Bei dieser Studie handelt es sich um ein historisch-statistisches Quellenwerk zur Statistik der industriellen Produktion in Deutschland von 1850-1911. Die vorliegenden Übersichten sollen speziell über den Bereich der Hüttenindustrie auf allen Gebieten der Metallherstellung aus Erzen informieren.
Grundsätzlich wird die Sektoralabgrenzung der Stahlindustrie und ihrer Unterbranchen nach dem Systematischen Warenverzeichnis für die Industriestatistik der Bundesrepublik Deutschland, Ausgabe 1970, S. 37 ff., vorgenommen. Eine direkte Anlehnung ist jedoch durch die zeitgenössisch übliche statistische Vernachlässigung der Produktion von Halb- und Zwischenprodukten, die auf denselben Werken weiterverarbeitet wurden, sowie durch die andersartige technische Organisation der Stahlproduktion vor 1914 schwer möglich.
Fast sämtliche Stahlwerke stellten im Gegensatz zu heute durchweg alle aufgeführten Produktgruppen her, ohne die in die Fertigprodukte eingehenden Stahlrohblöcke und Stahlhalbzeuge eigener Produktion statistisch zu erfassen. In der Montanstatistik existieren demnach lediglich Angaben über die verkaufte Produktion von Stahlrohblöcken und Halbzeug. Da eine gesonderte Ausweisung dieser zwei Produktionsgruppen das Bild der Stahlproduktion unnötig verzerrt hätte, wurde folgende statistische Darstellung gewählt:
Jahr / Produktion in t / davon Fertigprodukte / Wert in Mark / davon Fertigprodukte.
Die "Produktion in t" umfasst die gesamte marktorientierte Fertigung, Stahlrohblöcke, Halbzeuge, Fertigprodukte. Unter der Rubrik "Fertigprodukte" ist die Produktion von Walzstahl, der Stahlverformung, der Ziehereien und Kaltwalzwerke zusammengefasst. Weiterhin werden in den Tabellen die Anzahl der Werke sowie die Zahl der Beschäftigten ausgewiesen. Soweit quellenmäßig erfassbar, werden Haupt- und Nebenwerke bzw. männliche und weibliche Beschäftigte getrennt ausgewiesen.
Themen
Zeitreihen im Recherche- und Downloadsystem HISTAT
Thematisch ist die Studie in folgende vier Bereiche gegliedert:
A: Die Produktion von Schmiedeeisen B: Die Produktion von Roh-, Guß- und Raffinierstahl C: Die Produktion von Schweißeisen und Schweißstahl D: Die Produktion von Flußeisen und Flussstahl
Die Datentabellen zu diesenn Themenbereichen sind über HISTAT frei recherchierbar und downloadbar.
Wirtschaftlich ist die Roheisenindustrie innerhalb des Sektors der eisenschaffenden Industrie vor allem gegen die Stahlindustrie abzugrenzen, mit der auf betrieblicher Ebene häufig eine enge Verflechtung besteht. Nach dem systematischen Warenverzeichnis für die Industriestatistik der Gegenwart (Ausgabe 1970, Stuttgart und Mainz, S. 37 f.) ist der Hochofenindustrie (synonymer Begriff für 'Roheisenindustrie') die Produktion von Roheisen nebst Ferolegierungen zuzurechnen, nicht jedoch die von Rohstahl. Diese Definition ist metallurgisch und technologisch begründet. Roheisen ist auf dem Transformationsgang zwischen Eisenerz und dem fertigen Walzstahl ein Zwischenprodukt, das nicht schmied- oder walzbar ist, und somit im Sinne der Stahlindustrie noch kein verwertbares Produkt darstellt. Gleichfalls bedeutsam ist die Abgrenzung zum Gießereisektor. Die Roheisenindustrie lässt sich hier nicht so eindeutig abgrenzen. Metallurgisch ist das Roheisen nach erneutem Aufschmelzen und Vergießen in Gussformen kein grundsätzlich neues Produkt. Jedoch ergibt sich eine ähnliche ökonomische Position des Roheisens in der Transformation zwischen Eisenerz und dem Endprodukt wie bei der Unterscheidung zwischen Roheisen und Stahl: auch hier ist Roheisen ein Zwischenprodukt, das erst nach dem Vergießen zu einem ökonomisch nutzbaren Fertigprodukt wird.
Unter dem Begriff Roheisenindustrie ist demnach eine Industrie zu verstehen, die ein reines Vorprodukt für Gießereien und Stahlwerke herstellt.
Der geographische Erhebungsraum, der dieser Studie zugrunde liegt, ist das deutsche Zollgebiet, also im wesentlichen das Deutsche Reich und das Großherzogtum Luxemburg. Das Großherzogtum Luxemburg wurde aus zweierlei Gründen mit berücksichtigt: zum einen sind sämtliche einschlägige amtliche Angaben im Bereich der Montanstatistik und des Außenhandels auf das Zollgebiet bezogen. Eine Umrechnung auf das Reichsgebiet ist praktisch undurchführbar. Zum anderen war Luxemburg durch eine lange Zugehörigkeit zum Zollverein wirtschaftlich ein Teil des Deutschen Reichs.
Hinsichtlich der zeitlichen Abgrenzung stößt man auf ein Spannungsfeld zwischen politischer Geschichte und Wirtschaftsgeschichte. An sich war 1871, das Gründungsjahr des Reichs, wirtschaftlich kein besonders herausragendes Datum. Sinnvoller für eine wirtschaftshistorische Untersuchung wäre das Jahr 1873, der Höhepunkt des Gründerbooms. 1871 hat sich jedoch in der Wirtschaftsgeschichte als übliches Anfangsdatum für Untersuchungen des Kaiserreiches eingebürgert. Für dieses Jahr, 1871, als Anfangsdatum sprechen pragmatische Gründe: der Hauptvorteil einer Untersuchungsperiode von 1871 bis 1913 liegt in der vom Kaiserlichen Statistischen Amt grundsätzlich gleichartig erhobener Datenbasis. 1913, der Endzeitpunkt der Untersuchung, war das letzte Jahr, in dem die wichtigsten ökonomischen Rahmenbedingungen zu dieser Zeit – relativ freier Welthandel und Friedenswirtschaft – noch galten. Der mit Kriegsbeginn einsetzende Wandel ökonomischer und politischer Bedingengen macht cheine Ausdehnung des Betrachtungszeitraumes bis auf das Jahr 1918 (gesamter Zeitraum der Existenz des Kaiserreichs) wenig sinnvoll. Die Entwicklung der deutschen Roheisenindustrie in der Zeit des ersten Weltkrieges und der damit eng verbundenen Wiederaufbauphase erfordert angesichts der politischen unökonomischen Strukturbrüche eine eigene Untersuchung.
Inhaltlich ist die Studie in zwei große Themenkomplexe unterteilt. Im ersten Teil wird mit Hilfe eines neoklassischen Produktionsmodells das Wachstum der Roheisenindustrie in seine Komponenten zerlegt und intrasektoral erklärt. Die notwendige intersektorale Betrachtung dieses Wachstums wird in einem zweiten Abschnitt durchgeführt. Vor allem mit dem statistischen Hilfsmittel von Input-Output-Tabellen wird zunächst die nach Liefersektoren untergliederte Bezugsseite der deutschen Roheisenindustrie untersucht, sodann in einem zweiten Schritt die Absatzseite beschrieben. Sie spiegelt die Nachfrage wieder, die auf Umweg über Gießereien und Stahlwerke auf die Roheisenindustrie trifft. Untersuchungen über sektorenspezifische Wachstums- und Konjunkturverläufe sowie über den Beitrag zum Sozialprodukt und der Gesamtbeschäftigung runden das Bild ab.
Untergliederung der Studie (Tabellenverzeichnis Datenbank HISTAT):
01 Der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Roheisenarbeiter 1907-1913. 02 Die Entwicklung der Roheisenproduktion in Tonnen. 03 Die Anzahl der Werke und die Produktion pro Werk in Tonnen. 04 Der Eisenerz-, Schlacken- und Schrotteinsatz in Tonnen. 05 Der Einsatz von Kalksteinen und sonstigen Zuschlägen in Tonnen. 06 Verbrauchsvergleich zwischen Holzkohle und Koks beim Erschmelzen einer Tonne Roheisen 1881-1896. 07 Der Koksverbrauch pro Tonne Roheisen in vier Regierungsbezirken der Rheinprovinz 1871-1909. 08 Der Koksverbrauch pro Tonne Roheisen in ausgewählten Regierungsbezirken der Provinz Hannover 1871-1905. 09 Der Koksverbrauch pro Tonne Roheisen im Regierungsbezirk Oppeln. 10 Der Koksverbrauch in drei preußischen Provinzen und im Zollgebiet pro Tonne Roheisen. 11 Der Kokseinsatz in Tonnen. 12 Der Einsatz von Eisenbahn-Transportleistungen in Millionen Tonnenkilometern. 13 Der Arbeitseinsatz. 14 Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität (A-Pr,) und der Kapitalintensität (K-I). 15 Die Hochofenstatistik. 16 Der Kapitalstock (= Kapazität in 1000 Tonnen auf ganze 5 oder 10 tausend Tonnen gerundet). 17 Der Produktionswert in 1000 Mark. 18 Die Entwicklung des deutschen Durchschnittspreises für 1 Tonne Roheisen ( = durchschnittlicher Produktionswert) ab Hütte. 19 Die Entwicklung deutscher Eisenerz-Durchschnittspreise für 1 Tonne Erz ( = durchschnittlicher Produktionswert) ab Grube. 20 Die Erzkosten in 1000 Mark. 21 Die Entwicklung deutscher Kalkpreise für 1 Tonne Kalkstein ab Grube. 22 Die Zuschlagskosten in 1000 Mark. 23 Die Entwicklung deutscher Kokspreise (Dortmund-Essener Börsenpreis für 1 Tonne Hochofenkoks 1. Sorte ab Zeche). 24 Die Energiekosten in 1000 Mark. 25 Die Materialtransportkosten pro Tonne Roheisen in Mark. 26 Die Transportkosten in 1000 Mark. 27 Durchschnittliche Jahreslöhne der Hochofenarbeiter in Rheinland-Westfalen in Mark. 28 Durchschnittliche Jahreslöhne der Hochofenarbeiter im Regierungsbezirk Oppeln in Mark. 29 Die durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Einkommen der Beschäftigten der Roheisenindustrie in Mark. 30 Die Lohnkosten in 1000 Mark. 31 Die Rohgewinnentwicklung in 1000 Mark. 32 Die Stückgewinnentwicklung. 33 Die Kostenstruktur der Roheisenindustrie in 1000 Mark absolut und relativ Produktionswert = 100. 34Die Entwicklung der totalen Faktorproduktivität. 40 Der Anteil der Wertschöpfung der Roheisenindustrie am Nettosozialprodukt zu Marktpreisen in Preisen von 1913, absolut in Millionen Mark und in Prozent. 41 Der Anteil der Beschäftigten der Roheisenindustrie an der Gesamtbeschäftigung (GB) in Prozent. 42 Die Roheisenproduktion nach Sorten in Tonnen. 54 Die wichtigsten Konkurrenzpreise für deutsches Gießereiroheisen in Mark pro Tonne 1866-1913. 55 Die wichtigsten Konkurrenzpreise für deutsches Stahlroheisen in Mark pro Tonne 1887-1913.