Zu den Grundprinzipien liberaler Verfassungsstaatlichkeit gehört, dass Menschen über sich und den eigenen Körper bestimmen können (»self-ownership«). Autonome Selbstbestimmung und menschliche Körperlichkeit werden sozio-kulturell, moralisch und rechtlich verkoppelt und gegen Ein- und Übergriffe seitens Dritter abgeschirmt. In denen letzten Jahrzehnten hat die Sensibilität für die Bedeutung körperlicher Selbstbestimmung politisch und gesellschaftlich zugenommen. Ungeachtet dessen gingen erhebliche Teile der Politik und der Wissenschaft wie selbstverständlich davon aus, dass in der COVID-19-Pandemie die Einführung einer rechtlichen Impfpflicht politisch notwendig und rechtlich statthaft sei. Martin Nettesheim untersucht die verfassungsrechtliche Frage, inwieweit eine Impfpflicht mit den Bestimmungen des Grundgesetzes vereinbar wäre. Er differenziert zwischen verschiedenen Typen von Impfpflichtgegnern, unterschiedlichen epidemiologischen Szenarien und kommt zu einem differenzierten Ergebnis.
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In der Ordnung des Grundgesetzes wird die Frage danach, welche Behandlung die unterschiedlichen Konzeptionen des guten Lebens erfahren sollen, im Zuge weiterer Pluralisierung der Lebensvorstellungen an Bedeutung gewinnen. Bislang hat sich die Verfassungstheorie mit dieser Frage in grundsätzlicher Hinsicht zu wenig befasst. Stattdessen werden Konflikte durch Einzelfallabwägung bewältigt. Die Studie versucht, Demokratie und Grundrechtsschutz in prinzipieller Weise zusammenzuführen. Sie zeigt einerseits auf, dass der Gesetzgeber grundsätzlich darin frei ist, bestimmte Vorstellungen darüber, wie ein gutes Leben zu führen ist, zu privilegieren. Er verstößt damit weder gegen theoretische Prämissen verfassungsstaatlicher Herrschaft noch positivrechtliche Grundsätze des geltenden Verfassungsrechts. Der Staat des Grundgesetzes ist als demokratischer Staat gerade kein ethisch neutraler Staat. Sie weist andererseits darauf hin, dass sich die grundrechtlichen Grenzen gesetzgeberischer Entscheidungen zugunsten oder gegen eine bestimmte Konzeption des guten Lebens nicht allein auf der Basis eines liberalen Begriffs der Personen bestimmen lassen. Die »Grundrechtsperson« ist zugleich Träger gleicher Freiheit, verfügt über eine ethische Identität und kann politische Autonomie beanspruchen. Nur wenn die Grundrechtskontexte zu einem gehaltvollen Konzept zusammengeführt werden, lässt sich bestimmen, welche staatlichen Eingriffe ihr zugemutet werden können.
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»Umfassende« und »tiefe« Freihandelsabkommen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich nicht mit einer Beseitigung von Beschränkungen des freien Waren-, Dienstleistungs- und Niederlassungsverkehrs begnügen, die »an der Grenze« gelten. Sie zielen auf die Liberalisierung und Ordnung der Verhältnisse »hinter der Grenze« ab. »Umfassende Freihandelsabkommen« sehen häufig Vertragsgremien mit Rechtsetzungsbefugnis vor. Zu beobachten ist die Entstehung einer neuen Formgestalt internationaler öffentlicher Gewalt. Die Stellung, die »umfassenden Freihandelsabkommen« im deutschen Außenverfassungsrecht zukommt, ist bislang nur in Umrissen und noch nicht hinreichend bestimmt worden. Die Studie untersucht erstens, wie sich die Zuständigkeiten von EU und EU-Mitgliedstaaten beim Abschluss eines derartigen Abkommens darstellen. Sie geht zweitens der Frage nach, in welchem Verfahren das Abkommen nach deutschem Verfassungsrecht geschlossen werden muss. Sie legt drittens dar, welche verfassungsrechtlichen Vorkehrungen getroffen werden müssen, um sicherzugehen, dass die Vertragsgremien hinreichend demokratisch rückgebunden und kontrolliert werden. / »Comprehensive Trade Agreements and German Constitutional Law« -- For some years now, free trade agreements have been concluded in international economic relations with a view to achieving much deeper and closer integration of the markets of the contracting states than was the case with traditional trade agreements. These free trade agreements are not only aimed at eliminating the obstacles to the exchange of goods and services at the border. Rather, agreements of this type have a profound effect on the internal organization of the internal legal order (»behind the border«). They provide for guidelines in the areas of environment, social affairs, work, etc. They also contain extensive institutional and procedural guidelines – for example on how to carry out administrative procedures. They are thus creating a new form of international public authority. CETA is such a new kind of agreement. Free trade agreements of this new type raise problems that are fundamentally different from the problems of traditional liberalisation of foreign trade policy. The study examines – from the point of view of German constitutional law – the distribution of powers between the EU and the Member States, the procedural requirements for the conclusion of such agreements and the institutional mechanisms necessary for the democratic legitimization of treaty bodies.
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Gesetzgebung im Verfassungsstaat wird weithin als voluntaristischer Akt begriffen, der sich durch den Willensakt der gesetzgebenden Körperschaften und die Beachtung eines verfassungsrechtlichen Rahmens definiert. In der Studie wird die Verfahrensdimension entwickelt, die sich für die Gesetzgebung aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union ergibt. Sie zeigt am Beispiel der Entscheidung über den "Ausstieg aus der Atomkraft" auf, dass sich in vernetzten Politikfeldern Loyalitäts- und Abstimmungspflichten ergeben können. Konkret wird aufgezeigt, dass in der Rechtsprechung der Verfassungsgerichtsbarkeit eine Dimension der Koordination und Abstimmung von Gesetzgebungsvorhaben schon anlegt ist, bislang aber noch der systematischen Entfaltung harrt. Die Studie unternimmt den Versuch, diesbezüglich Gesichtspunkte der Konkretisierung aufzuzeigen.
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Die Europäische Union vollzieht gegenwärtig den tiefsten Wandlungsprozess der letzten Jahrzehnte. Die EU-Organe sind dabei, das innere Wesen der EU neu zu definieren. Bislang konnte die EU als Organisation begriffen werden, die dem Ziel der effektiven Verwirklichung von "Projekten" diente (Binnenmarkt, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, GASP etc.). Ihre Legitimation war der Erfolg, den sie bei der Verwirklichung der gemeinwohldienlichen Projekte erzielte. Nunmehr soll das funktionalistische Integrationsverständnis von einer konstitutionalistischen Selbstbeschreibung ersetzt werden: Die EU will sich künftig als "Wertegemeinschaft" oder "Werteunion" begreifen. Mit der Umstellung sollen drei Ziele verfolgt werden: Legitimitätsstiftung, Einheitsbildung und Föderalisierung. Der Beitrag beschreibt diese Neuorientierung und analysiert sie kritisch.