Von Rollen und Ämtern: Karl-Theodor zu Guttenberg als Indikator eines neuen "ikonographischen Rahmens" der Bundesrepublik
In: Inszenierung als Beruf: der Fall Guttenberg, S. 155-170
Im Fall Guttenberg verbinden sich nach Meinung des Autors "Cruise" und "Colonna" zu einer hybriden Figur, die eine cineastische Fiktion und politische Wirklichkeit verflüchtigen lässt. Es ist der die Geschichte ins Auge fassende Blick der Analyse selbst, der Guttenberg in der Bildsprache in die Nähe politischer Gestalten der Vormoderne rückt. Dies steht zunächst im Widerspruch zu den Vorstellungen, die eine aufgeklärte, demokratische Gesellschaft von ihren Bildgewohnheiten hat. Ebenso wenig entspricht solchen Gewohnheiten der Action-Held, zu dem Guttenberg in der Fotografie gerät. Der Erfolg, der diesem heterogenen Bildprogramm beschieden ist, erklärt einen solchen Widerspruch jedoch für nichtig. Denn als Verteidigungsminister musste Guttenberg nicht zurücktreten, weil verschiedene Rollen, wie er sie nicht nur im Bilde anzunehmen in der Lage war, ihn in etwaige Widersprüche verstrickt hätten, sondern weil sich eine dieser Rollen als nicht zu leugnende Lüge herausstellte. Die Fotografie zum ersten Eurofighter-Flug des ehemaligen Verteidigungsministers ist nur eine von vielen Bildern, die die politische Karriere Guttenbergs hervorgebracht hat. Die vorliegende Betrachtung interpretiert den Fall Guttenberg als einen Indikator für sich wandelnde Erscheinungs- und Kommunikationsformen der Politik einerseits wie auch sich verändernde Bedürfnisse innerhalb der Gesellschaft andererseits, die nicht nur bereit ist, ein derartiges Bildprogramm anzunehmen, sondern auch gewillt ist, es mit eigenen Projektionen zu verstärken. (ICI2)