Dieses Arbeitspapier bietet einen Einblick in das kanadische Schulsystem, für welches das politische Selbstverständnis des Multikulturalismus eine zentrale Rolle spielt. Wie ein umfassender Anspruch von Inklusion aller Lernender in die Praxis umgesetzt wird, zeigt eine explorative Studie an einer High School in Winnipeg. (Autorin)
Zentrale Elemente des kanadischen Verständnisses einer inklusiven Sicht auf Schüler*innen sind die Orientierung am ganzheitlichen Wohlbefinden ("wellbeing") der Mitglieder einer Schule, an Bildungsgerechtigkeit im Sinne der Ausrichtung an den individuellen Bildungsbedarfen der Schüler*innen ("equity") unter umfassender Berücksichtigung von intersektional verstandenen Diversitätsdimensionen ("diversity").Inklusion beinhaltet damit auch die Aufmerksamkeit für ethnische und kulturelle Diversität, ausgedrückt in einer interkulturellen Orientierung, die ihre Ursprünge im kanadischen Selbstverständnis als Land des politisch deklarierten Multikulturalismus hat. Dessen wechselvolle Geschichte und aktuelle Umsetzung wird im bildungswissenschaftlichen Diskurs Kanadas mit dem Hinweis darauf, dass Anspruch und Wirklichkeit – insbesondere im Hinblick auf gleiche Bildungsrechte Indigener und die konsequente Anerkennung von Mehrsprachigkeit – durchaus auch kritisch betrachtet. In Winnipeg, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Manitoba, spielen Migration und Mobilität eine zentrale Rolle für die Ausrichtung von Schule am Prinzip der Inklusion. Dort gibt es ein Aufnahmezentrumfür Neu-Zugewanderte, durch das in jüngster Zeit auch viele Geflüchtete nach Manitoba gekommen sind und einen hohen Anteil an z.T. Kanada intern mobilen indigenen Bevölkerungsgruppen. Auch temporär gedachte transnationale Mobilität gewinnt für Manitoba an Bedeutung, da die Regierung daran interessiert ist, internationale Schüler*innen als zahlende Gäste des kanadischen Schulsystems zu gewinnen. Wie schafft es die besuchte Schule, dem umfassenden Anspruch der Inklusion als zugleich förderndem und forderndem pädagogischen Ansatz gerecht zu werden? Welche Rolle spielen dabei multiprofessionelle Teams? Wie ist Schule in die Einwanderungspolitik der Provinz einbezogen? Inwiefern wird mit Eltern und Organisationen im Stadtteil zusammengearbeitet? Was bedeutet die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit und der Verbrechen an der indigenen Bevölkerung für die Arbeit in der Schule? Diese Leitfragen bilden den Rahmen dieser explorativen Studie, basierend auf einem Forschungsbesuch der Gordon Bell High School in Winnipeg und ergänzenden Expert*inneninterviews. Zur Charakterisierung der nationalen und lokalen Rahmenbedingungen werden zunächst das Schulsystem und die Migrationssituation Manitobas mit Bezügen zur speziellen Ausprägung in Winnipeg vorgestellt. Anschließend wird am Beispiel der Gordon Bell High School in Winnipeg verdeutlicht, wie die umfassende Verantwortungsübernahme für gelungene Bildungsprozesse an einer Schule in einem von schwierigen sozialen Lagen geprägten Stadtteil in der Praxis gestaltet wird. In diesem Zusammenhang wird das von der Gordon Bell High School ausgehende Entwicklungskonzept des "Friedvollen Dorfes" ("Peaceful Village") für den Stadtteil vorgestellt. Abschließend werden Impulse dieser explorativen Studie für die Diskussion und das Schulsystem in Deutschland vorgestellt. ; 8 ; 8
This study of the education system of Turkey is part of the handbook "The education systems of Europe" which presents an analytical description of the education systems of all European countries, following common guidelines. The study begins with the historical and socio-cultural background of the Turkish educational system which is followed by the description of the organizational and administrative context of the current education system. The next step is the functioning of the current education system, beginning with a structural overview and followed by an analysis of the different levels of the education system, including, as a separate chapter, post-secondary and tertiary education. The country study ends with an analysis of current problems and discussions, and opens perspectives for further development. A diagram illustrating the structural scheme of the Turkish educational system is part of this article. (DIPF/Orig./Kie.).
In: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik: ZAR ; Staatsangehörigkeit, Zuwanderung, Asyl und Flüchtlinge, Kultur, Einreise und Aufenthalt, Integration, Arbeit und Soziales, Europa, Band 26, Heft 1, S. 22-26
In einem ersten Schritt wird der gesellschaftlich-juristische Diskurs um den Zusammenhang zwischen dem Kopftuchtragen muslimischer Pädagoginnen und ihren Fähigkeiten, Kinder zu toleranten, demokratiefähigen Kindern zu erziehen skizziert. Empirische Daten einer qualitativen Erhebung zur Einstellung angehender junger Pädagoginnen mit muslimischem Hintergrund geben im zweiten Teil einen vertieften Einblick in deren subjektives Verständnis von Integration, Toleranz und kultureller (und damit auch religiöser) Identität. In einem darauf folgenden Resümee findet eine Zusammenführung der beiden Stränge statt. Es wird verdeutlicht, dass ein Verbot des Kopftuchtragens für muslimische Lehrerinnen im Selbstverständnis vieler der direkt und indirekt betroffenen jungen muslimischen Pädagoginnen Intoleranz der Mehrheitsgesellschaft ihnen gegenüber im Sinne einer Verweigerung von gesellschaftlicher Anerkennung ihrer differenten religiösen Identität bedeuten würde. Der Beitrag schließt mit dem Hinweis darauf, dass die Pädagogik den aktuellen Kopftuch-Diskurs als Chance für eine Auseinandersetzung mit ihren zentralen Paradigmen nutzen sollte und sich mehr als bisher aktiv einbringen sollte in den bis dato überwiegend von Politik und Recht geführten gesellschaftlichen Diskurs über Wertevermittlung, Toleranz und Neutralität bei Lehrenden. (DIPF/Orig.)
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Hintergründen der geringen Bildungsbeteiligung von Migrantinnen und Migranten im tertiären Bildungsbereich. Dabei werden verschiedene neuere Forschungsergebnisse zu Bedingungen des Studierens, zum Studienverlauf und zum Studienerfolg von Studierenden mit Migrationshintergrund zusammengetragen. In diesem Kontext wird insbesondere die Übergangsphase Schule - Studium studieninteressierter Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund als eine kritische Schnittstelle in der Bildungslaufbahn betrachtet. Durch einen Vergleich zur Studiensituation der Studierenden ohne Migrationshintergrund können spezifische Entwicklungen für die Studierendengruppe mit Migrationshintergrund herausgearbeitet werden. Den Abschluss dieses Beitrags bildet ein Ausblick auf Praxisbeispiele, anhand derer konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Studienerfolgs und Förderung der persönlichen Potenziale sowie Strategien zum verbesserten Zugang zu Hochschulbildung junger Migrantinnen und Migranten dargestellt werden. Da im vorliegenden Beitrag der Begriff "Studierende mit Migrationshintergrund" verwendet wird, möchten die Autorinnen mit der näheren Beschreibung dieser Personengruppe beginnen. (DIPF/Orig.).
Die Verfasser stellen die speziellen Anforderungen einer Einwanderungsgesellschaft an die Bildungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt. Sie legen dar, dass nicht die sprachliche Bildung bei Schülern mit Zuwanderungsgeschichte das Kernproblem ist. Vielmehr muss allen Mitgliedern der Gesellschaft interkulturelle Bildung vermittelt werden. Dazu gehören innovative Schulkonzepte, die Interkulturalisierung von Bildungseinrichtungen und die interkulturelle Öffnung der Hochschulen. (ICE2)
Die Verfasser stellen die speziellen Anforderungen einer Einwanderungsgesellschaft an die Bildungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt. Sie legen dar, dass nicht die sprachliche Bildung bei Schülern mit Zuwanderungsgeschichte das Kernproblem ist. Vielmehr muss allen Mitgliedern der Gesellschaft interkulturelle Bildung vermittelt werden. Dazu gehören innovative Schulkonzepte, die Interkulturalisierung von Bildungseinrichtungen und die interkulturelle Öffnung der Hochschulen. (ICE2).
In: Bildungsforschung und Politikberatung: Schule, Hochschule und Berufsbildung an der Schnittstelle von Erziehungswissenschaft und Politik ; Festschrift für Klaus Klemm zum 60. Geburtstag, S. 199-218
Die Autoren beschäftigen sich mit folgenden Schwerpunkten: 1. Sie erörtern gewollte und ungewollte Ungleichheit, die durch Selektionseffekte des Bildungssystems entstehen und sie stellen die Frage nach der Gerechtigkeit. 2. Es werden neue Formen von Ungerechtigkeit genannt - Ungleichbehandlungen, die durch Differenzen im kulturellen Kapital funktional im Sinne der normativen Vorstellungen von Chancengerechtigkeit sind. 3. Darstellung der Situation von zugewanderten Minderheiten im deutschen Schulsystem mit Reaktionen der Bildungspolitik auf die Herausforderungen an die Schule durch Migration. 4. Relevanz kultureller Zugehörigkeit für Selektionseffekte im Bildungssystem unter besonderer Beachtung der Sprache. 5. Abschließend werden Formen gesellschaftlichen und pädagogischen Umgangs mit kultureller Differenz dargestellt. (DIPF/Sch.)
In: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik: ZAR ; Staatsangehörigkeit, Zuwanderung, Asyl und Flüchtlinge, Kultur, Einreise und Aufenthalt, Integration, Arbeit und Soziales, Europa, Band 25, Heft 10, S. 327-332
Nach einem aufwändigen Entwicklungsprozess wurde in Bremen im Jahr 2013 der "Entwicklungsplan Migration und Bildung – 2014-2018" verabschiedet, in dem sowohl grundsätzliche Herangehensweisen als auch einzelne Maßnahmen detailliert beschrieben wurden. In der hier vorgelegten Expertise geht es darum, einen Überblick über zentrale Umsetzungsmaßnahmen des Entwicklungsplans Migration und Bildung unter veränderten Rahmenbedingungen – vor allem 2015 stark erhöhte Zuwanderung – zu gewinnen und Handlungsoptionen für das weitere Verwaltungshandeln aufzuzeigen. Die Expertise wurde auf Initiative der Senatorin für Kinder und Bildung und mit umfangreicher Kooperation und finanzieller Unterstützung der Behörde durchgeführt. Dabei wurde die Entwicklung bis Februar 2020 berücksichtigt. ; 1/2021
Wie sind Schulen in der Vergangenheit mit grenzüberschreitender Migration und transnationaler Mobilität umgegangen, und wie gehen sie heute damit um? Die Beantwortung dieser Fragen wird durch die Vielfalt der normativen Regulierungen für die schulische Praxis erschwert. Um zumindest annäherungsweise einen Überblick über institutionalisierte Umgangsweisen zu geben, beschränkt sich dieses Arbeitspapier weitgehend auf die Analyse der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK). Für unsere Fragen sind weniger die Folgen als die Ursachen und grundlegende inhaltliche Akzentuierungen der Empfehlungen interessant, denn sie geben Aufschluss darüber, wo im Hinblick auf den schulischen Umgang mit Migrati-on und Mobilität Handlungsbedarf gesehen wurde und was vorher nicht oder zumindest nicht einheitlich gehandhabt wurde. In diesem Arbeitspapier werden die wichtigsten in der Literatur diskutierten Empfehlungen unter dem hier interessierenden Aspekt der Transnationalität neu gelesen, strukturiert in Empfehlungen mit explizitem Migrationsbezug und Empfehlungen, die inhaltlich oder in ihrer Zielsetzung über den Nationalstaat hin-ausweisen und damit auch für transnationale Mobilität bedeutsam sein können. Ergänzend werden ausgewählte Studien zum besseren Verständnis herangezogen. Es zeigt sich, dass sich der Umgang von Schulen mit transnationaler Migration und Mobilität seit den 1950er-Jahren in vielen Aspekten grundlegend geändert hat. Die Aufnahme von Zugewanderten mit deut-scher und ausländischer Staatsangehörigkeit wurde zunächst in separaten Beschlüssen und Empfehlungen behandelt. Während Empfehlungen zu aus dem Ausland zugewanderten deutschen Staatsangehörigen ausnahmslos auf dauerhaften Verbleib in Deutschland ausgerichtet waren, waren die Empfehlungen in Bezug auf ausländische Staatsangehörige bis in die 1990er-Jahre überwiegend auf Rückkehr orientiert, bis sich Mitte der 1990er-Jahre ein Paradigmenwechsel zu einer interkulturellen Bildung für alle vollzog. Nachdem über Jahrzehnte nicht anerkannt worden war, dass die Zuwanderung nach Deutschland zu dauerhafter Einwanderung geführt hatte, richteten sich nun im Hinblick auf zugewanderte Schüler*innen alle Anstrengungen auf Bildung in der Perspektive dauerhaften Verbleibs in Deutschland. Dies gilt auch für Geflüchtete, ohne dass ihnen zugleich in der Migrationspolitik eine dauerhafte Bleibeperspektive eingeräumt wird. Dass Deutschland ein Land mit umfangreichen Beziehungen ins Ausland ist, wird auch in KMK-Empfehlungen ohne Bezug auf Zuwanderung deutlich. So ist seit den 1960er-Jahren das Erlernen von Englisch als Lingua Franca Pflicht für alle Schüler*innen. Mit Fremdsprachenunterricht, aber auch mit Europabildung und Globalem Lernen wird das Leben in einer interdependenten Welt betont und zugleich eine Migrationsperspektive in andere Länder eröffnet. Deutsche Auslandsschulen, bilinguale Schulen und internationale Schulen, die oft nur mit erheblichem Schulgeld zugänglich sind, eröffnen grenzüberschreitende Kommunikations- und Migrationsmöglichkeiten für Qualifizierte und finanziell entsprechend Situierte. Es scheint, als ob von in Deutschland sozialisierten Kindern zunehmend eine grundlegende Offenheit gegenüber der Welt erwartet und eine explizite Ausrichtung auf Transnationalität nur wenigen Privilegierten zugedacht wird, während zugleich von zugewanderten Kindern eine Fokussierung auf ein Lernen für ein Leben in Deutschland erwartet wird, das zugleich – rein aufenthaltsrechtlich – nicht für alle vorgesehen ist. Hier liegen Widersprüche, über deren Auflösung nachgedacht werden muss. ; 2