Langzeitarbeitslose sollen in Deutschland durch »aktivierende« Maßnahmen wieder Arbeit finden und sich damit selbst aus ihrer prekären Situation befreien. Mithilfe eines intensiven Einblicks in die Biographien Betroffener zeigt sich jedoch, wie sich ihre Lebenslage zunehmend verfestigt, da sie häufig nicht die »richtige« Hilfe finden. Langzeitarbeitslose gelten in Deutschland als eine vielfach defizitäre Gruppe: Trotz einer guten wirtschaftlichen Lage finden sie keine oder nur eine kurze Beschäftigung und benötigen zusätzliche »aktivierende« Bildungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Doch welche Hilfsangebote sind wirklich zielführend? Die in diesem Buch dargestellte Forschungsarbeit analysiert und rekonstruiert mithilfe von Lebensverläufen Betroffener, welche Bewältigungsformen und -bedarfe aus einer sozialpädagogischen Perspektive entstehen. Sie zeigt u. a. auf, wie Vermittlungshandeln zu fremden Hilfeformen wird, die an den Bedürfnissen der Klientel vorbeigehen und im Extremfall zum Verlust der Berufsbiographie führen.
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Trotz vielfacher politischer Bemühungen erweist sich die Gruppe der sog. Langzeitarbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland als verfestigte Größe, die weitgehend alle Integrationsbemühungen in den Arbeitsmarkt zu ignorieren scheint. Umso intensiver wird auf der Seite der Vermittlungsbehörden nach "passgenauen" Hilfen gesucht, welche sich einerseits an die sozialstaatliche Individualisierungslogik anpassen und andererseits eine Bedarfsfeststellung über immer detaillierte, ökonomisierte Verfahrensabläufe vornehmen. Soziale Arbeit wird im Handlungsfeld der Arbeitsvermittlung zunehmend als Profession adressiert, um etwa sog. "Vermittlungshemmnisse" abzubauen und somit die jeweilige "Beschäftigungsfähigkeit" zu erhöhen. Sie steht dabei im Konflikt zwischen den heterogenen Bedürfnissen der KlientInnen als häufig fremdbestimmte Akteure im Vermittlungsregime und den Anweisungen und Logiken der Arbeitsvermittlung und Sozialpolitik, die gebündelt im Begriff "Aktivierung" auftauchen. Die vorliegende Arbeit untersucht mithilfe narrativ-biographischer Interviews, innerhalb welcher Prozesslinien Langzeitarbeitslose ihre Lebenslage rekonstruieren und klärt dabei u.a. die Frage, in welcher Weise soziale Hilfe aus Sicht der AdressatInnen gestaltet werden kann. Dabei wird deutlich, dass jene komplexe Lebenslage Erfahrungen des Verlusts berufsbiographischer Handlungsfähigkeit verdichtet, die sich biographisch als "Entfremdung" niederschlagen. Anhand des Verlaufskurvenkonzeptes wird nachgezeichnet, wie sich Potentiale des Erleidens über Transformationsbewegungen verstetigen, die maßgeblich über das Handeln der Arbeitsvermittlung gesteuert werden: Arbeitslosigkeit in ihrer biographisch-verfestigten Form wird demnach durch die sozialstaatlichen Vermittlungsbemühungen nicht bearbeitet, sondern – im Gegenteil – erst generiert. Subjektive Verarbeitungsmodi und Formen sozialer Unterstützung lassen sich zwar auf sozialräumlicher Ebene als Aufbau "kreativer Inseln" sowie in Organisationsformen der Selbsthilfe und Vernetzung erkennen, jedoch sind diese Hilfe- und Bewältigungskulturen nur selten mit den Deutungsmustern des Vermittlungsregimes vereinbar. So bilden sich immer wieder Konfliktfelder in einer asymmetrischen Interaktionsgestaltung, die zum einen die Aushandlung adressatInnenzentrierter Hilfepläne behindern und zum anderen die jeweilige "Beschäftigungsfähigkeit" immer wieder neu vermessen: Einschränkungen in den sog. beruflichen Sekundärkompetenzen bis hin zu Krankheitsformen schmälern als Akzeptanzdefizite immer weiter die Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt, so dass eine Vermittlung in biographisch-passende Formen von Erwerbsarbeit immer unwahrscheinlicher wird. Mithilfe kritischer Hinsichten auf das "arbeitsnehmerInnenorientiere Integrationskonzept" der Bundesagentur für Arbeit werden lang- wie auch kurzfristige Reformvorschläge für die Architektur einer Arbeitsvermittlung präsentiert, die die selbstbestimmte Einbindung Sozialer Arbeit zulässt. Neue Handlungsansätze werden u.a. als Konzept der "akzeptanzorientierten Hilfe bei Arbeitslosigkeit" diskutiert. ; In spite of multiple political efforts the group of the so-called long-term unemployed in Germany seems to be a constant that widely ignores all integration efforts in the labour market. All the more employment agencies are searching for "custom-fit" helping strategies which on the one hand adapt to the social-state individualization logic and assess the needs oft the clients by detailed, economised procedures. So Social Work as an employment service has to remove the individual so-called "labor market placement obstacles" and to enhance the employability. In the process it has to handle the conflict between the various needs of its clients as often other-directed actors in the employment regime and the instructions and logics of the employment agencies and social politics clustered in the concept "Activation". With the help of narrative-biographical interviews, the present work examines within which process lines the long-term unemployed reconstruct their situation and resolves the question how social help can be formed from the point of view of the addressees. The results of this research show that their complicated situation condenses experiences of the loss of occupational biographical ability to act which are reflected biographically as "alienation". By using the trajectory concept it can be illustrated how potentials of suffering are dynamised by transformations which are significantly induced by the employment agencies: Therefore, unemployment in its biographical form is not finished by the social-state employment management, but – on the contrary – it is generated. Subjective coping strategies and forms of social support reveal "creative pockets" as appropriate social environments, self-help organisations and social networks. However, these help and coping cultures are incompatible with the logics of the employment regime. In this way areas of conflict accumulate in an asymmetrical interaction process which on the one hand interfere with the negotiation of addressee-centred help plans and on the other hand repeatedly measure the respective "employability" anew: Restrictions in the so-called secondary competences to the point of illness increasingly impair the access chances to the labour market as acceptance deficits, so that getting a biographically suitable job becomes highly unlikely. With the help of a critical analysis of the "arbeitsnehmerInnenorientiere Integrationskonzept" of the federal agency for work long-term as well as short-term reform proposals are presented in order to design an employment system which admits the self-determined integration of Social Work, for example new approaches like the "acceptance-oriented help on unemployment".