Naturwesen Mann: zur Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft in Ehelehren der Frühen Neuzeit
In: Wandel der Geschlechterbeziehungen zu Beginn der Neuzeit, S. 43-68
Untersucht werden Ehelehren, "Ehezuchtbücher" und Anleitungen für die Mädchenerziehung im 15. und 16. Jahrhundert unter den Gegensatzpaaren Natur/ Kultur, Mann/ Frau und Herr/ Knecht. Das didaktische Bemühen dieser von Männern verfaßten Schriften gilt insbesondere der rationalen Modellierung der weiblichen Natur, die als Aufgabe des Mannes definiert wird. Die Autorin überprüft, inwieweit die Bilder, die Männer in den Ehelehren von sich selbst entwerfen, ihre Selbsstilisierung als Vernunftwesen rechtfertigen und die fundamentale Erziehungsbedürftigkeit des weiblichen Geschlechts unter Beweis zu stellen vermögen. Sie stößt dabei auf die nicht beabsichtigte männliche Selbstdarstellung als Trieb- und damit als "Naturwesen". Im Gegensatz zum männlichen Selbstverständnis zeigt sich, daß der Mann für seine Wandlung zum Kulturwesen auf die Ehefrau angewiesen ist. Die Ehe erweist sich hier nicht nur als wirtschaftliche und soziale Institution, sondern als Instanz der "Zivilisierung des Mannes durch das schwache Geschlecht". (psz)