Der vorliegende Beitrag untersucht, in welchem Maße die Kulturanthropologie/Ethnologie, die jahrzehntelang das Monopol in der Erforschung jener Gesellschaften besaß, die heute Zielgruppe der Entwicklungspolitik sind, Hilfestellung bei der Organisierung und Beurteilung des Technologietransfers leisten kann. Der Verfasser skizziert die Entwicklungsgeschichte der kulturanthropologischen Forschung und analysiert kritisch das Verhältnis zwischen Kulturanthropologie und Politik. Die konventionelle These von der als gegeben anzusehenden Technik und der Gesellschaft als einer ihr anzupassenden Variablen wird zurückgewiesen. Die entscheidende Frage ist nicht, wie eine Gesellschaft mit einer gegebenen Technik zu verbinden ist, sondern welche Technik sich für die jeweilige Gesellschaft eignet; die Technik wird damit zur Variablen. Der Verfasser betont die Notwendigkeit einer allgemeinen Theorie des Kulturwandels und verweist auf die Vorteile eines dialektischen Erklärungsmodelles. Kulturanthropologie, die das Ziel hat, die Emanzipation des Menschen zu fördern, darf sich nicht darauf beschränken, Voraussetzungen für die Integration einer gegebenen Technologie zu liefern. Um nicht zum Instrument der Durchsetzung fremder Interessen in der Dritten Welt zu werden, muß die Kulturanthropologie untersuchen, unter welchen Bedingungen eine tatsächliche Überwindung der Unterentwicklung möglich ist. (JL)