Lebenswege und Lektüren: österreichische NS-Vertriebene in den USA und Kanada
In: Conditio Judaica 30
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In: Conditio Judaica 30
Zwischen 1790, als Josef II. verstarb und Hoffnungen auf eine Lockerung der Zensur bestanden, und La Roches Todesjahr 1806 präsentierte das Leopoldstädter Theater in schneller Abfolge eine Unzahl von Possen, Singspielen, Maschinenkomödien, Zauberopern, Volksmärchen, Pantomimen, Ritterstücken, Soldatenstücken, Tanzspielen, Feenmärchen und komischen Zeitstücken. Sie stammten zu einem Gutteil von den Hausautoren des Theaters. [.] Aus den insgesamt 30 im Rahmen des FWF-Projekts "Mäzene des Kasperls Johann Josef La Roche" edierten Komödien von fünf Autoren und einem Anonymus wählt Beatrix Müller-Kampel zwei von jedem Autor aus, um sie auf Themen und Motive der Affekte, der Emotionen und ihrer Kontrolle hin zu durchforsten. Ausnahmslos alle Stücke sind Komödien, ausnahmslos allen geht es um Liebesgeschichten und Heiratssachen und den meisten auch um Geld. Das Prinzip der repräsentativen Stichprobe rechtfertigt sich durch die Gattung Komödie, wie sie am Leopoldstädter Theater gepflegt wurde: nämlich als "Schema-Dramatik", die im Gegensatz zur sogenannten "künstlerischen" Dramatik, d. h. in den theatralen Feldern dieser Zeit: im Gegensatz zum Bildungstheater einerseits, zum Hoftheater andrerseits, weder auf ästhetische Innovation noch auf Originalität abgestellt war, sondern im Gegenteil Variationen altbekannter Themen und Geschichten bieten wollte - und das immer auch komisch drapiert. [.] Mit dem Aspekt der Affekte und der Affektkontrolle der Lustigen Figur ist das Erkenntnisperspektiv einerseits auf Liebesgeschichten und Heiratssachen, Sich Verlieben wie Verlassen Werden, auf gelebte und gespielte Leidenschaften eingestellt, andrerseits auf die Lustige Figur und ihre Komik, welche letztere, so steht zu vermuten, in den Spielen wohl die großen wie die kleinen Gefühle modelliert. [.] Prinzipiell sind zwei Möglichkeiten der philologischen Emotionsforschung zu unterscheiden: die Analyse von "literarischen Thematisierungen und Darstellungen von Emotionen, wobei es in der Regel um Emotionen geht, die in einem Text irgendwelchen Figuren oder personifizierten Gegenständen zugeschrieben werden", und zweitens, die "historische Rekonstruktion kultureller Bewertungen und Repräsentationsformen diverser Emotionen." Was die dramatisch-sprachliche Darstellung von Emotionen anlangt, stehen in der Emotionsforschung mediale und mentalitätsgeschichtliche Aspekte im Mittelpunkt. Worin bestehen sie nun, die Emotionen, die sich zwischen Kasperl und den Frauen um 1800 auf dem Leopoldstädter Theater entspinnen, sich steigern, ausbreiten und verflüchtigen, und mit welchen dramaturgischen Techniken führen die Theaterautoren diese Emotionen dem Publikum vor? Kasperl, so das überraschende Fazit vorweg, ist um 1800 Hagestolz oder treuer Ehemann geworden. [.] Jedenfalls erstaunt Kasperls narrative, dramaturgische und komödiantische Bedeutungslosigkeit im Leopoldstädter Repertoire um 1800 - das doch für ihn und um ihn herum geschrieben worden war, wie es heißt. Wie, wenn mit seinen Affekten und seinem Affekthaushalt, das heißt beim Kasperl: mit seiner Obszönität, sich die Komik verflüchtigt und die Autoren tatsächlich nicht mehr gewusst hätten, was anzufangen sei mit ihm? In dem Maße, wie der Kasperl kein Frauensammler und Sexualphantast mehr sein darf, kein Zotenreißer und Hosenscheißer wie Hanswurst, kommt ihm textlich auch das Komische abhanden, das wohl tatsächlich ganz prinzipiell von einem lebt: dem Bruch von und dem Spiel mit Tabus.
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Jennyfer Großauer-Zöbinger: Das Leopoldstädter Theater (1781–1806) : sozialgeschichtliche und soziologische Verortungen eines Erfolgsmodells - Andrea Brandner-Kapfer: Kasperls komisches Habit : zur komischen Gestalt und zur Gestaltung der Komik in Erfolgsstücken des Leopoldstädter Theaters um 1800 - Beatrix Müller-Kampel: Kasperl unter Kontrolle : zivilisations- und politikgeschichtliche Aspekte der Lustigen Figur um 1800
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In: Texte zu historischen Friedensbewegungen
In: Exilforschung 23
Frontmatter -- Inhalt -- Vorwort -- Die Selbstdarstellung des Exils und die Exilforschung. Ein Rückblick -- Der biografische Ort des Exils. Strukturen narrativer Sinnbildung über eine Zäsurerfahrung in den Autobiografien der deutschen Sozialisten Wilhelm Dittmann, Albert Grzesinski, Käte Frankenthal und Toni Sender -- Willy Brandts Exil im Spiegel seiner Erinnerungen und seiner Biografen -- Die zweite Verbannung. Auslassungen, Willkür und Fälschung in der ärztlichen Biografik -- Das Internationale Germanistenlexikon 1800-1950 und die emigrierten Germanisten. Verlust und Neuerfindung von Identität im Zeichen des Exils -- »Mein Name ist Jx, ich bin ebenso gewöhnlich wie auserlesen«. Selbst- und Zeitdeutung in Heinrich Manns Ein Zeitalter wird besichtigt -- Die Autobiografien von Curt Goetz/ Valerie von Martens und Fritz Kortner. Ein Vergleich im Hinblick auf das Verhältnis der Exilierten zu Deutschland -- »Zuhause war ich nur noch an irgend einem Schreibtisch«. Autobiografie, Exil und Autorschaft in Texten von Irmgard Keun und Adrienne Thomas -- Carl Einsteins Romanfragment BEB II. Epochenrückblick und Ich- Problematisierung -- Gespräch mit der Wiener Exildichterin Stella Rotenberg. Regelbruch und Respekt als Leitfaden für ein Interview -- »Auto«-text und Kon-text. Konzeptionelle Überlegungen zu Michel Foucault im Blick auf Exilkünstler -- Venedig als Norm. Spuren einer Selbstthematisierung im Werk Percy Gotheins -- Hoffnung und Zeugenschaft. Die biografische Konstruktion der Fotografen Gerda Taro und Robert Capa im Spanischen Bürgerkrieg -- Dinge der Emigration. Eine Projektskizze -- Rezensionen -- Kurzbiografien der Autorinnen und Autoren -- Backmatter