Brasilianische Wirtschaftsdoktrinen von der Militärdiktatur bis zum Redemokratisierungsprozeß
In: Comparativ: C ; Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung, Band 8, Heft 6, S. 73-95
ISSN: 0940-3566
Anders als in anderen lateinamerikanischen Staaten haben sich brasilianische Wirtschaftswissenschaftler bei der direkten Anwendung ihrer Theorien in der Praxis hervorgetan. Dies wird dadurch erklärt, daß sie in Brasilien oft auch öffentliche Ämter wahrgenommen haben und so die Grenzen zwischen universitärer Forschung und Regierungsaktivitäten verwischt wurden. Zwischen 1930 und 1964 ist bei den brasilianischen Wirtschaftstheorien eine Vorherrschaft der Entwicklungsideen zu beobachten. Mit dem Beginn der Militärdiktatur und der Aussetzung des Demokratisierungsprozesses fanden im ökonomischen Bereich große Veränderungen statt. Die Regierung schaffte Voraussetzungen zur Anregung privater Ersparnisse und führte eine Währungskorrektur in der Wirtschaft ein, die die zeitweise schädlichen Auswirkungen der Inflation ein wenig neutralisierte. Die allmähliche Lockerung des Machtmißbrauchs und die politische Öffnung machte die Wirtschaftspolitik anfälliger für oppositionelle Einstellungen. Die vom letzten Militärregime übernommene Politik der Anpassung erwies sich als Katastrophe. (prk)