" Identität" in den Internationalen Beziehungen: von geschlechtssensiblen Kritiken zur Rekonzeptualisierung
In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Band 28, Heft 3, S. 269-284
"Identität" präsentiert sich als Modewort der 90er Jahre - dies gilt für die Sozialwissenschaften allgemein und für die Internationalen Beziehungen im besonderen. Obgleich es vor allem Impulse außerhalb der Teildisziplin waren, die das neue Interesse an Identität begründeten, blieben Einsichten aus der Geschlechterforschung in den Internationalen Beziehungen bislang nahezu unbeachtet. Die Ausblendung feministischer Forschung erweist sich jedoch - so die These - als Defizit, da eine geschlechtssensible Betrachtungsweise nicht nur "Blindstellen" in den Identitätskonzepten der internationalen Beziehungen aufdecken, sondern auch wichtige Anregungen für eine Neukonzeptualisierung kollektiver Identitäten geben kann. Problematisch erscheint aus feministischer Perspektive nicht allein die Privilegierung und Homogenisierung staatlicher und nationaler Identitäten in der internationalen Politik, sondern auch die Ignoranz gegenüber Fragen von Macht bei der Konstruktion und Zuschreibung von Identitäten. Eine geschlechtssensible Rekonstruktion von Identität besteht daher auf einer kritischen und differenzierten Konzeptualisierung, die nicht nur dem Prozeßcharakter kollektiver Identitäten Rechnung trägt, sondern auch das schwierige, aber gleichzeitig kreative Spannungsverhältnis von Identität und Differenz sowie die Bedeutung subtilerer Formen von Macht in den Mittelpunkt rückt. (Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft / FUB)