Inhalt: Vorwort zur erweiterten Taschenbuchausgabe -- 1. Einführung -- 2. Das Umfeld, in dem wir versuchen, die Freiheit unserer Gedanken zu erkämpfen und zu erhalten -- 3. Methoden der Manipulation -- 4. Fälle von Meinungsmache und die dahintersteckenden Strategien -- 5. Zum Augen öffnen gehören mindestens zwei - das ist produktiv und macht mehr Spaß
Zornige Fortschreibung der "Reformlüge" (BA 10/04), die das Versagen von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Publizistik mit einer Aneinanderreihung der jüngsten Reformen und Sparmaßnahmen beweisen will. Vieles, was in Deutschland von oben verordnet wird, ist für den Durchschnittsbürger ärgerlich, ungerecht und unbegreiflich. Müller, der lange in den Führungseliten mitgemischt hat, bestärkt unseren Unmut auf geschickte Weise, veranschaulicht Täuschung, Widersinnigkeit und Machtmissbrauch durch Texte und Statistiken - nicht etwa durch geheime Dokumente. Als diffamierend könnte es empfunden werden, dass er den Machern vorwirft, sich selber zu schonen, z.T. zu bereichern, der Bevölkerung Angst zu machen, untereinander zu kungeln, die Medien zu beeinflussen. Manches lässt auf Verbitterung schließen. Immerhin hat er den ursprünglich geplanten reißerischen Titel "Dumm oder korrupt" verworfen. Alles in allem aber verdient sein - inzwischen zum "Spiegel"-Bestseller" gewordener - Aufruf, dem Netzwerk mittelmäßiger Eliten aufmerksamer auf die Finger zu schauen, sicher Beachtung. (2) (ekz zur Orig.ausg. 2006)
Der Autor (zuletzt BA 9/99), Nationalökonom, Redenschreiber für Karl Schiller und Wahlkampfmanager für Willy Brandt, argumentiert mit viel Datenmaterial gegen Reformwahn und Panikmache und möchte zu einer rationaleren öffentlichen Debatte beitragen. Er bezweifelt die Wirksamkeit der parteiübergreifenden Reformen, widerlegt dramatisierende Veröffentlichungen und sieht hinter der Forderung nach Systemwechsel zulasten der breiten Bevölkerung die Interessen von Meinungsführern der Wirtschaft. Verunsicherung und weitere Belastung empfindet er als unverantwortlich und mit dem Grundgesetz unvereinbar. Das alles ist so glänzend geschrieben und begründet, dass man geneigt ist, Müller in fast allen Punkten zuzustimmen. Wen der Bestseller von G. Steingart (BA 6/04) aufschreckte oder begeisterte, der sollte unbedingt diese ebenso fundierte, aber konträre Einschätzung kennen. (2) (Elke Günther)
Der Beitrag basiert auf Albrecht Müllers Buch "Machtwahn. Wie eine mittelmäßige Führungselite uns zugrunde richtet" (2006). Der Autor zeigt, dass und wie die Förderer und Propagandisten der neoliberalen Ideologie den Wegfall der Systemkonkurrenz nutzen, um das Soziale zu diskreditieren und der Gesellschaft ihren Stempel aufzudrücken. Die neue Ideologie - "Jeder ist seines Glückes Schmied" - entsolidarisiert, sie mobilisiert "die schlechten Seiten im Menschen, statt die guten zu fördern". Wie ehedem der Kommunismus, so unterwirft der Neoliberalismus die Menschen dem Zwang, sich den "Sachzwängen" der Marktgesellschaft und eines globalisierten Kapitalismus anzupassen. Sie sollen "eigenverantwortlich" handeln, was nichts anderes heißt, als sich den Gewohnheiten und dem Lebensstil der Eliten anpassen. Individualismus und ökonomische Freiheit wird zur Pflicht gemacht.Der Appell, dass "Unternehmen und Bevölkerung durch gemeinsame Interessen verbunden sind, letztlich in einem Boot sitzen", erodiert jedoch bei sich verschärfenden sozialen Ungleichheiten stark.Innerhalb der den politischen Markt beherrschenden Eliten hat sich eine besondere Gruppe durchgesetzt: eine betriebswirtschaftlich "richtig" denkende Wirtschaftselite mit starker Exportorientierung, auf Wachstum am Kapitalmarkt orientiert. Sie ist der eigentliche Träger der "neoliberalen Ideologie". (ICA2)