Anders als der Imperialismus hat der die Geschichte der Neuzeit nicht weniger prägende Tatbestand des Kolonialismus bislang kaum eine ideengeschichtliche Aufarbeitung erfahren. Der an der Fernuniversität Hagen lehrende Historiker stößt mit seiner systematischen Darstellung in diese Lücke. Aus der empirischen Vielfalt kolonialer Wirklichkeit entwickelt er eine Typologie, in der Formen und Epochen, Herrschaftspraxis, Wirtschaftsformen und gesellschaftliche/kulturelle Merkmale des Kolonialstaats herausgearbeitet werden. Als Tendenz ist eine ambivalente Bewertung des Kolonialismus und seiner Folgen herauszulesen, so daß mitunter eine kritischere Betrachtungsweise denkbar wäre. Insgesamt eine sehr klare und übersichtliche, schon für Schüler (Sekundarstufe 2) verständliche und nützliche Arbeit. (2 S) (Reinhild Khan)
Auf der Grundlage von D. Humes Arbeit "A treatise of human nature" (1739/40) werden in dem Beitrag Darstellungsweisen des Fremden im 18. Jarhundert analysiert. Humes Überlegungen erhellen in dreifacher Weise die Wahrnehmung des Fremden: (1) Sein Begriff der Imagination weist hin auf die kreative Leistung bei der mentalen Erfassung des Fremden. (2) Der Begriff der Distanz evoziert ein homogenes Erfahrungsfeld, denn Fremdheit resultiert nicht aus Andersartigkeit, sondern aus kulturell neuer Distanz. (3) Mit der These von der Distanzverdoppelung werden die Dimensionen Raum und Zeit bzw. die räumliche und zeitliche Ferne einbezogen. Die Distanzerfahrung des Europäers im 18. Jahrhundert wird als eine mittelbare bezeichnet, denn sie war auf Vermittlungsinstanzen, z.B. Reisebeschreibungen, angewiesen. Die Funktionen dieser Reisebeschreibungen werden analysiert. Es wird deutlich, daß sie die Einbildungskraft in unterschiedliche Richtungen lenken konnten. Drei Gemeinsamkeiten der Reiseberichte werden herausgearbeitet: (1) Sie sind Ergebnis direkter Landeskenntnis; (2) die Verfasser sind gelehrte und gebildete Männer; (3) die Deutungs- und Darstellungsschemata waren dem Publikum bekannt. Daß der europäische Hintergrund den Erfahrungs- und Wissenshintergrund der Reisebeschreibungen bildet, wird anhand von vier Dimensionen aufgeschlüsselt: (1) Die Anlässe der Reise waren mit der europäischen Expansion verbunden. (2) Die Formen der Darstellung sind dem Verfahrensrepertoire akzeptierter Textproduktion entlehnt. (3) Die Reisenden sind bei ihren Urteilen im Wertehorizont ihrer Herkunft befangen. (4) Die Wahrnehmung des Fremden ist kategorial geprägt durch die Distanzerfahrung. Drei Beispiele für die kategoriale Prägung der Distanzerfahrung werden erörtert: (1) die Bürde der Bildung; (2) die Unlesbarkeit der außerokzidentalen Welt; (3) die Korrektur an der Empirie. Aus den Überlegungen werden einige Schlußfolgerungen für die Erforschung interkultureller Perzeption gezogen. (ICA)
"Anders als in Soziologie oder Geschichtswissenschaft ist Max Weber in der Wissenschaftlichen Politik ohne nachhaltige Wirkung auf die Ausprägung eines spezifischen Denkstils dieser Fachdisziplin geblieben. Der Beitrag zeichnet die Weichenstellungen nach, die dazu geführt haben, daß die drei dominanten Richtungen politikwissenschaftlicher Reflexion nach 1945, die philosophisch-normative, die empirisch-analytische und die kritisch-dialektische, Weber nur in signifikanten Brechungen berücksichtigt haben. Weber wurde als funktionalistischer Herrschaftsanalytiker gewertet, der an den praktisch-philosophischen Grundfragestellungen der Politischen Wissenschaften vorbeigedacht hat. Diese Sichtweise änderte sich erst in den achtziger Jahren, als Weber zunehmend auf seine Zeitgebundenheit und seine Problemüberschüsse im Gefüge der Kulturwissenschaften der Jahrhundertwende hin untersucht wurde." (Autorenreferat)