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"Am Beispiel der Hugenotten in Leipzig im 18. Jahrhundert soll eine Entwicklung gezeigt werden, die die Refugies (Glaubensflüchtlinge) und ihre Nachkommen durch das gesamte Jahrhundert hindurch, besonders in kritischen Momenten und Kristallisationspunkten der Geschichte Sachsens und Frankreichs, wiederholt einer Selbstbefragung über ihr Verhältnis zum sächsischen Aufnahmeland wie zum Herkunftsland der Väter unterwarf und ihnen eine wachsende und ambivalente Selbstauffassung aufdrängte." Die "hybride Identität" verweist auf die weiterhin bestehende Mischung aus französischer und deutscher Identität, die einer völligen Assimilation widerstand. An drei exemplarischen Stationen wird gezeigt, wie sich aufgrund der "hybriden Identität" eine mentale Disposition aus Innovationsbereitschaft, Internationalität und Loyalität gegenüber der neuen Heimat bildete: (1) am Konflikt zwischen französischen reformierten Kaufleuten und Leipziger Kleinhändlern 1745; (2) am Streit um den Patriotismus der Leipziger Franzosen und ihren Nutzen für Stadt und Land 1762/63 im Kontext des Siebenjährigen Krieges und des Retablissement (Wiederaufbau); (3) an der Unterhändlerrolle der Leipziger Hugenotten zwischen französischen und Leipziger Interessen in der "Napoleonzeit" 1789/1806-1813. Dabei wird deutlich, daß die französischen Kaufleute unter verschiedenen historischen Umständen mehrfach dieselbe Situation erlebt haben, was sie in ihrer offenen "hybriden" Identität bestätigte. So trugen sie trotz ihrer geringen Zahl mit ihrem Handelsmonopol an "französischen Waren" wesentlich zum Aufschwung des Leipziger (Messe-)Handels bei. (prf)

Die aktuellen Probleme weltweiter Wanderungsbewegungen führen auch zu einem verstärkten Interesse an der historischen Migrationsforschung, die jedoch einen Mangel an vergleichenden Studien über die Wanderungsbewegungen des 16. bis 18. Jahrhunderts aufweist. Im Mittelpunkt stehen die "Refugies" (hugenottische Glaubensflüchtlinge) und die "Emigres" (Flüchtlinge der Französischen Revolution), die über die Revolutionsepoche hinaus einen Kulturtransfer auslösten. Beide Migrationsbewegungen aus Frankreich nach Deutschland Ende des 17. und Ende des 18. Jahrhunderts werden diachron auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Übertragung und Aufnahme kultureller Güter und Verhaltensmuster hin miteinander verglichen. Dazu wird nach den Umständen und Motiven für die Emigration, für die Wahl des Ziellandes und nach den Zwischenetappen und sekundären Wanderungen gefragt. Anhand der Arbeiten verschiedener Migrationsforscher über die Refugies und Emigres werden Migrationstypisierungen und typologische Migrationsmerkmale vorgestellt. Umgekehrt kommt u.a. die Emigrantenpolitik Preußens und Sachsens zur Sprache. Es zeigt sich, daß die Eingliederung der Refugies noch durch die ständische Hierarchie des Absolutismus geprägt war, die Refugies hingegen als Ergebnis der Revolutionskriege auf scharfe Abgrenzung stießen. So werden beide Migrationsbewegungen als "Stationen in einem Wandlungsprozeß 'Vom Fremden zum Ausländer'" eingeordnet. (prf)