Vorspann Im Vietnamkrieg entlaubten die Amerikaner riesige Dschungelgebiete, sie wollten damit dem Vietcong Tarnungs- und Rückzugsräume nehmen. Das verwendete Herbizid "Agent Orange" erwies sich indes als hoch toxisch. Nicht nur unzählige Vietnamesen, auch US-Soldaten erlitten dadurch schwere gesundheitliche Schäden, die sie zu juristischen Klagen auf Entschädigung veranlassten. In diesem Zusammenhang wirft eine Anfrage des Pentagon an das Auswärtige Amt aus dem Jahr 1983 Fragen auf: Haben deutsche Wissenschaftler, gar solche mit NS-Vergangenheit, das Gift entwickelt? Und wusste die US-Regierung vorab um die Wirkung von "Agent Orange"? Mechthild Lindemann hat sich auf eine akribische Spurensuche gemacht.
"Waren deutsche Wissenschaftler die Erfinder von 'Agent Orange'? Eine Anfrage des amerikanischen Verteidigungsministeriums an das Auswärtige Amt im Frühjahr 1983 legte dies nahe. Im Zusammenhang mit der Klage von Vietnam-Veteranen gegen die Produzenten des Herbizids sollten deutsche Wissenschaftler befragt werden, die, so die Aussage des Pentagon, Anfang der 60er Jahre für die Entwicklung von 'Agent Orange' relevante Erkenntnisse an einen deutsch-amerikanischen Kollegen weitergegeben hätten. Der Artikel beleuchtet die Hintergründe dieses mysteriösen Vorgangs und führt die Problematik des Umgangs mit zivil wie militärisch nutzbaren Gütern vor Augen. Er geht der Frage nach, weshalb sich ein für das amerikanische Militär tätiger Chemiker an Mitglieder einer deutschen Kommission für gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe gewandt haben könnte und welches Wissen diese ihm seinerzeit überhaupt vermitteln konnten. Die Spurensuche zeigt die Brisanz einer möglichen Einbeziehung in den 'Agent Orange'-Prozess. Zum einen mochten weder die Bundesregierung noch die Wissenschaftler mit dem in der Öffentlichkeit als Kampfstoff wahrgenommenen Herbizid in Verbindung gebracht werden. Zum anderen drohte eine Vergangenheitsdebatte besonderer Art: Einige der Wissenschaftler hätten ihre Nähe zur nationalsozialistischen Kampfstoff-Forschung kaum leugnen können. Auch das Pentagon hatte gute Gründe, die Deutschen aus dem Prozess herauszuhalten. Ihre Aussage konnte die Einschätzung des Vorsitzenden Richters bestätigen, dass die amerikanische Regierung und Militärführung den 'Agent Orange'-Einsatz in Vietnam im Wissen um die Gesundheitsrisiken für die eigenen Soldaten befohlen hatten." (Autorenreferat)