Mobilität gehört zu den wesentlichen Merkmalen des Sozialen. Menschliches Leben, Gemeinschaften und Gesellschaften sind immer durch Bewegungen im geographischen Raum gekennzeichnet. Aber auch (im-)materielle Dinge sind mobil. Katharina Manderscheid führt in die soziologische Mobilitätsforschung ein und schließt dabei an das »Mobilities Paradigm« an. Im Anschluss an die Darstellung soziologischer Traditionslinien werden verschiedene Gegenstände dieser Forschungsrichtung wie Formen räumlich flexibilisierter Arbeitsverhältnisse, Pendel- und Reisepraktiken, Freizeitverkehr, multilokale Lebensformen und Migration vorgestellt.
Die Entstehung moderner Nationalstaaten ging historisch mit der Entwicklung spezifischer Verständnisse von Individuum, Bevölkerung und Gesellschaft, räumlichen Grenzen und Zugehörigkeiten einher. Über die amtliche Statistik, die ebenfalls in diesem Kontext entstanden ist, wurden diese politischen Konzepte zu messbaren Kategorien und empirischen Realitäten. Gegenstand dieses Beitrags ist die spezifische Konstitution von "Gesellschaft" durch die amtliche Statistik. Die Relevanz des statistischen Gesellschaftsverständnisses begründet sich dadurch, dass sie die Grundlage für Stichprobenziehungen in der standardisierten Sozialforschung und damit auch für die kulturvergleichende Sozialforschung bildet: Als Schlüssel zur Verallgemeinerung von Forschungsergebnissen von wenigen Fällen auf größere Maßstäbe erfordert die standardisierte Forschung Stichproben aus angebbaren Grundgesamtheiten. Typischerweise handelt es sich dabei um Register der amtlichen Statistik wie z.B. Einwohnermeldeämter. Dies wird in der Literatur jedoch als Container-Ansatz von Gesellschaft kritisiert, weil eine Kongruenz zwischen (nationalem) Territorium, Kultur und Gesellschaft angenommen wird, statt deren Verhältnis zu analysieren. Dies ist nicht nur eine methodische Schwachstelle, vielmehr affirmiert und naturalisiert diese Stichprobenstrategie den nationalen Rahmen von Gesellschaft und Kultur. Dadurch werden transnationale soziale Beziehungen und Identitätsrahmen verborgen. Hintergrund für die Analyse spezifischer Probleme und Versäumnisse in der amtlichen Statistik bildet die Kritik am skizzierten territorialen Gesellschaftsbegriff, die im Folgenden vorgestellt wird und sich insbesondere auf die Mobilitäts- und Migrationsforschung stützt. ; Historically, the emergence of modern nation-states has been accompanied by the development of a specific understanding of the individual, population and society, spatial boundaries and affiliations. With the help of official statistics, which developed complementary to the nation states, political concepts ...
Historically, the emergence of modern nation-states has been accompanied by the development of a specific understanding of the individual, population and society, spatial boundaries and affiliations. With the help of official statistics, which developed complementary to the nation states, political concepts became measurable categories and empirical realities. The relevance of official statistics for constitution of "society" lies in the fact that it forms the basis for sampling strategies in standardized social research and thus also for comparative cultural social research: As the key to generalizing research results from a few cases to larger scales, standardized research requires samples from defined populations. However, this approach has been criticized in the literature as a container approach for society because it presupposes rather than analyses congruencies between (national) territory, culture and society. The issue at stake is not a mere methodological flaw, but the effect of the sampling strategy is to affirm and naturalize the national framework of society and culture. This hides transnational social relations and identity frameworks. The critique of the outlined territorial concept of society forms the background for the analysis of specific problems and omissions in official statistics.
Abstract Motorized traffic is problematic ecologically and in the context of urban development. In the following, a perspective on mobility, traffic behaviour and individuals is presented, which links sociological practicetheoretical approaches with insights from mobility research. In addition to gaining insights into the mechanisms of persistence of automobility and its inherent dimension of inequality as well as the resulting consequences for a policy of sustainable mobility, this paper contributes to the further development of quantitative approaches in practice-theoretical research.
Der motorisierte Autoverkehr ist ökologisch und im Kontext von Stadtentwicklung höchst problematisch. Der vorliegende Beitrag stellt eine Perspektive auf individuelle Mobilität und Verkehrsverhalten vor, die soziologische praxistheoretische Ansätze mit der sozialwissenschaftlichen Mobilitätsforschung verknüpft. Neben Einsichten in die Beharrungsmechanismen der Automobilität und deren Ungleichheitdimension sowie in die daran anschliessenden Konsequenzen für eine Politik nachhaltiger Mobilität, trägt dieser Text zur Weiterentwicklung quantitativer Ansätze in der praxistheoretischen Forschung bei.
"Forschungsinfrastrukturen als essenzieller Bestandteil sozialwissenschaftlichen Forschens sind kaum im Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Wissenschaften präsent. Sie sind jedoch maßgeblich an der Produktion, Dokumentation und Archivierung von Daten beteiligt und tragen zur Entwicklung von Standards ebenso wie zur Methodenkompetenzvermittlung bei. Der besprochene Band, der auf ein Symposium des Schweizer Kompetenzzentrums für die Sozialwissenschaften (FORS) zurückgeht, zielt darauf, Forschungsinfrastrukturen und ihre Leistungen stärker sichtbar zu machen, nicht zuletzt, um die Notwendigkeit einer nachhaltigen Finanzierung derselben zu unterstreichen." (Autorenreferat)
This volume, edited by Iris DZUDZEK, Caren KUNZE and Joscha WULLWEBER and published as part of the transcript series Sozialtheorie [Social Theory], can be read as an attempt to combine materialistic critical social theory with poststructuralist thinking. Most contributions refer to GRAMSCI's concept of hegemony and LACLAU and MOUFFE's theory of discourse. However, aside from elaborating on continuities and options for synthesis between both perspectives, which is of indisputable value, the papers in this collection do not completely hit the mark promised in the editors' foreword in terms of social critique and political involvement, as well as of methodological questions of empirical research.URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1302176 ; Este volumen editado por Iris DZUDZEK, Caren KUNZE y WULLWEBER Joscha y publicado como parte de la serie de transcripción Sozialtheorie [teoría social], se puede leer como un intento de combinar la teoría social crítica materialista con el pensamiento postestructuralista. La mayoría de las contribuciones se refieren al concepto de hegemonía de Gramsci y la teoría del discurso de Laclau y Mouffe. Sin embargo, aparte de la elaboración de las continuidades y las opciones para la síntesis entre ambas perspectivas, lo que es de valor indiscutible, los documentos de esta colección no cumplen completamente con lo prometido por los editores en el prólogo, en términos de crítica social y participación política, así como en cuestiones metodológicas relativas a la investigación empírica.URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1302176 ; Der in der Transcript-Reihe Sozialtheorie erschienene Sammelband von Iris DZUDZEK, Caren KUNZE und Joscha WULLWEBER kann als Versuch gesehen werden, materialistische Gesellschaftskritik mit poststrukturalistischer Theorie zu verbinden. Dabei wird insbesondere auf GRAMSCIs Hegemonieverständnis und LACLAU und MOUFFEs Diskurstheorie zurückgegriffen. Neben dem unbestreitbaren Verdienst, die Kontinuitäten und Synthesemöglichkeiten beider ...
"Der in der Transcript-Reihe Sozialtheorie erschienene Sammelband von Iris DZUDZEK, Caren KUNZE und Joscha WULLWEBER kann als Versuch gesehen werden, materialistische Gesellschaftskritik mit poststrukturalistischer Theorie zu verbinden. Dabei wird insbesondere auf GRAMSCIs Hegemonieverständnis und LACLAU und MOUFFEs Diskurstheorie zurückgegriffen. Neben dem unbestreitbaren Verdienst, die Kontinuitäten und Synthesemöglichkeiten beider Perspektiven herauszuarbeiten, lassen die Beiträge noch viel Raum für Kritik und politische Einmischung, die die HerausgeberInnen ankündigen, und ebenso für methodologische Fragen der Umsetzung." (Autorenreferat)
Die Verfasserin schlägt ein Konzept für die soziologische und geografische Forschung ein Konzept vor, das Automobilität als raumkonstituierendes Dispositiv der Moderne versteht, dessen Hegemoniefunktion sich abzuzeichnen beginnt. Unter Rückgriff auf verschiedene Theoriestränge aus dem poststrukturalistischen Zusammenhang zielt dieser Ansatz darauf, die Gesellschaftlichkeit sowie die Machtstrukturierung von Automobilität herauszuarbeiten und damit ein soziologisch angemessenes und umfassendes Verständnis des Autos als gesellschaftlichem Vehikel zu entwickeln. Damit stellt die Verfasserin den individualisierungstheoretischen oder marxistisch-ökonomisch argumentierenden Mobilitätsverständnissen eine machtanalytisch fundierte kritische Sicht gegenüber, in der das automobile Subjekt nicht nur als individualisiertes oder herausgelöstes oder als ökonomisch determiniertes und entfremdetes, sondern als Teil eines umfassenden politischen Komplexes aus Materialitäten, Wissen und Praktiken verstanden wird. Mit dieser dispositiven Konzeptionalisierung von Automobilität wird dann auf den verschiedenen Ebenen des Sozialen nach Beharrungs- und Veränderungstendenzen, Kohärenzen und Brüchen in ihrem Zusammenspiel gesucht. (ICE2)
Die Corona-Pandemie hat sowohl den Wandel der Arbeitswelt als auch räumliche Veränderungsdynamiken beschleunigt. Im Zentrum der Entwicklung stehen insbesondere Homeoffice bzw. ortsflexible Arbeitsmodelle. Je nach individueller Haushalts- und Lebensform stellen sich für Arbeitnehmende dadurch unterschiedliche alltagsweltliche Herausforderungen. Aus einer nachhaltigen Entkoppelung von Unternehmensstandort, Arbeitsplatz und Wohnort resultieren zudem Effekte für den ökologischen Umbau von Siedlungsstrukturen, Verkehr und Mobilität. Der Beitrag gibt einen Einblick in den Diskussionsstand der Forschung, arbeitet Zusammenhänge zwischen dem Wandel der Arbeit und der Lebenswelt sowie den Anforderungen im Hinblick auf Siedlungsstrukturen sowie verkehrliche und soziale Infrastrukturen heraus. Abschließend werden einschlägige Forschungslücken identifiziert.
Der Band führt in die soziologische Mobilitätsforschung ein und schließt dabei an das "Mobilities Paradigm" an. Im Anschluss an die Darstellung soziologischer Traditionslinien werden verschiedene Gegenstände dieser Forschungsrichtung wie Formen räumlich flexibilisierter Arbeitsverhältnisse, Pendel- und Reisepraktiken, Freizeitverkehr, multilokale Lebensformen und Migration vorgestellt.
Aus der Einleitung: Forschungsschwerpunkt des hier dargestellten Projekts ist die Untersuchung von ungleichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Alltag von Familien aus verschiedenen sozio-ökonomischen Milieus in Schwerin und Bremerhaven. Dabei standen sowohl kurz- als auch mittelfristige Folgen für das Familienleben durch Einschränkungen der Erwerbs-, Lern- und Betreuungsmöglichkeiten, der sozialen Kontakte und des Freizeitangebotes seit Pandemiebeginn im Fokus. Das Projektteam beschäftigte sich mit der Frage, ob sich soziale Ungleichheit während der Pandemie reproduzierte und wenn ja, in welchen Bereichen und mittels welcher Prozesse dies geschah. Gleichzeitig wollten wir untersuchen, welche verfügbaren Ressourcen und Rahmenbedingungen Familien helfen konnten, mit den neuen Anforderungen umzugehen, und was die Krise eher verschärft. Ausgangspunkte für unsere Untersuchung sind ein soziologischer Zugang über den Alltag als sozial strukturierten und strukturierenden Zusammenhang sowie der Fokus auf Familien und die verflochtene Lebensführung ihrer Mitglieder. Das vorliegende Working Paper stellt die Ergebnisse des von dem Team der Professur für Soziologie, insbesondere Lebensführung und Nachhaltigkeit, an der Universität Hamburg bearbeiteten qualitativen Teils des Projektes dar. Nach einem Überblick über den Zeitverlauf der Pandemie (2) und der ausführlichen Darstellung der theoretischen Grundlagen und Konzeption des Projektes (3) beinhaltet dieses auch eine umfangreiche Rezeption des Forschungsstandes zur ungleichen Betroffenheit durch die Pandemie (4). Im Anschluss an die Beschreibung des methodischen Vorgehens (5) werden die Ergebnisse vorgestellt (6), zunächst in Form von Porträts ausgewählter Familien und anschließend komprimiert als Typologie der Bewältigung der Situation. Die Ergebnisse werden dann diskutiert (7) und daraus eine Schlussfolgerung gezogen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Pandemie Ungleichheiten für Familien an verschiedenen Stellen entscheidend akzentuierte und verstärkte.