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Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder?
Jürgen Kaube ist Herausgeber und Bildungsexperte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" - und Vater von zwei Töchtern. Aus dieser doppelten Erfahrung heraus formuliert er eine provokante These: Die Schule, wie sie jetzt ist, ist eine Fehlkonstruktion. Sie bringt den Kindern oft nur bei, was diese weder brauchen noch verstehen - und zuverlässig fast komplett wieder vergessen. Schlimmer noch: Die Schule reagiert dabei viel zu stark auf immer neue Anforderungen, die von außen an sie gestellt werden. Die Digitalisierung des Klassenzimmers ist genauso Unsinn, wie es die Rechtschreibreform oder das Sprachlabor waren. Was jetzt gebraucht wird, sagt Kaube, ist eine Reduktion auf das Wesentliche: Kinder sollen denken lernen, darum und nur darum geht es in der Schule. Heute bringt sie ihnen vor allem bei, was leicht abgefragt werden kann. Und das ist das genaue Gegenteil von denken lernen, Urteilskraft und Weltverständnis. Daraus leitet Kaube ebenso klare wie unbequeme Forderungen ab, die die Bildung unserer Kinder von unsinnigen Zwängen befreien. Ein Plädoyer für eine Schule, die wirklich schlau macht. "Der Herausgeber der FAZ hat schon wieder ein Buch geschrieben. Dieses Mal knöpft er sich die deutschen Schulen vor. Kaubes These: Die Schule, wie sie jetzt ist, ist eine Fehlkonstruktion und bringt Kindern lauter Dinge bei, die sie nicht brauchen. Ob Digitalisierung, Rechtschreibreform oder modernes Sprachlabor: für Kaube alles Unsinn. Stattdessen müssten Kinder lernen, selbstständig zu denken" (Platz 10 der Sachbuch-Bestenliste für Juli/August 2019)
Im Reformhaus: zur Krise des Bildungssystems
Die deutsche Bildungspolitik glänzt durch Kurzatmigkeit und Reformeifer. Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass die Kultusministerien umfangreiche Richtlinien und Erlässe verabschieden und deren prompte Umsetzung einklagen. Gleichbehandlung ist das Zauberwort, die Folgen ihrer Verwirklichung bleiben unreflektiert. Mittlerweile wird das Abitur als Instrument der sozialen Chancenverteilung betrachtet. Damit gerät die Schule unter enormen Erwartungsdruck. Geistlose Interpretationen von Statistiken und internationalen Vergleichen sind ein Indiz für die Orientierungslosigkeit hiesiger Bildungspolitik
Die Nacht im Menschen - Hegels "Phänomenologie des Geistes": Auszug aus "Hegels Welt" von Jürgen Kaube
In: Soziopolis: Gesellschaft beobachten
»Wenn man über alles schreibt, wie bleibt man dann interessant?
In: Kursbuch, Band 54, Heft 195, S. 78-97
Fortschrittsglaube contra Nostalgie: Welcher Zeit gehört die Gegenwart an?
In: Indes: Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, Band 5, Heft S1, S. 145-150
ISSN: 2196-7962
Universität, Prestige, Organisation
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 67, Heft 4, S. 342-348
ISSN: 0026-0096
Soziologiekolumne: Säkularisierung, Wiederkehr der Religion
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 66, Heft 11, S. 1039-1044
ISSN: 2510-4179
Zu behaupten, man lebe in einem säkularisierten Zeitalter, dient nach Meinung des Autors nur zur Rechtfertigung antikonfessioneller Welt- und Gesellschaftsbilder. Der Bedeutungsverlust des Religiösen ist dann nicht viel mehr als die Diagnose, die Nordeuropa sich in den 1960er Jahren selbst stellt, von Harvard oder Bielefeld aus gesehen. Was es aber tatsächlich gibt, so lautet die Schlussfolgerung, sind keine Trends, sondern nur regionale Unterschiede: Säkularisierung diesseits, Religion jenseits der nordeuropäischen Grenzen. Weltweit, heißt es überdies, wird nicht einmal der Begriff "Religion" einheitlich verwendet und jedes Land hat seine eigenen, unvergleichlichen säkularen Bewegungen, so dass von den Merkmalen der Moderne, die in Bezug auf Religion überall anzutreffen sind, nicht gesprochen werden kann. Im Fluchtpunkt dieses begrifflichen Defätismus, dem es geboten scheint, von vielen Modernen zu sprechen, liegen dem Autor zufolge beliebig viele kleine Erzählungen, die sich allenfalls zu einer großen Erzählung von Beliebigkeit zusammenfassen lassen. Das aber ist, wie alles Geschichtenerzählen, soziologisch kein gangbarer Weg. Denn wie leicht zu sehen ist, beansprucht schon die Rede von den vielen, mehr oder weniger religiösen Modernen erstens ein Kriterium dafür, in einer jeden von ihnen das Moderne zu identifizieren, und zweitens einen Religionsbegriff, welcher Vergleiche erlaubt. Dies führt zu der kritischen Frage, was mit dem Begriff der Säkularisierung sinnvollerweise gemeint sein kann. (ICI2)
Soziologiekolumne: Mittelschicht, Klassengesellschaft
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 65, Heft 4, S. 343-349
ISSN: 2510-4179
Die Begriffe "Klasse" und "Schichtung" sind nach Meinung des Autors für eine Beschreibung moderner Gesellschaften unergiebig geworden. Helmut Schelsky wies darauf hin, dass die sozialen Strukturbegriffe des 19. Jahrhunderts noch im 20. Jahrhundert als Ideologie überlebten. Heute aber dürfte die Mittelschicht als Selbstbeschreibung für viele eher Ausdruck einer Verlegenheit als eines substanziellen Zugehörigkeitsgefühls sein. Dies zumindest war in historischer Hinsicht im Adel, im Bürgertum und in der Arbeiterschaft anders. Den praktischen Auswirkungen des heutigen Schichtbegriffs begegnet man in Studien, welche unterstellen, dass die Schichtung in erster Linie ein wirtschaftlicher Tatbestand sei. Sie tun es nicht aufgrund einer soziologischen Überlegung, sondern in erster Linie aus Messbarkeitsgründen. Ob wir in einer Mittelstandsgesellschaft leben oder nicht, entscheidet dann der Anteil, den die Empfänger eines bestimmten Nettolohns oder Renteneinkommens an der gesamten Bevölkerung haben. Die Mittelschicht schrumpft, wenn es weniger Haushalte in einer Einkommenszone gibt, die durch bestimmte Prozentabstände zum mittleren Einkommen festgelegt wird. Gegenwärtig herrscht mangels einer Theorie in der Soziologie der Ungleichheit ein statistisches Belieben, wie der Autor in seiner kritischen Analyse anhand einiger Beispiele zeigt. (ICI2)
Ein Denkmal für den unbekannten Innenseiter
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 65, Heft 9/10, S. 772-780
ISSN: 2510-4179
"An den Begriffen des Außenseiters und des Nonkonformisten fällt zunächst ihre Unbestimmtheit auf. Sie zeigt sich deutlich, sobald nach dem Gegenteil dieser Begriffe gefragt wird. Wer das Wort 'Innenseiter' googelt, der erhält die Rückfrage 'Meinten Sie ´Außenseiter´?' Innenseiter sind im Deutschen nicht vorgesehen. Das aus dem Englischen übernommene 'Insider' wiederum, das dort nicht das Gegenteil des 'Outcast' geschweige denn 'Outlaw' meint, bezeichnet ebenfalls nicht den, der dazugehört, sondern den, der sich weit darüber hinaus besonders auskennt. Zwar sprechen die Wirtschaftswissenschaften beispielsweise von 'Insider-Outsider'-Modellen, wenn sie die strategischen Positionen von Arbeitsplatzbesitzern und Arbeitslosen analysieren. Doch wenn dieselbe Disziplin zur Frage des Insiderhandels an Börsen übergeht, ist damit nicht einfach nur der Handel irgendwelcher Angestellter mit Wertpapieren der eigenen Organisation gemeint, sondern der von solchen mit entscheidenden Informationsprivilegien." (Autorenreferat)
Bildung, Schule
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 65, Heft 11, S. 1054-1058
ISSN: 2510-4179
Würde die Bildungssoziologie mehr über ihre Variablen und ihre Kausalitätsbegriffe nachdenken, was sie nicht tut, so wäre dadurch allerdings die Frage nach der schulischen Wirklichkeit, die daraus Folgerungen zu ziehen hätte, noch nicht beantwortet. Ob überhaupt Unterricht stattfindet, ist in Bezug auf die zur "Restschule" heruntergeredete Hauptschule vielerorts die wichtigere Frage als die nach der sozioökonomischen Zusammensetzung ihrer Schülerschaft. Der Kampf gegen die Schulstruktur, der sich mit Ungleichheitsforschung munitioniert und insofern zum Denken in Variablenkausalität passt, verdeckt womöglich, wie sehr die Bildungserfolge vom Unterricht und der professionellen Stabilität des Lehrpersonals abhängen anstatt von der Struktur des Schulwesens. Dass die Schule nicht voraussetzungslos arbeitet, kommt hinzu. Soziologisch betrachtet, ist es unwahrscheinlich, dass eine Organisation, die über wenig mehr verfügt als Unterrichtsstunden, auszugleichen vermag was, je nach Deutung, der Kapitalismus, die Klassengesellschaft, die Medien oder die Familien angerichtet haben. Vermutlich wäre viel gewonnen, wenn man sie tun ließe, was sie kann, anstatt sie ständig im Hinblick auf etwas zu reformieren und zu kritisieren, was ohnehin nicht in ihrer Macht steht. (ICF2)
Vater Staat und seine Erwachsenen: die Politik des Lebensstandards als Maß aller Dinge
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 64, Heft 9/10, S. 996-1004
ISSN: 2510-4179
In "Die Politik der Gesellschaft" hat Niklas Luhmann vor zehn Jahren einen eigentümlichen Gedanken zum Selbstverständnis moderner Individualität vorgetragen: Danach verändert sich der Begriff des Erwachsenseins unter den Bedingungen entwickelter Wohlfahrtsstaatlichkeit. Die politische Freiheit ist nicht das Vermögen, nach eigenem Gutdünken in den Grenzen der Rücksicht auf andere zu folgen. Sie unterliegt vielmehr der Zusatzbedingung, vorher niemanden fragen zu müssen, und setzt Autarkie voraus. Da der moderne Staat seit der Mitte des 20. Jahrhunderts aber die politische Inklusion der erwachsenen Bevölkerung nicht nur durch allgemeine Wahlen und Bürgerrechte, sondern umfassender noch durch die Abhängigkeit der Lebensführung aller von seinen Begünstigungen verwirklichte, löst sich nun jener Zusammenhang auf. Die Frage, was jemand sei und welcher Art seine Freiheit beschaffen ist, kann nicht mehr ohne Rücksicht auf seine Verteilungsposition im Wohlfahrtsstaat beantwortet werden. Diese Analyse Luhmanns ist nach Ansicht des Autors ebenso weitreichend, wie sie an ihrem Ort elliptisch bleibt. Sowohl ihre Voraussetzungen wie ihre Implikationen sind unklar, und Forschungen zu ihr können auch die vorliegenden Überlegungen nicht ersetzen. Aber sie versuchen heraus zu finden, welcher Phänomenbestand für eine solche Forschung in Betracht käme und unter welchen theoretischen Prämissen er sinnvollerweise untersucht werden könnte. (ICI2)
Integration, Assimilation
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 64, Heft 11, S. 1083-1088
ISSN: 2510-4179
Mit dem Begriff der Integration verbinden sich die widersprüchlichsten Bedeutungen. Teils gilt als integriert, wer als Migrant oder Abkömmling von Migranten im Zuwanderungsland unauffällig lebt. Dieses Verständnis von Integration wird auch auf ganze Gruppen angewendet und meint ihre sozialstatistische Unauffälligkeit, etwa wenn sie ähnliche Beschäftigungsquoten, Bildungserfolge oder Kriminalitätsraten erzielen wie die einheimische Bevölkerung. Teils aber geht es nicht nur um die üblichen Kennzahlen der Sozialdemographie, sondern um kulturelle Praktiken und Meinungen. Die vorliegende Kolumne versucht an Hand der Sichtung und Kommentierung neuerer Literatur zum Thema (Stichweh, Esser) einige begriffliche Klärungen und Sondierungen. Erkennbar schwankt die Verwendungsweise von "Integration". Was integriert werden sollte - Personen? Gruppen? Kulturen? Meinungen? Verhaltensweisen? -, ist ebenso unklar wie der Gegenbegriff "Assimilation". Wenn jeder zehnte Zuwanderer "integrationswillig" ist, besteht er dann auf Privatheit, Feindschaft, Indifferenz, Dagegensein oder nur auf türkischsprachigem Fernsehen und Familienordnungen, die er für traditionale hält? Wenn Integration und "Multikulti" als "gescheitert" etikettiert wird, bezieht sich das auf Ghettos, Fundamentalismen, mangelhaftes Sprachvermögen oder unterproportionalen Hochschulzugang? Solche Fragen werden an Hand der Literatur knapp erörtert. (ICA2)