Viereinhalb Jahre nach dem Beginn des Friedens- und Erneuerungsprozesses befindet sich Nepal einmal mehr in einer sehr schweren politischen Krise. Dabei hatte es zunächst recht gut angefangen. Die Monarchie, die zuvor geputscht hatte, zog sich Ende April 2006 schmollend von der Macht zurück, nachdem sie das 1999 gewählte und im Mai 2002 aufgelöste Parlament wieder eingesetzt hatte.
Premierminister Bhattarai löste am 28. Mai 2012 die Verfassunggebende Versammlung auf. Nepal befindet sich seither in einer scheinbar ausweglosen Situation ohne Parlament und ohne konstitutionelle Möglichkeiten einer Neuwahl. Lösungsansätze wären die Bildung einer Allparteienregierung oder Neuwahlen zu einer neuen Verfassunggebenden Versammlung. Karl-Heinz Krämer veranschaulicht die Hintergründe der Krise seit der erstmaligen Wahl einer Verfassunggebenden Versammlung im Jahr 2008 und zeigt mögliche Auswege auf. Ein übersichtlicher Einstieg in unser Schwerpunktthema Nepal.
Zwölf Jahre nach der Einleitung eines Übergangs- und Erneuerungsprozesses und zweieinhalb Jahre nach der Verabschiedung der neuen Verfassung zeichnet sich in Nepal die Chance einer politischen Stabilisierung ab. Wahlen auf allen drei Ebenen des neuen politischen Systems, eine starke Reduzierung der am Parlament beteiligten Parteien und die Transformation der für die Provinz- und Parlamentswahlen gebildeten Left Alliance in eine neue Partei haben das Potenzial, die Machtverhältnisse auf längere Sicht dramatisch zu verändern. Trotz dieser Entwicklung ist zu bedenken, dass viele Übergangsprozesse weiterhin nicht abgeschlossen sind.
Nepals Regierung plant die Einführung von Richtlinien zur Sicherstellung nationaler Integrität (NIP). Der 23-seitige Entwurf richtet sich gleichermaßen an Parlamentsabgeordnete, Führer und Kader der Parteien und das diplomatische Corps, wie auch an internationale und nationale NRO (I/NGOs), die Privatwirtschaft, Kooperativen, Schulen und Universitäten. Besonders betroffen von dem bisher nur in nepalesischer Sprache vorliegenden und sprachlich zum Teil unklar formulierten Entwurf sehen sich die NRO, mit anderen Worten: die Zivilgesellschaft. Es heißt, sie sollten ihre Arbeit an den Zielen der Regierung orientieren und nicht eigenmächtig ihre eigenen Strategien verfolgen. Gleichzeitig aber hat die Regierung die vom Obersten Gerichtshof untersagte öffentliche Finanzierung von Projekten durch gewählte Parlamentsabgeordneten in ihren Wahlbezirken (Constituency Development Program) wieder zugelassen.
Das Jahr 2001 wird sicherlich als eines der schwärzesten Jahre in die Annalen der nepalischen Geschichte eingehen. Zehn Jahre nach der Demokratisierung tut sich das Land zunehmend schwerer, die hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Das Problem ist dabei weniger die Tatsache, dass die erhoffte Demokratisierung Zeit braucht, sondem eher die Art, wie die verantwortlichen Politiker und Parteien scheinbar zielstrebig jeden positiven Ansatz im Keim ersticken .
Als Indien am 31. Oktober 2019 eine neue offizielle politische Karte veröffentlichte, geriet der kleine Landstreifen von Kalapani im Nordwesten Nepals einmal mehr in die Schlagzeilen. Zunächst diskutierten die Tageszeitungen und sozialen Medien intensiv über diesen "territorialen Übergriff" Indiens. Dann nahmen sich auch politische Parteien und die Regierung dieses Vorfalls an.
Die Regierung von Premierminister K. P. Oli ist im vergangenen Jahr mit großen Versprechungen angetreten, Nepal innerhalb von fünf Jahren in einen stabilen Rechtsstaat zu führen. Ein kursorischer Überblick des Autors kommt zum Schluss, dass eineinhalb Jahre später davon kaum etwas zu sehen ist.
Ende 2017 sorgte eine diszipliniert durchgezogene Wahlallianz der beiden linken Parteien CPN-UML (Communist Party of Nepal – Unified Marxist-Leninist) und CPNMC (Communist Party of Nepal – Maoist Centre) für eine grundlegende Veränderung der politischen Machtverhältnisse. Seit 2002, als der inzwischen abgesetzte König Gyanendra putschte, hatte es keine Partei mehr geschafft, eine absolute Mehrheit zu erringen. Selbst die damalige Mehrheit des NC (Nepali Congress) war aufgrund interner Machtkämpfe eher brüchig gewesen. Im Prinzip begann die Phase instabiler Regierungen bereits im November 1994. Was als klassisches Gerangel zwischen linken Parteien erscheinen mag, blockiert jedoch das Regierungshandeln auf allen Ebenen, das viele lokale Bevölkerungsgruppen so dringend bräuchten.
Als sich die beiden Parteien CPN-UML (Communist Party of Nepal - Unified Marxist– Leninist) und CPN-MC (Communist Party of Nepal - Maoist Centre) Anfang Oktober 2017 im Vorfeld der Parlamentswahlen zu einer linken Wahlallianz (Left Alliance) zusammenschlossen, bezweifelten viele Beobachter, dass dieses Bündnis funktionieren würde. Hatte sich doch in der Vergangenheit eine Kooperation dieser Parteien stets schwierig gestaltet. Bereits im Oktober vergangenen Jahres erklärten die führenden Politiker, sich tatsächlich zu einer einzigen Partei zusammenschließen zu wollen. Am 17. Mai 2018 erfolgte dieser Zusammenschluss zur Nepal Communist Party (NCP) nach langem Ringen um Details und Klärung innerparteilicher Machtfragen.
Wie in vielen Gegenden der Erde so vollzieht sich auch in Nepal in jüngerer Zeit eine Art ethnisches Erwachen. Es geht eine Bewegung durch Nepal, die geprägt ist durch ein stetig wachsendes Selbstbewußtsein der diversen ethnischen Gruppen.
After10 years of a bloody Maoist insurgency and a gradual royal putsch, the people's movement of April 2006 has laid the foundations for a new political beginning. Nepal's numerous problems must be understood against the background of historical and social developments of the modern state. The multiethnic, multicultural, multireligious and multilingual modern state of Nepal came into existence in the second half of the 18th century when the Shah monarchy of the principality of Gorkha unified numerous small states by military force. The Shah kings organized the new unitary state on the principles of traditional law with all its aspects of a stratified hierarchical social system. A small coterie of male members of so-called higher Hindu castes became dominant in all public spheres while other groups and the women became excluded, a situation that is still prevalent today and that is the reason for growing unrest. Neither the abolition of Rana oligarchy in 1950/1 nor the democratization of the country in 1990 changed this fundamentally. Elections for a constituent assembly took place in April 2008. They were meant as foundation for a reconstruction of state and society, but the political leaders still have a hard time with its implementation.
"Nach zehn Jahren eines maoistischen Aufstands und einem stufenweiseerfolgten Putsch des Königs brachte ein Volksaufstand im April 2006 Nepal zumindest zeitweilig zur Ruhe. Seither bemühten sich Parteipolitiker, einschließlich der Maoisten, um einen dauerhaften Frieden und einen Neubeginn des Landes. Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung sollten hierzu als Legitimationsgrundlage dienen. Nach wiederholten Verzögerungen, überwiegend bedingt durch den Machtpoker der Parteipolitiker, fanden diese Wahlen im April 2008 statt. Die Maoisten feierten einen deutlichen Wahlsieg, verpassten aber eine absolute Mehrheit, was zu erneuten Machtkämpfen zwischen den diversen Parteien geführt hat. Der Sieg der Maoisten mag für viele überraschend sein, ist aber verständlich vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre. Die nachfolgende Analyse beginnt mit den historischen Grundlagen der nepalischen Krise, beleuchtet diverse Aspekte des Scheiterns des Systems von 1990 und endet mit einer Bewertung der Wahlen vom April 2008 und den sich daraus ergebenden Perspektiven." (Autorenreferat)
Der Autor beschreibt und analysiert den Prozess des demokratischen Wandels in Nepal nach den Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung und der Abschaffung der Monarchie. Detailliert werden die verschiedenen politischen Akteure sowie deren Ziele und Verhalten beschrieben. Außerdem setzt der Autor die aktuelle Situation in Bezug zu längerfristigen historischen Entwicklungen.
One year after King Gyanendra dismissed the government of Sher Bahadur Deuba and assumed executive powers in violation of the Constitution, a return to a democratic system is not in sight. The royal action of October 4, 2002, appears more and more as a royal coup d'état. The initiation of a peace process with the Maoist insurgents brought new hopes for some months, but the dialogue broke down before it really began.