Der Verfasser geht von der These aus, dass sowohl der Wohlfahrtsstaat als auch das politische Projekt des Neoliberalismus legitimatorisch auf tönernen Füßen stehen. Nach seiner Auffassung verstößt das neoliberale Projekt gegen grundlegende Prinzipien des politischen Liberalismus. John Locke koppelt über die Idee des Gesellschaftsvertrags die Anerkennung der Ungleichheit der Besitzverhältnisse an einen ursprünglichen Akt der Zustimmung Aller. Das aktuelle Gesellschafts- und Machtsystem verzichtet auf diese grundlegende gesellschaftsvertragliche Zustimmung. Mit einem Rückbezug auf John Locke und mit Anleihen bei John Rawls könnte ein neuer Gesellschaftsvertrag den liberalen Gesellschaften in den westlichen Demokratie einen Weg aus der neoliberal-oligarchischen Zwickmühle weisen. (ICE2)
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, wie der neoliberale Denkstil die wissenschaftliche Reflexion seit 1918 verändert hat. Die Beantwortung, in deren Mittelpunkt die Ansätze von Mises, Popper, Hayek, Keynes und Schumpeter stehen, gliedert sich in folgende Punkte: (1) Wissenschaft bzw. Markt als Fortschrittsmotor, (2) Verwissenschaftlichung und früher Neoliberalismus in den 1920er/1930er Jahren, (3) neue Marktkonzepte und wissenschaftstheoretischer Beistand Ende der 1930er und 1940er Jahre, (4) der Bedeutungsverlust der modernen Wissenschaft in den 1960er Jahren sowie (5) die Entgrenzung des neoliberalen Projekts seit Ende der 1960er Jahre. Nach dem Jahrhundert der Wissenschaft orientiert sich das wissenschaftliche Denken ab den 1980er Jahren an einem ökonomischen Denken in den Kategorien des Marktes. In der Gesellschaftswissenschaft treten lange gebrauchte Begriffe wie Sozialtechnologie hinter Marktanalysen zurück. In der Wissenschaftstheorie schieben sich marktkompatible, postmoderne Begriffe wie 'Spiel', 'Kalkül' und 'Anything goes' vor klassisch-moderne Begriffe wie 'Deduktion', 'Induktion', 'Verifikation' und 'Falsifikation'. Indirekte, auf Selbstorganisation rekurrierende Methoden dominieren das Feld. Im Grenzfall wird wissenschaftliches Denken zur Untermenge einer ökonomischen Verhaltenslehre degradiert. Dies heißt nicht, dass die Wissenschaft unter dem Primat des neoliberalen Denkstils zur Bedeutungslosigkeit abgesunken ist. Ganz im Gegenteil: Die aktuellen Markttechniken der marktwirtschaftlich-liberalen Systeme basieren im Kern auf Expertenwissen, wobei den Ökonomen eine herausgehobene Stellung zukommt. (ICG2)
Rechtsliberale Intellektuelle wie Friedrich August von Hayek, Milton Friedman und Karl Popper haben gerne als Anti-Intellektuelle posiert. Sie wiesen eine Reihe intellektueller Positionen zurück und verdächtigten andere Intellektuelle sozialistischer Neigungen, übernahmen jedoch selbst die typischen Funktionen von Intellektuellen und konzentrierten ihre Arbeit auf Intellektuelle. Zwei Rollenmodelle sind für die Gruppe um Hayek aufschlussreich: der "totale Intellektuelle" und der "Gegen-Intellektuelle". Charakteristika nonkonformistischer, universeller Intellektueller vermischten sich mit den Praktiken der Gegen-Intellektuellen so sehr, dass beide Gruppen nicht mehr zu unterscheiden waren. Gegen Ende ihrer Karriere ließen sich prominente rechtsliberale Intellektuelle im "Vorhof der Macht" nieder. (ICEÜbers)