"Man sagt, dass wir der NSDAP gleichkämen und eine Russen-Partei sind": Stimmungs- und Informationsberichte von KPD und SED aus Berlin (1945-1949)
In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft: ZfG, Volume 56, Issue 11, p. 910-934
ISSN: 0044-2828
Anhand von mehreren Beispielen zeigt der Verfasser, dass eine klare Trennung zwischen den informativen und operativen Aspekten der Stimmungsberichte in vielen Fällen nicht möglich ist. Von Beginn an dienten sie dem Kampf gegen alle politischen Gegner, ihrer Feststellung, "Bearbeitung", Verleumdung und in einzelnen Fällen auch ihrer Inhaftierung. Dennoch ergibt die Durchsicht der Berichte einen guten Überblick über die Probleme, denen sich KPD und SED in Berlin gegenübersahen. Als "Russenpartei" verschrien und zu einer wirklichen Opposition gegen die Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht weder gewillt noch fähig, geriet die Partei trotz der tatkräftigen Unterstützung durch die "Russen" schon Ende 1945 ins politische Hintertreffen. Immer wieder berichteten die Informanten von feindlicher Stimmung und teilweise handgreiflich feindseligem Verhalten der Bevölkerung gegen Verteidiger der Parteipolitik. So bieten die Berichte in erster Linie einen Eindruck vom Scheitern des Versuchs der Kommunisten, die Berliner Bevölkerung in der unmittelbaren Nachkriegszeit für sich zu gewinnen. Sie geben aber auch einen Eindruck von der sich ständig verschärfenden politischen Konfrontation zwischen Kriegsende 1945 und Gründung der beiden deutschen Staaten 1948/49. (ICF2)