeritierung Professor für Internationale Beziehungen und in diesem Fach ein anerkannter Autor (hier zuletzt "Weltbilder und Weltordnung"). Sein Ansatz, die Grundhaltung der verschiedenen Akteur*innen in einer Debatte zu analysieren, bringt er nun in die Diskussion um den Klimawandel ein. Er weist darauf hin, wie unterschiedlich die Sachstandsanalysen abhängig vom jeweiligen politischen Standpunkt der Autor*innen oder auch nur von deren optimistischer bzw. pessimistischer Grundhaltung ist. Dazu zieht er verschiedene Texte aus deutschen und internationalen Medien heran und weist auf die unterschiedlichen Interpretationen der Fakten hin. Die Ergebnisse dieser Analyse sind allerdings wenig überraschend. Dass FAZ und Heinrich-Böll-Stiftung unterschiedliche Blickwinkel bezüglich des Klimawandels haben, ist für interessierte Leser*innen offensichtlich. Krell schreibt für ein akademisches Publikum mit zahlreichen Fussnoten und Verweisen auf internationale Studien. Für grosse Bibliotheken als zusätzlicher Debattenbeitrag möglich. (3)
Für die Zukunft als demokratischer Wohlfahrtsstaat steht Deutschland vor einer Reihe von Herausforderungen: demografischer Wandel, die Finanz- und Eurokrise, Klimawandel und Energiewende, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, zunehmende Armutsrisiken, Inte¬gration von Einwanderern, Defizite in der Bildungspolitik. Diese Herausforderungen werden in der Öffentlichkeit breit diskutiert, mal mehr mal weniger seriös. Gert Krell setzt sich in seiner Studie in insgesamt 12 Kapiteln detailliert und ausgewogen vor allem mit Thilo Sarra¬zins Thesen über Deutschlands Niedergang auseinander, stellt sie in historische und ideolo¬gische Zusammenhänge und rückt sie zurecht. Reformbedarf gibt es genug. Deutschland wird demographisch älter und kulturell bunter werden. Ob es seine Zukunft meistert, hängt mehr von seiner Integrationsfähigkeit, seiner demokratischen Rechtsstaatlichkeit, von Achtung vor Mensch und Natur sowie wirtschaftlicher Fairness ab als von den Scheinproblemen deutscher Identität.
Im Rahmen einer Reflexion über die Mitverantwortung "des Westens" für den Nahost-Konflikt gibt der Autor einen historischen und systematischen Überblick über das Verhältnis der USA zum Zionismus und zu Israel. Dabei werden durchaus widersprüchliche Tendenzen gegenüber dem zionistischen Kolonialprojekt und dem Staat Israel deutlich. Die Hauptverantwortung für die Ursprünge des Nahost-Konflikts liegt keineswegs bei den USA, sondern in Europa, und Israel ist kein Produkt des amerikanischen Imperialismus. Gleichwohl macht Gert Krell drei Defizite in der Außenpolitik der USA gegenüber dem Konflikt aus. Das erste besteht in der Hierarchisierung des Rechts auf Demokratie nach dem Ersten Weltkrieg und in der Traditionslinie der Kreuzzüge, in die das zionistische Siedlungsprojekt bis weit in die dreißiger Jahre gestellt wurde. Das zweite besteht in der Delegation der Flüchtlingsfrage in den dreißiger und vierziger Jahren - bei restriktiver Einwanderungspolitik in den USA selbst - an den Nahen Osten. Das dritte Defizit besteht darin, dass die USA es auch in ihrer Rolle als Makler im Friedensprozess nicht geschafft haben, mit dem gleichen Nachdruck wie für das Existenzrecht Israels auch für das Recht der palästinensischen Araber auf Selbstbestimmung einzutreten. Insbesondere haben die USA ihre Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, eine wirksame Begrenzung des Siedlungsprozesses in den besetzten Gebieten durchzusetzen.
Der Konflikt um eine militärische Intervention im Irak spitzt sich zu, ein Waffengang wird immer wahrscheinlicher. Die Einschätzungen, ob sich diejenigen isolieren, die eine Beteiligung ablehnen, oder diejenigen, die den Einsatz unter allen Umständen durchführen wollen, stehen sich kontrovers gegenüber und entsprechen in der Regel dem jeweiligen "politischen Lager" der Urteilenden. Jenseits dieser tagesaktuellen Auseinandersetzung beleuchtet der Autor, wie es tatsächlich um die transatlantischen Beziehungen bestellt ist und welche Konsequenzen die derzeitigen politischen Strategien – nicht nur in der Irak-Frage – auf Dauer haben werden. Gert Krell untersucht, welche Interessen hinter dem Kurs der US-Administration seit Bush sen. stehen und warum die USA das Primat der Handlungsfreiheit soviel höher schätzen als internationale Regeln, Verträge und Bündnisse. Auf der anderen Seite hinterfragt er sehr differenziert, warum europäische Staaten sich selbst als "soft power" sehen, während den USA die Rolle als "hard power" und Beschützer "der westlichen Welt" zufällt. Dass diese Aufgabenteilung auch für europäische Staaten bequem ist, zeigt sich im Umgang mit dem Irak-Konflikt. Ebenfalls entlarvend stellt sich die Tatsache dar, dass eine gemeinsame europäische Position bis heute nicht gefunden wurde und dass eine über die Ablehnung militärischer Mittel hinausgehende Alternative nicht angeboten wird. Für die Zukunft sollten sich Akteure auf beiden Seiten des Atlantiks überlegen, wie das Verhältnis zwischen Weltmacht und ihren Verbündeten auf Dauer aussehen kann, aber auch, wie innenpolitisch eine Ordnung herzustellen ist, die keiner externen Feindbilder mehr bedarf.