Mitteleuropäische Literatur und kulturelle Identität
In: Mitteleuropäische Perspektiven, S. 17-29
Der Autor beschreibt die historische Entwicklung der mitteleuropäischen Literatur ab dem 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart und erwähnt die damit verbundene jeweilige kulturelle Identität in diesem Raum. Zunächst geht er auf drei Zugänge (den deutschen, österreichischen und oppositioneller Intellektueller seit den siebziger Jahren) zur Begrifflichkeit Mitteleuropas ein. Diese Zugänge konfrontiert er mit einer kontinuierlichen Betrachtung des Akkulturationsprozesses in diesem Raum, des Hineinwachsens von Völkern unterschiedlichster Kulturen in eine gemeinsame mitteleuropäische kulturelle Identität in Form von Figurationen, Bewegungszusammenhängen im Sinne von Norbert Elias. Insgesamt erkennt man vier Figurationen, in denen sich die Entwicklung zu einer mitteleuropäischen Identität durch die Diachronie hindurch zu erkennen gibt: (1) aus dem spezifischen Zusammenfließen von Renaissance und Barock, (2) das Gepräge größter ethnischer Vielfalt durch ein modernes Nationalbewußtsein, (3) das kulturelle Aufblühen um die Jahrhundertwende in Symbiose mit dem jüdischen Element hin zu einem höchsten Grad eines übernationalen Inhaltes und (4) das Nachwirken dieses mitteleuropäischen Gemeinschaftsbewußtseins im Zuge der Eigenstaatlichkeit der Völker. Schließlich hat das mitteleuropäische Identitätsbewußtsein, das auf der Wahrung einer kulturellen Pluralität beruht, sich der augenblicklichen Eschatologie des Unpersönlichen zu widersetzen. (ICK)