Denken und Technik: zur Geschlechtlichkeit der Reflexion bei Heidegger
In: Heidegger: Technik - Ethik - Politik, S. 59-65
Allgemein wird mit Staunen reagiert, wenn von einer Geschlechtlichkeit im Denken Heideggers die Rede ist, denn er spricht kaum einmal über den Mann oder die Frau, geschweige denn von einem Ich oder Du. Seine Sprache, seine ureigenste Art des Ausdrucks ist subjektloser Natur. Die Autorin spürt die verborgenen geschlechtlichen Implikationen in Heideggers Bestimmung des Denkens und des Seins auf. "Denken ist nicht frei, in einer Weise sogar hörig, wie der Sohn der Mutter." Das mütterliche Sein, so wird mit Heidegger ausgeführt, ist ständig präsent; west den Denker an, wird zu seinem Schicksal. Er ist umhüllt von einer ständig anwesenden Mutter, die ihm seine Tätigkeit befiehlt, das Denken nämlich. Seiendes muß in einer Art Andacht geehrt werden; nur so ist die bedrohliche Mutter zu besänftigen. Während sich Denken als Hörigkeit zeigt, offenbart sich im Wesen der Technik die Gebärtätigkeit. Mittels Technik bzw. Gestell soll das Geburtstrauma, die ehemals verspürte Todesangst, das Eindrücken des Kopfes durch den Geburtskanal, eingedämmt werden. "Zeigt sich im Wesen der Technik ein Verarbeitungsversuch menschlicher Geburtserfahrung, der im Wiederholungszwang sich verfängt, so wäre die diesem entspringende Gefahr zu bannen durch bewußte Wiederaufnahme traumatischer Erfahrungen." Dies erfordert eine stärkere Berücksichtigung des Mutter-Fetus-Konflikts als Hintergrund der Leib-Geist-Entwicklung und des männlichen Ursprungsdenkens. (ICD)