Kontrolle und Regulierung der eigenen Gefühle werden sowohl im Privatleben als auch im modernen Arbeitsleben immer wichtiger. Vor allem im Dienstleistungs- und im sozialen Bereich, wo bevorzugt Frauen arbeiten, sind viele Menschen gezwungen, ihre Gefühle fortwährend zu zensieren. In ihrem zuerst 1983 erschienen Buch zur Kommerzialisierung der Gefühle schildert Hochschild sehr anschaulich, wie das "Gefühlsmanagement" die menschliche Psyche beeinflusst und wie dabei Herz und Verstand zusammenwirken. Das Buch ist ein grundlegender Beitrag zu einer soziologischen Theorie der Gefühle und gibt darüber hinaus spannende Einblicke in die privaten und beruflichen "Gefühlsstrategien", die eigenen wie die der anderen.
Der Begriff objektive Hermeneutik bezeichnet ein theoretisches, methodologisches und methodisches Konzept, das im Wesentlichen auf die Arbeiten von Ulrich Oevermann zurückgeht. Neuerdings wird auch häufiger die Bezeichnung strukturale Hermeneutik verwendet. Der objektiven bzw. strukturalen Hermeneutik ging es anfangs nicht um ein objektives, möglicherweise gültiges Verfahren zur Aufdeckung von Wirklichkeit, sondern allein um die Rekonstruktion der objektiven Bedeutungsstrukturen von Texten. In neueren Arbeiten wird zunehmend der Anspruch erhoben, mit Hilfe des Verfahrens zu objektiven Ergebnissen gelangen zu können. So soll die Gültigkeit von Analysen durch eine strikte Anwendung der hermeneutischen Kunstlehre gesichert werden. Eine objektive Rekonstruktion von Strukturen wird verstanden als Grenzwert, den man dann erreicht, wenn man nicht davon ablässt, die kanonischen Vorschriften der objektiven Hermeneutik anzuwenden. Der vorliegende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die Geschichte der objektiven Hermeneutik. Danach wird deren Strukturbegriff beleuchtet. Im nächsten Abschnitt stellt der Autor Strategien des empirischen Vorgehens vor. Danach werden die Forschungslogik und Aktualität behandelt. Abschließend übt der Autor Kritik an der Methode und der Theorie der objektiven Hermeneutik. (ICD2)
Welcher Stellenwert dem Einzelfall in der Sozialforschung zugebilligt wird, hängt davon ab, welches Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem zugrunde gelegt wird. Wird das Allgemeine dem Besonderen gegenübergestellt, dann ist der Stellenwert der Fallanalyse der der Beschaffung von Hypothesen zu Beginn einer Forschung, die auf Generalisierung auf der Basis statistischer Repräsentativität angelegt ist (Hypothesengenerierungs-Modell). Umgekehrt und geradezu in einer Gegenbewegung zu dieser Position lassen sich Fallanalysen finden, in denen von allgemeinen Aussagen abgesehen wird. Es wird stattdessen die Auffassung vertreten, dass der Fall sich selbst expliziere (Sozialreportage-Modell). Zwischen diesen beiden Positionen kann eine weitere angesiedelt werden, die häufig in der sich als "qualitativ" bezeichnenden Sozialforschung verbreitet ist. Ihre Eigentümlichkeit besteht darin, dass zwar auf der einen Seite Material von Fällen erhoben wird, dieses jedoch aus der Sinnstrukturiertheit (dazu weiter unten) des jeweiligen Falles herausgelöst und unter Begriffe subsumiert wird, die nicht aus dem Material heraus entwickelt, sondern an dieses herangetragen wurden (Subsumtions-Modell). Diesen Positionen hinsichtlich der Bedeutung des Falls in der sozialwissenschaftlichen Forschung kann eine vierte gegenübergestellt werden. Dieser liegt die Auffassung zugrunde, dass in der Analyse der historischen Konkretion eines Falles das Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem von vornherein thematisch ist. Es kommt dann darauf an, zu rekonstruieren, wie der Fall seine spezifische Wirklichkeit im Kontext allgemeiner Bedingungen konstruiert hat (Fallrekonstruktions-Modell). Diese Position wird in dem vorliegenden Beitrag näher betrachtet. Es werden sowohl die theoretischen Konzepte als auch die Methoden beleuchtet. Anschließend präsentiert der Autor ein Fallbeispiel. Zum Schluss wird der Unterschied von Fallrekonstruktion und Fallkontrastierung verdeutlicht. (ICD2)
Der Beitrag untersucht theoretische Konzepte kultureller Sinnsysteme. Zu Beginn der Arbeit werden zunächst der Kulturbegriff und daraus resultierende Probleme der Kulturanalyse erläutert. Dabei ist hervorzuheben, dass die kulturanalytische Forschung vor dem Problem steht, wie kulturelle Regeln für das alltägliche und automatische Ganze spezifiziert werden können. Die Schwierigkeit für die Kulturanalyse besteht darin, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Regeln einer Kultur zu erkennen. Des Weiteren ist es schwierig, ein kulturelles System zu identifizieren. Zu diesem Zweck muss hinterfragt werden, für welchen Raum, für welche Zeit und welche Gruppierung die Regeln gelten. In diesem Kontext geht der Beitrag außerdem auf das Problem der Ebenenbestimmung der kulturellen Regeln ein. Im zweiten Abschnitt der Arbeit werden die Traditionen der Kulturanalyse untersucht, die in vielen verschiedenen Disziplinen, wie Geschichtswissenschaft, Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte, Ethnologie, Sozialanthropologie oder Psychologie, ihren Ursprung finden. Der dritte Teil des Beitrags untersucht die verschiedenen Verfahren der Kulturanalyse. Hierbei werden die gestalttheoretische Prämisse, die psychoanalytische Prämisse sowie die strukturalistische und die phänomenologische Prämisse behandelt. Der Beitrag schließt mit einer Analyse von Problemen, die in der kulturanalytischen Forschung einer gesonderten Behandlung bedürfen. (ICG)
Der Begriff Polizeiforschung ist mehrdeutig. Er bezeichnet zum einen sozialwissenschaftliche Forschungen, die die verschiedenen Aspekte polizeilichen Handelns zum Gegenstand haben, zum anderen Untersuchungen, die von Seiten der Polizeibehörden angeregt, finanziert oder durchgeführt werden. Zwischen beiden Forschungsansätzen besteht eine Spannung, die durch unter schiedliche Schneidung von Themen, Fragestellungen und Problemen entsteht. Die Theorie geleitete Herangehensweise universitärer Forschung führt oft zu anderen Forschungsprojekten als die aus der Innenperspektive der Instanzen angeregten Untersuchungen. Der vorliegende Beitrag geht zunächst auf die Geschichte der Polizeiforschung ein. Im Anschluss daran werden aktuelle Forschungsprobleme dargestellt. Abschließend werden theoretische Konzepte sowie Strategie und Probleme des empirischen Vorgehens beleuchtet. (ICD2)
Der Beitrag behandelt die Geschichte, gegenwärtige Situation sowie Methodologie des qualitativen Experiments. Als die große Zeit des qualitativen Experiments kann die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gesehen werden, denn in dieser Zeit konstituierten sich die Würzburger Denkpsychologie und die Gestaltpsychologie durch den explorativen Gebrauch des Experiments. Als Beispiel gelten W. Köhlers Schimpansenexperimente, Wertheimers Experimente zur Scheinbewegung und Gedankenexperimente, sowie spätere Experimente zur Sozial- und Tierpsychologie. Anschließend an diese geschichtliche Darstellung der qualitativen Experimente analysiert der Beitrag die Methodologie am Beispiel von Köhlers Schimpansenexperimenten. Darauf aufbauend untersucht der Autor das Verhältnis von Experiment und Beobachtung, indem er zwischen einer aktiven und rezeptiven Herangehensweise des Forschers unterscheidet. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag auf die Grundregeln der explorativen qualitativen Sozialforschung ein, welche weitgehend mit Köhlers Vorgehen übereinstimmen. Abschließend stellt der Beitrag experimentelle Strategien dar und geht kurz auf alternative Formen des Experiments ein. Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis, dass das explorative oder qualitative Experiment in der derzeitigen Forschungspraxis wenig genutzt wird, aber durch klassische Studien der deutschen Psychologie wichtige Möglichkeiten für Psychologen und Sozialwissenschaftler bietet, Sachverhalte in ihrem Arbeitsgebiet zu erkunden und aufzuklären. (ICG)
Der vorliegende Beitrag skizziert den Prozess qualitativer Forschung. Dabei werden die in den einzelnen Schritten anstehenden Entscheidungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten mit den jeweiligen möglichen Alternativen idealtypisch in folgenden Stationen nachgezeichnet: (1) der qualitative Forschungsprozess als Abfolge von Entscheidungen; (2) theoretische Vorannahmen und Untersuchungsgegenstand; (3) Entscheidung für die Fragestellung und ihre Eingrenzung; (4) Annäherung an das Forschungsfeld; (5) Entscheidung für die Methode(n) der Datensammlung; (6) Fixierung der Daten; (7) Interpretation von Daten; (8) Geltungsbegründung, Verallgemeinerung und Darstellung; (9) Forschung als sozialer und kommunikativer Prozess. Eine zweite Funktion dieses Kapitels ist die systematische Vorbereitung der Einzeldarstellungen unterschiedlicher Methoden in Kapitel sechs des Buches "Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen" (Flick, u.a., 1991). Damit die Darstellung nicht zu abstrakt-methodologisch gerät, wird das Beispiel einer Untersuchung zu subjektiven Vertrauenstheorien von Beratern aus sozialpsychiatrischen Diensten (Flick, 1989) zur Veranschaulichung herangezogen. (ICD2)
Im Rahmen der Diskussion um methodenangemessene Kriterien der Geltungsbegründung und Verallgemeinerung qualitativer Daten und Ergebnisse wird dem Konzept der Triangulation wieder verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt. Jedoch lässt sich seine Ideen-Geschichte ca. 30 Jahre und in andere Forschungskontexte hinein zurückverfolgen. So wurde es in der Diskussion um nonreaktive Messung entwickelt, um herauszufinden, ob eine Hypothese die Konfrontation mit einer Serie komplementärer Testmethoden überstehen kann. In die Diskussion um qualitative Forschung wurde die Triangulation eingeführt als die Kombination von Methodologien bei der Untersuchung des selben Phänomens. Der Autor stellt zunächst die theoretischen Konzepte der Triangulation vor und beleuchtet dann kritische Positionen. Im Anschluss daran wird die Systematische Perspektiven-Triangulation vorgestellt und anhand eines Beispiels verdeutlicht. (ICD2)
Psychoanalyse wird gemeinhin als ein Therapieverfahren zur Heilung von psychischen Neurosen verstanden und der klinischen, medizinischen Psychologie oder als Nebengebiet der Psychiatrie zugerechnet. Weniger bekannt sind die psychoanalytischen Beiträge zur Gesellschafts-, Kultur- und Literaturanalyse, für die außerhalb des klinischen Settings spezifische Methoden entwickelt wurden. Für die psychoanalytische Kulturanalyse kommt hier Sigmund Freuds "Unbehagen in der Kultur" ein besonderer Rang zu. Psychoanalyse entzieht sich ein Stück weit dem Spartendenken in den Wissenschaften, der "Departmentalisierung des Geistes". Dies zeigt sich deutlich, wenn man die Psychoanalyse mit der Nomenklatur der Akademischen Psychologie vergleicht. Während letztere Sozial-, Persönlichkeits-, Entwicklungs- und Klinische Psychologie in einem arbeitsteiligen Nebeneinander begreift und lehrt, stehen sie in der Psychoanalyse in einer kritischen Verbindung. Die psychoanalytische Metapsychologie ist ihr zusammenhängender Unterbau, auf den die anwachsende psychoanalytische, empirische Erfahrung kritisch bezogen wird. Der vorliegende Beitrag geht zunächst auf die Methoden der Ethno-Psychoanalyse ein. Im Anschluss daran werden die Methoden psychoanalytischer Sozialpsychologie vorgestellt. (ICD2)
Von Politischer Psychologie gibt es gegenwärtig ein enges und ein weites Fachverständnis. Das erste behandelt Politische Psychologie als eine der Unterabteilungen der Sozialpsychologie, also als eine weitere "Bindestrichpsychologie". In diesem engen Fachverständnis von Politischer Psychologie geht es um die Anwendung des traditionellen Methodenrepertoires der Sozialpsychologie auf Untersuchungsfelder, denen gemeinhin der Charakter des Politischen zugesprochen wird. Das weitere Verständnis von einer politischen Psychologie zielt auf eine die Arbeitsteilung in den Sozialwissenschaften (Gesellschaftswissenschaften) übergreifende Untersuchungsperspektive. Man geht hier davon aus, dass der Gegenstand des Politischen nur dann angemessen begriffen, theoretisch gefasst und empirisch untersucht werden kann, wenn sich in dieser Untersuchungsperspektive Gesellschaftstheorien mit psychologischen Ansätzen und Ansätzen aus der Psychoanalyse vermitteln und integrieren lassen. An die Stelle eines Rückgriffs auf das Methodenrepertoire der Sozialpsychologie rückt hier eine ausführliche erkenntnistheoretische und methodologische Diskussion, aus der vielfältige Beiträge zur qualitativen und interpretativen Forschung entstanden sind. Der vorliegende beginnt mit der Bewusstseinsanalyse als Gegenstand Politischer Psychologie. Im Anschluss daran wird der Beitrag der psychoanalytischen Sozialpsychologie betrachtet. Abschließend geht der Autor auf das Alltagsbewusstsein als kritische Kategorie ein. (ICD2)
Der Beitrag behandelt Methodologie und Geschichte der qualitativen Sozialforschung. Qualitative Sozialforschung ist ein Sammelbegriff für zum Teil sehr verschiedenartige methodologische Ansätze in Psychologie, Soziologie und Pädagogik. Die Arbeit greift die Tatsache auf, dass eine umfassende, fächerübergreifende Methodologie qualitativer Sozialforschung nicht existiert, und stellt einen eigenen Entwurf vor. Zu diesem Zweck wird zunächst die gegenwärtige Lage der qualitativen Methoden in den Sozialwissenschaften untersucht. Darauf aufbauend wird die Aufgabe einer Methodologie in diesem Bereich analysiert. Der Autor wählt in diesem Kontext den Weg nach dem naturwissenschaftlichen Vorbild, das bestimmte Forschungsstrategien und Methoden zur Grundlage nimmt, die ihrerseits aus Alltagsverfahren entwickelt wurden. Vor diesem Hintergrund werden drei Thesen formuliert und aus der Geschichte der naturwissenschaftlichen Methoden begründet. Anschließend stellt der Beitrag drei Arten qualitativer Methodologie nach ihrem Subjekt-Objekt-Bezug dar. Als Beispiele für subjekt-bezogene Theorien werden Hermeneutik, Phänomenologie und die phänomenologische Soziologie erläutert. Die zweite Art qualitativer Methodologie ist die gegenstandsbezogene Methodologie. Beispiele hierfür sind in der Psychoanalyse, aber auch in der Ethnologie zu finden. Abschließend gibt der Beitrag Beispiele für entwicklungsbezogene Methodologien, die z.B. genetische, historische und vor allem dialektische Methodologien umfassen. (ICG)
Mit dem zu erforschenden Phänomen vertraut zu werden durch praktische Teilnahme am sozialen Geschehen, durch Erwerb der Mitgliedschaft, durch existentielle Perspektivenübernahme - dieses Forschungskonzept lässt sich auch als "Lebensweltanalyse" bezeichnen. Es dient der verstehenden Beschreibung und dem Verstehen durch Beschreibung von sozial (mit-)organisierten Ausschnitten individueller Welterfahrungen. Für die Autoren stellt die Lebensweltanalyse den Königsweg der verstehenden Rekonstruktion der in der neueren Wissenssoziologie so genannten "kleinen sozialen Formationen" in modernen Gesellschaften dar. Zunächst wird der Frage nachgegangen, wie eine Innenperspektive erlangt werden kann. Im Anschluss daran werden Beispiele aus der empirischen Praxis vorgestellt. Abschließend erfolgt ein Überblick über die Methodenvielfalt. (ICD2)