Qualitative Inhaltsanalyse
In: Einführung in die politische Theorie und Methodenlehre, S. 129-145
Der Beitrag stellt die qualitative Inhaltsanalyse als eine grundlegende Methode der empirischen gesellschaftswissenschaftlichen Forschung vor. Dabei soll vor allem deutlich werden, was das Qualitative an der qualitativen Inhaltsanalyse ausmacht. Die unvermeidlichen Abgrenzungen zur quantitativen Analyse bleiben dabei weitgehend implizit. Als einleitende Definition wird vorgeschlagen: Von einer (wissenschaftlichen) Inhaltsanalyse lässt sich nur dann sprechen, wenn zumindest die folgenden minimalen Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Gegenstand der Analyse ist ein Text oder eine Menge von Texten. (2) Dem Text (oder der Textmenge) wird zumindest ein Prädikat (eine Eigenschaft) zugeschrieben und dieses Prädikat bezieht sich wenigstens teilweise auf den Inhalt (oder die Inhalte) des Textes (oder der Textmenge). (3) Die Zuschreibung des Prädikates (oder der Prädikate) folgt methodisch expliziten oder explizierbaren Schritten. Am Beispiel der "Emser Depesche" von 1870 wirkt zeigt, wie Bismarck durch unscheinbare Änderungen von Texten erhebliche Wirkungen - den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 - ausgelöst hat. Die Politikwissenschaft kann nun dieses Lehrbuchbeispiel aus ganz verschiedenen Blickwinkeln betrachten; aus der Perspektive dieser Darstellung lehrt es vor allem, warum die Insistenz der qualitativen Inhaltsanalyse auf der individuellen Bedeutungsgestalt von Texten nur eine Diplomaten wohlbekannte Tatsache methodisch diszipliniert. So gesehen ist die qualitative Inhaltsanalyse gerade für die Politikwissenschaft die Methode der Wahl, weil gerade sie über die Sprache der Diplomatie mit der Relevanz feinsinniger sprachlicher Konstrukte vertraut ist. (ICA2)